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Die Quellen der Malicorn: Roman (German Edition)

Die Quellen der Malicorn: Roman (German Edition)

Titel: Die Quellen der Malicorn: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ju Honisch
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viel Intelligenz gegeben, dass sie gut gehorchen konnten. Und vielleicht war sogar das noch zu viel gewesen, denn bisweilen dachten sie über das hinaus, was sie sollten. Manchmal jedoch blieben sie hinter den Erwartungen zurück, so wie jetzt, wo sie Freund von Feind nicht unterscheiden konnten.
    Doch das war nicht mehr von so großer Wichtigkeit. Die Re-Gyurim und ihre Ziele waren immer nur Beiwerk gewesen. Der Beweis dafür, dass das, was zu tun möglich war, auch getan werden sollte. Dass auch die Tyrrfholyn des Südens ihre nutzlose Moral nur als fadenscheiniges Mäntelchen um ihr eigentliches Begehren trugen. So wie das Einhornmädchen mit den stolzen Zielen. So unermesslich begabt und verkannt. Und dabei so dumm.
    Jetzt hatte es ausgedient, hatte einen Schrat zerstört. Asche zu Asche.
    SIE spürte die Aufregung unter den Nymphen. Sie zu fangen, um durch sie über die Quellen die Wasserläufe zu herrschen, war schon Plan der Mardoryx gewesen, als diese noch aktiv gewesen waren. Ein guter Plan. Doch die Nymphen hatten nicht kooperiert. Seidendünne Wesen ohne Substanz und Kühnheit.
    So gehörten die Quellen jetzt IHR , fand SIE .
    Dass sterbende Nymphen sich in Uruschge verwandelten, hatte SIE zunächst nicht gewusst. Niemand hatte es gewusst. Doch es war gut so. Die Sturheit der Nymphen löste sich in der Willigkeit der Uruschge auf. Der Bös willigkeit.
    Nur eben jetzt hielten sie sich zurück. Die Fürstin hatte ihnen die Grenzen aufgezeigt. Das war so nicht geplant gewesen. SIE hasste es, wenn Pläne nicht detailgenau aufgingen. SIE musste das Geschehen zurechtrücken.
    SIE griff in die Saiten IHRER alles umspannenden Bergharfe und sang:
    » Ich singe euch
    die Wirklichkeit,
    euch klang nur die
    Vergangenheit.
    Die Zukunft, sie
    hat angefangen,
    Wahrheit und Schönheit
    sind vergangen. «
    SIE hub an zu einer weiteren Strophe, doch IHR Sinn flog zurück in die Höhle der Nymphen. Dort tat sich etwas. Dort hatte sich nichts zu tun. SIE streckte IHRE seherischen Fühler aus. Feuer und Wasser. Das verfluchte Einhornmädchen. Warum war es nicht längst tot?
    Schon schwenkte SIE IHREN vieläugigen Blick in eine neue Richtung. Der hornlose Prinz und die Menschenfrau. Die Kentauren hätten sie fangen sollen und hatten versagt. Die Schrate hätte sie fangen sollen und hatten sich von den Kentauren umbringen lassen. Die Menschen, die dachten, man sähe sie in der Tiefe nicht, hätten genug Grund gehabt, beide zu töten. Doch auch das war nicht geschehen.
    Ärgerlich, aber nicht wirklich schlimm. Ausrichten konnten die beiden nichts. Dennoch war es erstaunlich, wie weit sie gekommen waren, und dass sie immer noch lebten, ohne Horn, ohne Hoffnung, ohne Zukunft.
    Protu, der einzige Schrat, der einen Namen hatte, war nicht zurückgekommen. Es ging auch ohne ihn. Und Torgar war nie wirklich nützlich gewesen. Anstatt IHRE Befehle auszuführen, hatte er sich ein Horn gestohlen und wollte Tyrrfholyn spielen. Dumm. Nutzlos und dumm. SIE würde sich noch um ihn kümmern.
    Da war noch diese andere Musik, die SIE beunruhigte. Die SIE gar nicht zuordnen konnte. Sie schien nicht von dieser Welt. SIE lauschte. Das Gedudel war immer noch zu hören, ganz leise, ganz weit weg. Aber es wurde schwächer. Letztlich konnte auch das IHR nichts anhaben.
    IHRER Musik allerdings schon. Misstöne vergällten das Konzept.
    SIE lächelte, als SIE die wilde Erotik ihrer Gefangenen fühlte. Liebe und Tod. So nah beieinander. SIE gönnte sich einen Augenblick der Anteilnahme, ließ die Empfindung von rhythmischer, körperlicher Erfüllung durch IHREN eigenen Körper strömen. SIE hatte viele Erinnerungen daran und war doch selbst nie beteiligt gewesen.
    Jetzt schien es IHR , als habe sie etwas versäumt. SIE zwang sich dazu, sich nicht mehr damit zu beschäftigen. Erst musste SIE Talunys beherrschen, danach konnte SIE sich damit befassen, wie es war, den Taumel körperlicher Erfüllung zu fühlen.
    SIE blickte vom Schauplatz der Liebe zum Kampfplatz der Tyrrfholyn.
    » Ich singe euch
    den Untergang.
    Er harret eurer
    nicht mehr lang … «
    SIE wirbelte herum, als ein Schmerz SIE jäh durchfuhr. Die Verbindung – die Macht, die SIE erschaffen hatte – wurde unscharf, zerfaserte wie ein altes Tau. SIE blickte nordwärts, an den Strahlen jener Kraft entlang, die SIE vor so langer Zeit ermächtigt hatte, das zu sein, was SIE war. SIE entsann sich nur ungenau daran, was SIE vorher gewesen war. Klein, unbedeutend. Eine Kokon spinnende Kreatur in

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