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Die Quellen der Malicorn: Roman (German Edition)

Die Quellen der Malicorn: Roman (German Edition)

Titel: Die Quellen der Malicorn: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ju Honisch
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natürlich in deiner Welt. «
    Das klang nach blankem Blödsinn.
    » Ich will jetzt sofort nach Hause! «
    » Du hörst mir nicht zu! « , schimpfte er genervt. » Warum tun sich Menschen so schwer mit dem Zuhören? Ihr wollt immer nur eine bestimmte Antwort hören, und wenn die nicht kommt, dann interessiert euch auch der Rest nicht mehr. «
    » Stimmt! « , rief Una verzweifelt. » Ich bin nicht interessiert an deinen Theorien über menschliches Verhalten. Du hast mich ins Wasser gezerrt und irgendwohin verschleppt! Jetzt bring mich gefälligst zurück! « , fauchte sie. » Ich habe deine Witze satt. Ich habe deine Andeutungen satt. Deine Gesellschaft ist auch nicht wirklich prickelnd. Und für diese kryptische Scheiße hab ich echt keinen Nerv. «
    Sie wandte sich ab und stapfte davon, ohne zu wissen, wohin. Nach einigen Schritten blieb sie stehen und blickte sich unsicher um. Vielleicht sollte sie wenigstens in die richtige Richtung laufen. Nur wo war die? Westen. Sie musste nur nach Westen laufen. Wenn man in Clare lange genug nach Westen lief, musste man irgendwann aufs Meer treffen. Dort gab es sicher Menschen, die ihr helfen würden.
    Doch hier sah es leer aus. Unbewohnt. Selbst die Stille war unglaublich. Kein Straßenlärm war zu hören. Kein Flugzeug zog eine Spur über den wolkenverhangenen Himmel. Nicht einmal ein Vogel sang. Das Schweigen der Natur war drückend. Wie eine Last, die sich über alles legte.
    » Una! Lauf nicht weg. Es bringt doch nichts. Bitte akzeptiere, was ich gesagt habe, auch wenn es dir unwirklich erscheint. Du bist – ohne eigene Schuld – in etwas gestolpert, das für dich vielleicht nur wie ein Märchen scheinen mag … «
    » Das hier ist absolut nicht märchenhaft « , unterbrach sie ihn giftig. » Das ist ein Albtraum! «
    » Bitte komm zurück und setz dich, Una. Du wolltest doch reden. Jetzt reden wir. Nur: Reden beinhaltet die Notwendigkeit, auch zuzuhören und dem anderen Glauben zu schenken. Nun komm schon. «
    Widerwillig ging Una zu Kanura zurück und ließ sich neben ihm auf einem der höheren Felsbrocken nieder, faltete die Hände zwischen den Knien und sah sich nach ihren Taschen um. Sie standen in der Nähe, und sie fragte sich, wann es ihr gelingen würde, an ihr Handy zu kommen.
    » Also « , begann er. » Noch mal von vorne: Du bist in Talunys. Zwischen dieser und deiner Welt gibt es eine Verbindung durch das Wasser. Diese Verbindung ist neu. Vielleicht ist sie ja auch alt. Jedenfalls war sie generationenlang verschlossen. Die Menschen, die hier leben, stammen nicht ursprünglich von hier; sie sind Nachfahren von Menschen aus deiner Welt. In Talunys herrschen die Tyrrfholyn. Ich bin ein … Tyrrfholyn. Kanura von den Ra-Yurich, ältester Nachfahre des Hra-Esteron. «
    » Wie bitte? Wovon sprichst du? « Una war völlig verwirrt und sah Kanura mit großen Augen an. » Was soll das heißen – Tyrrfholyn? Ist das ein Volk? Eine Glaubensgemeinschaft? Ein bescheuerter Club? «
    » Wir sind – ach, sieh einfach her! «
    Ganz plötzlich ließ er sich nach vorne auf die Hände fallen, und mit einem Mal stand ein Pferd vor ihr, ein riesiges, muskulöses Ross mit langer, silberblonder Mähne und blondem Schweif. Es war größer als jedes Pferd, das Una jemals geritten hatte, eher von der Größe eines schwarzen Friesen, war aber hell und in der edlen Art wie ein Barockpferd.
    Und es hatte gespaltene Hufe! Das war falsch. Völlig falsch.
    Das Horn nahm Una zuerst gar nicht wahr, so als wehrte sich ihr Geist, das Bild anzuerkennen. Doch da war es. Wie ein Narwalhorn wuchs es aus der Stirn des Tieres und war gut einen halben Meter lang. Es schimmerte elfenbeinfarben im Morgenlicht.
    Una sank auf die Knie und hielt sich die Hände über den Mund. Sie keuchte, weil sie etwas sah, das es nicht geben konnte, und weil die Tatsache, dass es dieses Tier, ein Einhorn, nicht geben konnte und es dennoch vor ihr stand, etwas bedeutete, was sie nicht wahrhaben wollte. Sie war nicht mehr in ihrer Welt
    Märchen, dachte sie. Ich bin im Märchenland. Im beschissenen Märchenland. Sie schloss die Augen und atmete tief durch. Wahrscheinlicher war, dass sie im Koma lag und all das träumte. Der Mann hatte sie angegriffen. Vielleicht hatte er sie schwer verletzt? Vielleicht konnte sie nicht an die Oberfläche ihrer Wirklichkeit zurück und dachte deshalb, sie wäre fast ertrunken.
    Alles war Einbildung. Das konnte alles nicht wahr sein.
    Vielleicht würde sie bald aufwachen und das

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