Die Quellen Des Bösen
vielen Sagen ist das Meiste erfunden, nur im Kern steckt ein Stückchen Wahrheit. Das Mädchen gab es wirklich, und auch der geheimnisvolle Liebhaber existierte, er lebte in Bardhasdronda, wie man aus ihren Tagebuchaufzeichnungen erfuhr. Eines Tages, und da enden die Eintragungen, verschwand sie, nachdem sie sich so sehr auf ein Treffen mit dem Mann am Feuerturm gefreut hatte. Das Spiel mit dem Gürtel als Vertrauensgeste vollführten sie, laut ihren Notizen, öfter. Was genau an der Klippe geschah, weiß nur ihr Geist. Manche Männer aus Bardhasdronda sagten, sie hätten ihn gesehen.« Der Geschichtenerzähler bestellte sich ein weiteres Glas Njoss. »Bevor ihr Verstand verloren ging. So scheint sie sich an den Männern zu rächen, von denen sie so sehr enttäuscht wurde, indem sie ihnen die Geisteskraft raubt.«
»Na, wunderbar«, knurrte der Leibwächter und stürzte seinen Tee hinab. Jetzt muss ich noch sehen, dass ich diesen Spuk loswerde, bevor ich wie die anderen ende . »Trink nicht so viel von dem Njoss. Fatja wird dich sonst an die Wand nageln.« Er stand auf, warf ein paar Münzen auf den Tisch. »Danke.«
»Das Mädchen hatte übrigens eine Schwester«, fügte Arnarvaten an. »Sie heißt Håntra.« Neugierig schaute er den Ulldarter an. »Aber warum wolltest du das wissen? Ich hätte nicht gedacht, dass du dich so für deine Umgebung interessierst.«
»Einer meiner Türmler machte eine Andeutung.« Waljakov blieb ihm die genauere Antwort schuldig und stapfte hinaus.
»Dann sollte er schnell von dort weg«, rief er hinterher. Ist der Glatzkopf doch tatsächlich eine Märchentante. Mit einem seligen Lächeln nahm der junge Kalisstrone einen winzigen Schluck vom frischen Sud und ließ ihn genießerisch die Kehle hinunterlaufen. Wer hätte das gedacht?
Es dauerte nicht lange, und Arnarvaten musste auf Drängen der Besucher des Gasthauses die Geschichte ein weiteres Mal zum Besten geben.
Kontinent Ulldart, Großreich Tarpol,
zwölf Warst südwestlich der Hauptstadt Ulsar,
Frühsommer 459 n. S.
O bwohl die Sucharbeiten im Steinbruch schon lange auf Befehl des Kabcar beendet worden waren, herrschte reger Betrieb in dem Trümmerfeld.
Angereiste Tarpoler und Ulsarer pilgerten zu der Stelle, an der die Bergungsmannschaft die blutigen Kleider Lodriks im Hohlraum entdeckt hatte.
Man brachte Blumen und legte sie ehrfurchtsvoll dort ab, andere nahmen kleine Steine als Andenken mit, wieder andere riefen Tzulan, Ulldrael den Gerechten und die Göttermutter Taralea an, dass sie den Herrscher bald wieder zurückschicken sollten.
Der karge Platz wurde, sehr zum Missfallen von Nesreca und Govan, zu einer Stätte der Hoffnung für diejenigen, die sich mit dem Tod des Mannes nicht abfinden wollten. Zumal die Version über das göttliche Eingreifen die Bewahrung des geliebten Kabcar mit einer Vehemenz durch die Reiche geisterte, dass der Konsultant nicht mehr allein an die Sehnsüchte der Bevölkerung glaubte. Er hatte Perdór in Verdacht, diese Kunde bewusst zu streuen und zu schüren, um damit die Position seines Schützlings zu schwächen. Solange die Tarpoler nur einen Gedanken an die unmögliche Rückkehr Lodriks verschwendeten, würde Govan niemals richtig als Kabcar angenommen werden.
Von den Machenschaften im Hintergrund ahnten die Frauen, Männer und Kinder nichts, die sich im Steinbruch aufhielten. Sie flehten die Götter weiterhin an. Bis weit in die Abendstunden liefen sie vor die Tore der Stadt, ausgestattet mit Laternen und Fackeln. Eine kleine Lichterkette aus Petroleumlampen wies den Menschen sogar des Nachts die Route zum ebenfalls beleuchteten Fundort der Kleider.
Die in Lumpen gehüllte Gestalt, die sich von allen unbemerkt am oberen Rand des Steinbruchs erhob, betrachtete das Treiben zu ihren Füßen und lächelte still, gerührt von dem Anblick.
Ganz in der Nähe knackte ein Ast; die Geräusche von Stiefeln, aneinander reibendem Metall und das Fluchen von Männern näherten sich.
Er darf mich nicht finden. Abrupt bückte sich die Gestalt in Lumpen, nahm ein Schwert auf und wandte sich um, lief in die Nacht.
Ohne Rücksicht auf sich zu nehmen, hastete sie durchs Unterholz, Zweige und Äste peitschten ihr ins Gesicht und hinterließen blutige Schrammen. Die Beine bewegten sich auf und ab, trugen sie fort von der Stelle, bis die Füße schwer und schwerer wurden.
Keuchend warf sich der Flüchtende in den kühlen, feinen Sand eines größtenteils ausgetrockneten Bachbetts, packte die Waffe
Weitere Kostenlose Bücher