Die Quellen Des Bösen
Kabcar blieb misstrauisch. »Nein, mir schwebt anderes vor. Ich würde es ihm gerne selbst sagen.«
»Ihr werdet ihn schon bald verstehen können, Hoher Herr«, beeilte sich Nesreca zu versichern. »Euer Vater war noch nie so weit.« Er faltete die Hände zusammen und lehnte sich im Sessel zurück. »Aber ich bin noch nicht fertig. Wir beide sind nicht die Einzigen, die sich dem Ziel verschworen haben, den Gebrannten zum mächtigsten der Götter zu machen.«
»Ich weiß, wen Ihr meint. Die Tzulani haben aber nur Einfluss in Ammtára«, gab der junge Mann zurück.
Wieder lachte der Konsultant. »Sie waren gezwungen, lange Zeit im Untergrund zu leben und sich von dort auszubreiten. Sie sind in allen Schichten der Gesellschaft vertreten und warteten einzig auf den Tag, an dem sie ein Herrscher zu sich ruft und mit ihnen zusammen die Rückkehr Tzulans vorbereitet.«
Govan überlegte nicht lange. »Gut. Ich lasse sie ausfindig machen und bestelle sie zu mir. Wenn wir uns an den Tempel in Ammtára wenden …«
Nesreca hob die Hände. »Gemach, Hoher Herr, gemach. Wozu habt Ihr mich, Euren Freund?« Er klatschte in die Hände. Zwei Dutzend Männer und Frauen tauchten aus den Schatten der Kathedrale auf. »Wie ich bereits sagte, ich war vor Euch hier. Sie opfern, wie mir berichtet wurde, schon lange. Und etwas mehr, jedoch wesentlich unauffälliger. Dass die Umstände unserer Zusammenkunft heute Abend so glücklich sein würden, das muss Tzulan selbst eingefädelt haben.«
Verwirrt sah Govan über die Menschenansammlung, die bis vor die Stufen kam und vor ihm niederkniete. »Und wie soll das angehen?«
»Das Unauffällige?« Zufrieden räusperte sich das unheimliche Wesen in menschlicher Hülle. »Habt Ihr bemerkt, dass es kaum mehr Kranke in dem ehemaligen Ulldrael-Tempel gibt? Oder die Bettler immer weniger werden? Sie suchen sich die aus, die ohnehin nicht vermisst werden, wenn sie fehlen. Das habt Ihr mit Euren Opferungen falsch gemacht.«
»Ja, ich verstehe«, meinte der Kabcar. In Gedanken ging er die durch, auf die er verzichten konnte. Totendörfer, Bettler, Räuber und Abschaum. Die Gefängnisse sind doch voller Gaben für Tzulan. Und wenn ich erst Kensustria und Rogogard erobert habe, werden die Opferstellen nicht ausreichen . »Ich verstehe sehr gut. Diejenigen, die das Sagen innerhalb der Sekte haben, sollen sich nach dem Turnier mit mir treffen, damit wir die weitere Vorgehensweise absprechen.«
»Die Tzulani werden Euch treue Diener sein«, versprach der Konsultant. »Sie haben verstanden, dass Ihr der seid, den sie viel früher erwartet haben. Ihr wisst, dass Euer Vater eine andere Einstellung besaß.«
»Ich bin in allem anders als mein Vater.« Govan erhob sich. »Ach, ja. Seit wann unterhaltet Ihr Kontakte zu den Tzulani?« Samtweich schaute der Kabcar seinen Berater an, die Rechte legte sich an den umgearbeiteten Griff der aldoreelischen Klinge. »Und wann gedachtet Ihr mir davon zu berichten?« Der Tonfall wurde schärfer.»Hatte ich Euch nicht verboten, Geheimnisse vor mir zu hüten, Mortva?«
»Es war keine echte Heimlichkeit, Hoher Herr«, beeilte sich Nesreca zu versichern und nahm eine demütigere Haltung ein, um den Kabcar und damit seinen eigenen Tod nicht herauszufordern. »Heute fand unser erstes Treffen statt, und ich hätte Euch umgehend in Kenntnis davon gesetzt.«
Skeptisch musterte der Kabcar sein Gegenüber. »Nun denn. Weil heute mein erster Tag als Herrscher dieses wachsenden Reiches ist, zeige ich Gnade und gewähre Euch Verzeihung«, sagte er huldvoll und herablassend. Innerlich musste er gegen den Drang ankämpfen, den Konsultanten mit einem Hieb der Wunderwaffe zu vernichten und ihm seine magischen Kräfte zu rauben, wie er es bei Paktaï getan hatte. Dieses Gefühl von überschwänglicher Macht würde ich gern ein weiteres Mal erfahren .
Doch ehe er sich an dem Wesen vergreifen wollte, das ihn hatte aufwachsen sehen, wollte er die Alternative versuchen, die ihm vorhin in den Sinn gekommen war.
»Niemand wird vorerst von unserem Abkommen mit den Tzulani erfahren«, befahl er. »Niemand, auch Zvatochna nicht. Ich gedenke, das zu einem späteren Zeitpunkt nachzuholen.«
»Wie Ihr befehlt, Hoher Herr.« Nesreca richtete sich auf. »Weil wir den Tag Eurer Inthronisation würdigen möchten, zeige ich Euch den Anlass, weshalb die Menschen hier sind.«
Einer der Sektierer sagte etwas in der Dunklen Sprache, einige verschwanden daraufhin im finsteren Teil der Kathedrale und
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