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Die Quellen der Malicorn: Roman (German Edition)

Die Quellen der Malicorn: Roman (German Edition)

Titel: Die Quellen der Malicorn: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ju Honisch
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auf dem Steinboden hören.
    Sie kamen.

Kapitel 71
    Torgar war sich nicht sicher, ob das Einhorn noch lebte. Die menschliche Gestalt des Feindes irritierte ihn. Von Menschen hatte er noch nie viel gehalten. Nicht, dass er welche kannte.
    » Bewacht die Ausgänge! « , hatte er seiner Herde befohlen. » Findet die Frau! «
    Sto-Nuyamen hatte mehr als einen Zugang. Und in der Dunkelheit sollte die Bardin ihm nicht entwischen. Sie hatte einen Wert im Gefüge der Welt, auch wenn er diesem Wert keinen vernünftigen Grund zuordnen konnte. Es war eher ein vages Gefühl. Er selbst konnte mit ihrem Gesang nichts anfangen.
    Die grünen Mosaiksteine in der Wand des Vorraums, in dem er das Einhorn gestellt hatte, gaben ein sanftes Licht von sich, als die allzu kurze Sommernacht über die Welt sank. Die Lichtsteine waren überall in den Wänden verarbeitet.
    Torgar ergriff den Arm des Besiegten und zerrte den Mann über den Boden. Lang genug hatte er nur unschlüssig neben ihm gestanden und damit gehadert, dass er die einzige Wissensquelle zum Verstummen gebracht hatte. Viel zu lange. Der Mond, dessen Licht durch das Fenster brach, war darüber untergegangen. Torgar hatte gezaudert, hin- und hergerissen zwischen dem Bedürfnis, etwas zu tun, und der Unsicherheit darüber, was geschehen würde, wenn er etwas tat. Wenn er jetzt und hier falsch entschied, dann würde ihn das mehr kosten als nur die Führung seiner Herde.
    » Keinhorn « , flüsterte er und meinte, er müsste sich ob seines Sieges zufriedener fühlen. Doch sein Triumph schmeckte schal. Er hatte gesiegt, und er wusste nicht einmal, wofür.
    Doch heute würde er ein Geheimnis lüften. Ganz allein. Ohne die Herde. Er wollte nicht beobachtet werden, wusste nicht, was geschehen oder wie er reagieren würde. Zuschauer würden nur stören.
    Er stand vor der riesigen Flügeltür, die seitlich aus dem Vorraum führte. Sie war verschlossen. Alles war ihnen immer verschlossen gewesen. Das ganze Leben schien etwas zu sein, dem man von außen zusah, weil man nicht hineinkonnte.
    Doch nun besaß er den Schlüssel.
    Er ließ den Gefangenen los. Dessen Arm klatschte leblos auf den verzierten Steinboden. Torgar hatte nicht einmal genug Interesse nachzusehen, ob der Tyrrfholyn noch lebte. Es interessierte ihn nur so weit, als dass er hoffte, das Horn würde auch funktionieren, wenn sein ehemaliger Eigentümer tot war. Möglicherweise erlosch seine Magie ja mit ihm?
    Ein merkwürdiges Gefühl beschlich Torgar, eine Erinnerung ohne Inhalt. Er wusste genau, welcher Raum hinter der Tür lag, obgleich er noch nie hier gewesen war. Doch ein Teil von ihm entsann sich dessen, was sich jenseits der Türen befand. Der Schatten einer Erinnerung aus dem Nichts. Hier war das Herz Sto-Nuyamens, die Seele der Anlage. Er würde da jetzt hineingehen, auch wenn er sehr genau wusste, dass er dort nichts verloren hatte. Er wollte wissen, was all das zu bedeuten hatte. Das Leben sollte mehr bieten, als eine widerwillige Herde zu führen und durch ein Land zu galoppieren, das sich nie so anfühlte, als würde es ihm gehören. Er wollte wissen, wer er war, und warum alles so sein musste, wie es war.
    Er riss sich aus dem stillen Verharren, als er merkte, dass er schon wieder viel zu lange so gestanden hatte, reglos vor den Türen. Es mochte gefährlich sein, sie zu öffnen. Doch was hatte er schon zu verlieren?
    Er nahm die lange Hornklinge und tippte mit der Spitze an jenen verzierten Kreis oberhalb seines Kopfes, der auf den ersten Blick nur wie Türschmuck aussah. Die Schnitzereien waren Menschenwerk, doch die Funktion gehörte den Einhörnern allein. Einen Augenblick lang glaubte er, der magische Mechanismus würde vielleicht nach all der langen Zeit nicht mehr funktionieren – oder das Horn so nutzlos sein wie weiland sein letzter Besitzer. Als nicht sofort etwas geschah, hoffte Torgar fast, es möge so sein, denn er begriff, dass hinter dieser Tür ein Geheimnis lag, das niemandem zustand außer den Mardoryx.
    Diese hatten sich ihm nie gezeigt, auch nicht den anderen seiner Herde. Doch jeder von ihnen wusste, wer sie waren. Die Herrscher. Die Meister der Welt. Die Besitzer der Macht, die er immer angestrebt hatte und doch nicht haben konnte.
    Jetzt vielleicht schon.
    Die Flügeltüren öffneten sich unendlich langsam. Sie schwangen ihm entgegen, und er musste sich einige Schritte zurückziehen, um nicht im Weg zu stehen. Den leblosen Körper seines besiegten Gegners zog er am Fuß mit sich. Das

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