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Die Rache

Die Rache

Titel: Die Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eoin Colfer
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kleinen Umweltschützerboot auf den Rücken des Wals gesprungen, um ihn vor den Harpunen der Walfänger zu retten. Jemand auf dem Boot hatte ein Foto davon gemacht, und das Foto war eines der berühmtesten Medienbilder des vergangenen Jahrhunderts geworden.
    Zito lächelte. Ungestüme Zeiten. Er wollte gerade die Augen schließen, um sich vor dem Abendessen ein kleines Nickerchen zu gönnen, als sich in einer dunklen Ecke des Raumes etwas bewegte. Etwas Kleines, kaum so hoch wie der Tisch. Er setzte sich auf. »Was war das? Ist da jemand?«
    Eine Lampe ging an, und in dem Lichtkegel saß ein kleines Mädchen auf einem Holzhocker. Es hielt die Lampenschnur in der Hand und schien kein bisschen ängstlich oder verwirrt zu sein. Im Gegenteil, das Mädchen war ruhig und gefasst und sah Zito an, als wäre er der Eindringling.
    Giovanni stand auf. »Wer bist du, Kleines? Warum bist du hier?«
    Das Mädchen fixierte ihn mit unglaublichen Augen. Großen, tiefbraunen Augen. Tief wie ein Fass voll Schokolade.
    »Ich bin deinetwegen hier, Giovanni«, sagte es mit einer Stimme, die ebenso schön war wie ihre Augen. Tatsächlich war alles an dem Mädchen schön. Ihr Porzellangesicht. Und diese Augen. Sie hielten seinen Blick gefangen.
    Zito kämpfte gegen ihren Zauber an. »Meinetwegen? Was meinst du damit? Ist deine Mutter in der Nähe?«
    Das Mädchen lächelte. »Nein. Du bist jetzt meine Familie.«
    Giovanni versuchte, den Sinn dieses einfachen Satzes zu erfassen, doch es gelang ihm nicht. War es denn überhaupt wichtig? Diese Augen, und diese Stimme. So melodiös. Wie das zarte Klimpern von Kristall.
    Menschen reagieren unterschiedlich auf den Blick der Unterirdischen. Die meisten ergeben sich sofort dem hypnotischen Einfluss, aber diejenigen mit einem starken Charakter brauchen oft ein wenig Nachhilfe. Und je stärker die Nachhilfe, desto größer die Gefahr von Gehirnschäden.
    »Ich bin jetzt deine Familie?«, sagte Zito langsam, als taste er jedes Wort auf seine Bedeutung ab.
    »Ja, Menschenmann«, erwiderte Opal ungeduldig und verstärkte den Blick noch ein wenig. »Meine Familie. Ich bin deine Tochter Belinda. Du hast mich vor einem Monat heimlich adoptiert. Die Papiere sind in deinem Schreibtisch.« Giovannis Augen wurden glasig. »Adoptiert? Schreibtisch?« Opal trommelte mit zierlichen Fingern auf den Lampenfuß.
    Sie hatte vergessen, wie dumm die Menschen sein konnten, vor allem unter dem Einfluss des Blicks. Und der Kerl hier sollte ein Genie sein?
    »Ja. Adoptiert. Schreibtisch. Du liebst mich mehr als dein Leben, weißt du nicht mehr? Für deine süße kleine Belinda würdest du alles tun.«
    In Zitos Auge sammelte sich eine Träne. »Belinda. Mein kleines Mädchen. Ich würde alles für dich tun, Liebes, alles.«
    »Ja, ja, ja«, sagte Opal genervt. »Ich weiß. Habe ich ja gerade gesagt. Bloß weil ich dich mit dem Blick gebannt habe, brauchst du nicht alles zu wiederholen, was ich sage.«
    Zito bemerkte zwei weitere kleine Gestalten in der Ecke. Gestalten mit spitzen Ohren. Diese Tatsache durchdrang den Nebel des Blicks. »Ich verstehe. Die beiden da, sind das Menschen?«
    Opal warf den Brill-Brüdern einen finsteren Blick zu. Sie hatte ihnen befohlen, außer Sichtweite zu bleiben. Einen starken Charakter wie Zito zu bannen, war schon ohne solche Ablenkungen schwierig genug.
    Sie verstärkte die hypnotische Wirkung ihrer Stimme.
    »Du kannst diese Gestalten nicht sehen. Du wirst sie nicht zur Kenntnis nehmen.«
    Zito war erleichtert. »Natürlich. Klar. Hab nichts gesehen. Muss wohl die Müdigkeit sein.«
    Opal verdrehte die Augen. Was hatten die Menschen nur für ein Problem mit ihrer Grammatik? Beim ersten Anzeichen von Stress waren sie nicht mehr imstande, in vollständigen Sätzen zu reden.
    »Mein lieber Giovanni - Papa -, ich glaube, wir sollten mal über dein nächstes Projekt sprechen.«
    »Das wasserbetriebene Auto?«
    »Nein, du Idiot, nicht das wasserbetriebene Auto. Die Erdkernsonde. Ich weiß, dass du eine entwickelt hast. Ziemlich gutes Design für einen Menschen, aber ich werde sie noch ein wenig verändern.«
    »Erdkernsonde. Unmöglich. Kommen nicht durch Kruste. Haben nicht genug Eisen.«
    » Wir kommen nicht durch die Kruste. Wir haben nicht genug Eisen. Sprich anständig, verdammt noch mal. Es ist schon anstrengend genug, eure Sprache zu sprechen, ohne dass du die Sätze zerhackst. Ihr oberirdischen Genies seid auch nicht mehr, was ihr mal wart.«
    Zitos benebeltes Gehirn gab sich Mühe.

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