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Die Quellen der Malicorn: Roman (German Edition)

Die Quellen der Malicorn: Roman (German Edition)

Titel: Die Quellen der Malicorn: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ju Honisch
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gelauscht. Die Genugtuung, dass sie selbst auch nicht leise gewesen war, reichte nicht, um die Erinnerung daran zu verdrängen. Make love like WAR ™.
    » Wo geht es denn hin? « , fragte Irene. » Ich kann wirklich nicht reiten. Aber ich kann euch dort treffen. Ich meine, es wäre doch unklug, Zeit zu verlieren, nur weil ich an jeder Ecke vom Pferd falle. «
    Die Göttin schnaubte verächtlich.
    » Fußvolk « , murmelte sie. » Ein Recke, der in die Schlacht zieht, braucht ein Pferd. «
    » Schlacht? Welche Schlacht? « , fragte Irene. Nach Schlachten war ihr nicht zumute. Heute nicht und sonst auch nicht. » Wir wollten nach einer Lösung suchen und nicht in den Krieg ziehen! Meine Tochter … «
    » Du willst deine Tochter wieder? Dann sieh zu, dass du mir hinterherkommst! «
    Die Göttin gab ihrem Gaul die Sporen, und der setzte über das Steinmäuerchen wie ein Olympiaspringpferd und galoppierte über das nächste Feld. Der Held folgte ihr sofort.
    Irene warf einen Blick auf das Reittier, das man ihr zugedacht hatte, drehte sich dann um und rannte auf ihr Auto zu. Sie warf ihren Rucksack und die Geige hinein.
    » Kommt ihr? « , rief sie den Einhörnern zu. Doch die hatten sich eben gewandelt und donnerten den beiden Berittenen hinterher, über die Mauer, querfeldein, die Hörner angriffslustig nach vorne gereckt.
    » Das könnt ihr doch nicht machen! « , schrie Irene. » Was, wenn euch jemand sieht? «
    Noch während sie sich hinters Steuer klemmte und mit fliegenden Händen den Wagen anließ, wusste sie, dass niemand glauben würde, was er sah. Sollte man Esteron und Perjanu in der ganzen Pracht ihrer Legendenhaftigkeit sehen, so mochte das eine mehr oder weniger sarkastische Randbemerkung in der Lokalzeitung geben. Mit etwas Glück wurde diese dann vom Marketing des irischen Tourist Board aufgegriffen. Aber auch das würde niemand ernst nehmen.
    Die Reifen quietschten, als Irene auf die Straße einbog und das Gaspedal durchdrückte. Sie fluchte vor sich hin, selbst erstaunt darüber, wie groß ihr Vokabular an Schimpfwörtern war. Wie sollte sie Reitern, die querfeldein unterwegs waren, folgen? Ihr kleiner Miet-Corsa war kein Geländewagen.
    Sie fuhr dennoch, dankbar, dass das Auto neu war und die Reifen gut auf der Straße griffen. Mit etwas Glück würde sie bei der Geschwindigkeit nicht im Straßengraben landen.
    Schon waren die vier Fabelwesen nur noch kleine Punkte in der Ferne. Sie würde den Anschluss verlieren. Doch dann fühlte sie die Verbindung. Sie spürte Esteron, dessen Körper sie mit so viel Genuss geliebt und dessen Seele in ihrer eigenen eine Spur hinterlassen hatte. Sie wusste, in welche Richtung er unterwegs war. Die Erkenntnis beunruhigte sie. Sie legte eine Verbindung nahe, die viel enger war, als aus zwei zufälligen Liebesnächten mit einem interessanten Fremden entstehen konnte.
    Sie schaffte es gerade noch, einem entgegenkommenden Fahrzeug auszuweichen, das sie hinter einer engen Kurve nicht hatte kommen sehen. Ihr wurde bewusst, wie gefährlich das war, was sie tat. Sie fuhr wie ein Henker auf diesen engen, unübersichtlichen Straßen. Lieber Himmel, lass mich keinen Unfall bauen!, dachte sie panisch.
    Machas Stimme meldete sich in ihrem Kopf: Ein bisschen Ungemach, und die Eso-Schlunze ruft den Himmel an. Pass gut auf, Irene Merkordt, denn der Himmel wird dir nicht helfen.
    Das Auto geriet mit quietschenden Reifen ins Schlingern, während Irene den Schrecken abzuschütteln versuchte. Zweige peitschten gegen den Lack, und Steinchen spritzten vom Straßenrand. Im letzten Moment riss Irene das Steuer herum, um nicht in der Hecke zu landen. Jetzt hörte sie schon Stimmen! Ihr Unterbewusstsein musste ihr einen Streich gespielt haben. So ein Unterbewusstsein war schließlich eine komplexe Angelegenheit. Als Therapeutin wusste sie das. Hörfehler des Unterbewusstseins konnte sie normalerweise abstellen.
    Sie lauschte in sich hinein. Aber die Stimme – so sie überhaupt da gewesen war – war gänzlich verstummt. Weg. Nie da gewesen. Oder doch?
    An einer T-Kreuzung blieb sie stehen. Längst waren die Fabelwesen aus Irenes Blickfeld verschwunden. Ein paar Wegweiser hingen etwas windschief auf der anderen Seite an einem schwarzen Pfosten. Die nutzten ihr jetzt überhaupt nichts.
    Eine Woge der Verzweiflung rauschte über Irene hinweg. Am liebsten wäre sie umgekehrt. Am besten gleich bis zum Flughafen, um dort den nächsten Flieger nach Hause in die Großstadt zu nehmen, wo man vor

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