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Die Quellen der Malicorn: Roman (German Edition)

Die Quellen der Malicorn: Roman (German Edition)

Titel: Die Quellen der Malicorn: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ju Honisch
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Sie wusste nicht, wie es unter ihr weiterging, wusste nur, dass ihre Füße inzwischen in der Luft hingen. Vielleicht war der Boden ganz nah, oder es ging noch Hunderte von Metern tiefer.
    Eine Hand griff nach ihrem Unterarm und zog. Eine weitere Hand griff nach ihrem Hosenbund und zog ebenfalls. Sie wurde seitwärts über den Boden gezerrt. Endlich lag sie wieder auf dem flachen Stück!
    Im Dunklen schnaufte es ärgerlich.
    » Una Merkordt, du bist anstrengend. Von allen einfältigen Dingen, die man machen kann, ist rückwärts in eine Höhle kriechen, in der es plötzlich steil bergab geht, so ziemlich das dämlichste. Was hast du dir nur dabei gedacht? Du hättest abstürzen können! «
    Una sagte nichts, würgte nur ihre widerstreitenden Gefühle nieder. Sie stritt mit sich selbst, ob sie ihren Tränen freien Lauf lassen, oder – wonach sie sich wirklich fühlte – diesem Kerl lieber klarmachen sollte, dass er sie gefälligst nicht anzufassen hatte.
    Kanura lag in umgekehrter Richtung neben ihr, vermutlich ragte sein halber Körper noch nach draußen.
    » Was sollte das? « , fragte er aufgebracht.
    Was sollte sie ihm antworten? Dass sie sich vor ihm verstecken wollte, weil er ein irrer Pferdekiller war und sie nicht wusste, was er mit ihr vorhatte?
    » Und jetzt rühr dich nicht, sonst stürzt du doch noch ab! « , befahl er. » Das wollen wir doch nicht. Warte, ich muss mich hier irgendwie umdrehen. «
    Una spürte, wie er sich unter Ächzen und Stöhnen bewegte. Vielleicht hatte er ja auf seiner Seite mehr Platz? Oder er würde auch gleich irgendwo hinabstürzen. Es scharrte und kratzte, gelegentlich zischte er etwas Verärgertes. Dann hörte sie ein neues Geräusch. Er zerrte irgendetwas über den Boden.
    » So « , sagte er. » Du bist hier, und ich bin hier. Und deine verflixten Satteltaschen sind auch hier. Und jetzt sag mir, was das sollte. «
    » Kanura von den Ra-Yurich « , begann sie, entsann sich, dass man irren Entführern gegenüber besser eine Beziehung aufbaute, dann brachten sie einen nicht gar so schnell um. Namen waren wichtig.
    » Una! « , gab er zurück, und es klang genervt. » Merkordt! «
    Sie holte tief Luft, bunkerte diese in ihrer Lunge, ließ sie ganz langsam heraus. Vielleicht konnten Atemübungen sie beruhigen. Doch es half nichts – ihr fiel nichts Passendes ein. Anstatt ein vernünftiges Gespräch zu führen, um aus dieser Situation heil herauszukommen, verbarg sie nur ihr Gesicht in den Händen. Sehen konnte sie ohnehin nichts, und so konnte sie wenigstens so tun, als wäre ihr nicht zum Weinen zumute. Sie zitterte.
    » Dir ist kalt « , sagte er. Und dann hatte er plötzlich seinen Arm um sie gelegt und zog sie zu sich heran an diesen großen, fremden Körper, den sie nicht berühren wollte.
    Una schrie vor Schreck auf und schlug und trat, so gut es im Liegen ging, um sich. Da sie nichts sah, konnte sie nicht zielen, doch sie musste ihn getroffen haben, denn er zischte vor Schmerz.
    Vielleicht würde es ihr gelingen, ihn so zu treffen, dass er handlungsunfähig wurde, wenn sie ihm in die richtige Körpergegend trat. Nur wo war die? Und was würde er mit ihr machen? Wäre es vielleicht vernünftiger, sich nicht zu wehren, denn hier in dieser Höhle würde sie nie mehr einer finden, wenn er sie umbrachte und tot zurückließ.
    Sie keuchte vor Panik, als er seine Arme noch fester um sie schlang und sie nun ebenfalls mit den Beinen festhielt.
    » Zappel nicht so! « , fuhr er sie an. » Sonst fällst du doch noch in den Abgrund! Was soll das alles? Meine Güte, du machst es einem wirklich nicht einfach. « Er ließ sie wieder los.
    Una rutschte sofort ein Stückchen weg. » Bestimmt nicht! « , raunzte sie zurück, und auf einmal waren all die Worte da, die sie ihm sagen wollte. Sie strömten aus ihr hinaus, als wäre ein Damm der Angst gebrochen. » Warum sollte ich es dir einfach machen? Du verstümmelst Pferde und verschleppst Frauen. Du hättest mich fast ertränkt! Also fass mich nicht an! Fass mich bloß nicht an! Ich wünschte, ich hätte dich einfach neben der Quelle verbluten lassen! «
    Sie rutschte noch ein Stück von ihm ab. In dieser Sekunde griff er ihren Oberarm, hielt ihn fest. Una biss ihn in die Hand.
    Er ließ sie mit einem schmerzerfüllten » Autsch! « los. Da begann sie auch schon wieder abzurutschen. Sie hatte die Entfernung zum Abgrund unterschätzt. Jetzt brauchte er ihr noch nicht einmal mehr einen Stoß zu geben. Sie hatte sich selbst ins Aus

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