Die Quelle
Schwert
fallen!“
Leathan gehorchte.
Er ließ als erstes das Schwert zu Boden gleiten und
konzentrierte seine Gedanken auf die Erde. Er wurde eins mit dem
geschändeten Boden, der ruhig und mächtig unter seinen Füßen
lag … Mit den Augen konnte er die Erdspalte sehen und mit seinen
energiegeladenen Gedanken konnte er sogar die Moleküle der Erde ertasten, um
mit ihnen zu verschmelzen. Er stellte sich vor, wie die einzelnen Teile wieder
aneinander rückten und konnte gleichzeitig betrachten, wie, von seinen
Gedanken gelenkt, die Erde allmählich wieder zusammen rutschte.
Aus den erschreckenden Klängen unkontrollierter
Magie war eine ruhige, harmonische Melodie geworden. Leathan wusste, ohne dass
jemand es ihm hätte erklären können, dass er nun die Energie zu
heilenden Zwecken nutzte. Er heilte den Riss in der Erde, die Marmormauer war
wieder glatt und unversehrt wie zuvor…
Dennoch war die Energie in Leathans Körper noch
lange nicht aufgebraucht. Konnte er diese nicht einfach dorthin
zurückschicken, von wo sie gekommen war? Er richtete seinen Blick auf
Esseldan. Er hatte nun keine Angst mehr, versehentlich jemandem zu schaden, seine
Energie diente allein der Heilung, die Harmonie der Klänge war eindeutig.
Weshalb also die Energie nicht nutzen?
Seine Gedanken erfassten Esseldans Aura, er konnte sehen,
wo sie geschwächt war und er füllte die fehlende Energie wieder auf.
Der Krieger lächelte Leathan dankbar und erstaunt
an. Leathan wusste nicht mehr worauf er sich nun fokussieren konnte… er
hörte wie die Harmonie, bedingt durch sein Zögern, allmählich
aus den Klängen wich, so versuchte er sich auf die Stadt zu konzentrieren
und telepathischen Kontakt zu Loodera herzustellen.
Sein Geist überflog die Stadt. Er bereute es, sie
nicht sehen zu können. Er konnte zwar ihre Beschaffenheit spüren,
doch Schönheit konnte nur mit Augen gesehen werden, dazu hätte er die
Anwesenheit seines Körpers gebraucht.
Er tastete nach Looderas Gedanken, doch sie blieben ihm
verborgen. Er ging weiter… Er konnte jetzt jedes Tier, jede Pflanze, jeden
Stein, auch jeden Bewohner der Stadt spüren und sich gleichzeitig dennoch
auf Details oder einzelne Menschen konzentrieren.
Er spürte Mehanas Aura, ruhig, doch erschöpft.
Er fand die Macht seiner inneren Harmonie und nutzte die Klänge, um Mehana
einen Teil seiner Energie abzugeben. Er konnte spüren, wie ihre
Müdigkeit verschwand und obwohl Leathan sie nicht sehen konnte, wusste er,
dass sie nun auch lächelte, wie zuvor Esseldan es getan hatte.
Er streifte für einen Augenblick ihre Gedanken und
spürte Dankbarkeit, ehe er weiter zog. Er versuchte, seine Energie als
eine heilende Kraft beizubehalten und schon bald gab es keinen Bewohner und
kein Tier in der Stadt, das noch Leid verspürte.
Als Leathan endlich von der überschüssigen
Energie befreit war, verschmolz er wieder vollständig mit seinem
Körper. Er ließ die restlichen Energiespuren in den Boden
fließen und fühlte sich entspannter als jemals zuvor.
Ein wenig verlegen war er, als er Esseldan ansah.
Hätte er nicht gerade die ganze Zeit in Harmonie verbracht, wäre er
vielleicht wieder zornig geworden, denn als sein Meister, hätte der
Armeeanführer ihn vor der Gefahr warnen sollen, die offensichtlich
entsteht, wenn zu viel macht aufgerufen wird. Zu Zorn war Leathan jedoch nun
nicht in der Lage. Er verstand sogar endlich, weshalb es hier von Nöten
war, seine Gefühle zu beherrschen.
Hätte er im Augenblick der Macht Zorn verspürt,
wäre die Situation außer Kontrolle geraten.
„Du hättest mich warnen sollen.“, sagte Leathan
ruhig.
Esseldan schüttelte den Kopf. „Ehrlich gesagt ist es
noch niemandem passiert, zu viel Energie aufzurufen. Keiner von uns ist in der
Lage das zu tun. Wir rufen im Kampf immer so viel auf, wie wir können. Das
hat Ruvin dir gezeigt, das hast du getan.“
Leathan konnte spüren, wie alle der Anwesenden eine
Mischung aus Bewunderung, Respekt und Furcht empfanden. Leathan hatte vor ihren
Augen es geschafft zu zerstören, wiederherzustellen und zu heilen. Dabei
hatte er nur ein einziges Mal die Energie der Quelle aufgerufen.
*
Leathan verbrachte den Rest des Tages mit Esseldan,
dessen Herz nun keine Spur von Schwäche mehr in sich barg. Wie ein
Lauffeuer hatte sich in der Stadt die Geschichte von Leathans Fähigkeiten
verbreitet und einige der Bewohner waren für ihre spontane Heilung mehr
als dankbar. Die Heiler hatten Esseldan mehrfach darum gebeten,
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