Die Quellen Des Bösen
Rücken und schaute zu dem jungen Angorgläubigen. »Wenn du siehst, dass ich zuschlage, neigst du das Haupt und lässt dich langsam zu Boden sinken«, raunte er. »Wir setzen unser Gespräch an einem anderen Ort fort.« Sein Oberkörper drehte sich ausholend nach rechts, die Hände umfassten den Griff. »Mach dich bereit.«
Die Schneide surrte heran, das Lied des Todes singend.
Lass ihn die Wahrheit sprechen. Tokaro beugte vertrauensvoll den Nacken.
Die aldoreelische Klinge durchtrennte nicht seine Wirbel, sondern den dicken Stützbalken. Noch zwei Mal schlug Kaleíman zu und tat, als drösche er in gren- zenloser Wut auf sein Opfer ein, um es zu verstümmeln. Der breite Schild verhinderte, dass die Häscher des Kabcar genau erkennen konnten, was er tat. In Wirklichkeit beschädigte er den hölzernen Pfeiler durch die Treffer derart, dass er knirschend unter der Last des Daches zusammenbrach.
Fluchend feuerten Nesrecas Männer ihre Waffen ab, ehe sie vor dem einstürzenden, tonnenschweren Strebewerk flüchteten.
Auch die Ritter traten den hastigen Rückzug an. So schnell es ihm möglich war, hinkte Tokaro, gestützt von seinem Glaubensbruder, zum anderen Ausgang, während es Ziegel und andere Trümmer auf sie herabhagelte. Staub, Stroh und Spreu füllten die Luft.
Angor hielt seinen Schutz über sie, keiner der beiden wurde verletzt. Hustend retteten sie sich an der Wachstube vorbei in die nächste Seitenstraße, als die Tür der Kneipe aufflog und die Gardisten nachsahen, was sich hinter ihrem Stammlokal ereignete.
Überall flammten die Dochte von Kerzen, Lampen und anderen Lichtquellen hinter den Fenstern auf. Die Bewohner Ludvosniks wurden durch das Krachen unsanft aus ihrem Schlummer gerissen.
Durch den Dauerregen trabten sie durch das Gewirr von Gassen und Gässchen, bis sie so weit von der Unglücksstelle entfernt waren, dass der ferne Lärm die Schläfer nicht geweckt hatte. Das Risiko einer Entdeckung war dadurch rapide gesunken.
Auf der Suche nach jemandem, der Tokaros Wunden behandeln konnte, gelangten sie zu dem Ulldrael-Tempel, doch er war verschlossen. Kaleíman untersuchte dessen Rückseite und durchtrennte dank der wundersamen Kraft der aldoreelischen Klinge das Schloss der Hinterpforte. Schnell huschten sie hinein.
Im Innern des Heiligtums herrschte gespenstische Stille. Sie liefen im Dunkeln durch die Räume, bis sie die Küche und eine Möglichkeit fanden, eine Kerze zu entzünden.
»Danke, dass Ihr mir glaubt«, schnaufte Tokaro, schwang sich auf den Küchentisch und zog die Hose aus, um nach der Verwundung zu sehen, welche die Mistforke hinterlassen hatte. An den Rändern der tiefen, blutenden Löcher, so glaubte er im schwachen Schimmer zu sehen, haftete Dreck.
Der ältere Ritter brachte eine Schale mit Regenwasser und wusch die Wunde aus. »Deinen Worten allein habe ich kein Vertrauen geschenkt«, gestand er sachlich. »Aber das, was die Männer Nesrecas gesagt haben, hat mich umgestimmt.«
Tokaro biss die Zähne zusammen. »So schlimm ist die Verletzung nicht«, schätzte er trotz der Schmerzen. »Der Schmutz wird das eigentliche Übel.«
»Bei Tagesanbruch gehe ich los und besorge ein paar Kräuter, die gegen die Verunreinigung helfen.«
Er nahm den Schild ab und betrachtete die vier Einschüsse, die alle unmittelbar nebeneinander lagen. Zwei hatten das metallbesetzte Holz durchschlagen, waren aber in ihrer Wucht gebremst worden und an dem dicken Lederharnisch gescheitert, den er unter seinem Umhang trug. Der Ritter ließ die verformten Kugeln dort stecken.
Das fünfte Projektil fanden sie auch.
Der Schütze musste einfach drauflos geschossen haben oder aber beim Feuern an der Hand getroffen worden sein. Im Eifer der Flucht hatte Kaleíman nicht gemerkt, dass sein Unterschenkel ein fingerdickes Loch aufwies. Als er den Stiefel auszog, um das vermeintliche Regenwasser auszuschütten, lief sein kostbarer Lebenssaft auf den Küchenboden. Aus alten Schürzen, die noch an den Haken hingen, rissen sie sich notdürftige Verbände und stillten ihre Blutungen.
»Wir sitzen herum, als kämen wir von einer Schlacht«, meinte Tokaro und musste bei allem Unglück lachen.
»Eine schöne Schlacht«, murrte sein Ordensbruder und grinste dennoch. »Man bewirft uns mit Mistgabeln und benutzt hinterfotzige Waffen. Was sind das nur für Zeiten.« Kaleíman ergriff die aldoreelische Klinge und reichte sie Tokaro. »Nimm sie wieder zurück. Wenn der Großmeister wollte, dass du sie trägst, soll
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