Die Rache
Laune einschalten zu können, und diese komische Elfe offenbar genauso. Er würde seine Gefühle besser im Zaum halten müssen.
Holly hatte ihre Suche in dem Schrank beendet. »Nun, Herr Berater, was machen wir als Erstes?«
Artemis antwortete, ohne zu zögern. »Wir sind nur zu zweit, und wir sind beide nicht sehr groß. Wir brauchen Verstärkung. In diesem Moment müsste Butler auf dem Weg nach Fowl Manor sein, vielleicht ist er sogar schon da.«
Er schaltete sein Handy ein und drückte die Kurzwahltaste für das Gerät seines Leibwächters. Eine Stimme vom Band teilte ihm mit, der Teilnehmer sei vorübergehend nicht erreichbar. Er verzichtete auf das Angebot, es erneut zu versuchen, und wählte stattdessen die Nummer von Fowl Manor. Nach dem dritten Klingeln sprang der Anrufbeantworter an. Offenbar waren seine Eltern bereits unterwegs zu der Kurklinik in Westmeath.
»Butler«, sprach Artemis auf das Band. »Ich hoffe, es geht Ihnen gut. Mit mir ist alles in Ordnung. Hören Sie sehr genau zu, was ich Ihnen jetzt sage, und glauben Sie mir, jedes Wort davon ist wahr...« Daraufhin schilderte er ihm die Ereignisse der vergangenen Stunden. »Wir werden bald zu Hause eintreffen. Ich denke, es wäre gut, unsere Vorräte aufzustocken und uns an einen sicheren Ort zurückzuziehen...«
Holly tippte ihm auf die Schulter. »Wir sollten von hier verschwinden. Koboi ist nicht dumm. Es würde mich nicht wundern, wenn sie einen Plan B in der Hinterhand hätte, für den Fall, dass wir überlebt haben.«
Artemis deckte das Mikro seines Handys mit der Hand ab.
»Völlig richtig. Diese Wichtelfrau ist vermutlich bereits auf dem Weg hierher.«
Wie aufs Stichwort fing eine der Tarnwände an zu knistern und löste sich auf. In der Öffnung stand Opal Koboi, flankiert von Merv und Scant Brill. Die Wichtelzwillinge waren mit transparenten Plastikpistolen bewaffnet. Mervs Pistolenlauf glühte noch leicht von dem Schuss, mit dem er die Wand zum Schmelzen gebracht hatte.
»Mörderin!«, rief Holly und griff nach ihrer Waffe. Merv schoss lässig eine Lasersalve an ihrem Kopf vorbei, dicht genug, um ihr die Augenbrauen zu versengen. Holly erstarrte und hob die Hände.
»Opal Koboi, nehme ich an?«, sagte Artemis, obwohl er, wenn Holly ihm nicht die ganze Geschichte erzählt hätte, nie auf den Gedanken gekommen wäre, dass das Wesen vor ihm etwas anderes sein könnte als ein menschliches Kind. Ihr schwarzes Haar war zu einem Zopf geflochten, und sie trug einen karierten Trägerrock, wie ihn Millionen von Schulmädchen überall auf der Welt anhatten. Und ihre Ohren waren natürlich gerundet.
»Artemis Fowl, wie nett, dich wiederzusehen. Ich bin überzeugt, unter anderen Umständen hätten wir Verbündete sein können.«
»Umstände verändern sich«, sagte Artemis. »Vielleicht können wir immer noch Verbündete sein.«
Holly beschloss, Artemis vorläufig gute Absichten zu unterstellen. Vielleicht spielte er nur den Verräter, um ihre Haut zu retten. Vielleicht.
Opal klimperte mit ihren langen, gebogenen Wimpern. »Klingt verlockend, aber nein. Ich glaube, auf der Welt ist nur Platz für ein geniales Kind. Und da ich mich jetzt als Kind ausgebe, werde ich das sein. Darf ich mich vorstellen: Belinda Zito, ein kleines Mädchen mit großen Plänen.«
Holly tastete erneut nach ihrer Waffe, hielt jedoch inne, als Merv seine Plastikpistole auf sie richtete.
»Euch kenne ich doch«, sagte sie zu den Brill-Brüdern. »Die Wichtelzwillinge. Ihr wart im Fernsehen.«
Scant konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen.
»Stimmt, in Canto. Die Show hat damals die höchsten Einschaltquoten erzielt. Wir überlegen, ein Buch zu schreiben, nicht wahr, Merv? Darüber, wie wir -«
»Unsere Sätze immer gegenseitig beenden«, ergänzte Merv, obwohl er wusste, dass er sich damit Ärger einhandelte.
»Halt die Klappe, du hirnloser Wicht«, fauchte Opal und warf Merv einen giftigen Blick zu. »Mach deinen Job und überlass das Reden mir. Hier geht's nicht um euch, sondern um mich. Behaltet das gefälligst in euren Köpfen, sonst muss ich euch liquidieren.«
»Ja, natürlich, Miss Koboi. Es geht nur um Sie.«
»Ganz genau«, schnurrte Opal. »Es geht immer nur um mich. Ich bin hier die einzig Wichtige.«
Unauffällig ließ Artemis die Hand mit dem Handy in seine Jackentasche gleiten. Es war immer noch mit Fowl Manor verbunden.
»Wenn Sie gestatten, Miss Koboi, die Wahnvorstellung der eigenen Wichtigkeit ist sehr verbreitet unter Patienten, die
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