Die Rache
Anwälte haben.«
Vanessa öffnete die Bürotür. »Vielen Dank, dass du gekommen bist, Dante. Ich würde jetzt gerne noch ein paar Worte mit Ross allein reden. Hättest du etwas dagegen, zusammen mit Jennifer kurz drauÃen zu warten?«
10
Sobald Vanessa die Tür wieder geschlossen hatte, lieà sie sich auf ihren Schreibtischsessel fallen und vergrub den Kopf in den Händen. Ross starrte sie enttäuscht an.
»Wie schlimm ist es, auf einer Skala von eins bis zehn?«, fragte er leise, weil er wusste, dass Dante vor der Tür saÃ.
»Sieben oder acht«, entgegnete Vanessa. »Ich hatte gehofft, dass Dantes Erklärung für seine Lüge etwas anderes beinhalten würde als die Tatsache, dass er ausgerechnet mit dem Sohn jenes Mannes in eine blutige Schlägerei geraten ist, den er beschuldigt, ein paar Stunden später seine Eltern ermordet zu haben. Und Dantes Schulzeugnisse sind auch nicht gerade überragend. Er hat sich häufig geprügelt, und er soll andere schikaniert haben.«
»Aber er ist kein brutaler Schläger«, wandte Ross ein.
»Ich weiÃ, aber die Anwälte des Commanders werden versuchen, Dante als gewalttätiges, verhaltensgestörtes Kind darzustellen, stark traumatisiert von dem, was er gesehen hat. Er war erst acht Jahre, es war mitten in der Nacht, er war müde, und noch dazu haben sie den Beweis, dass er gelogen hat.«
»Was ist mit dem versuchten Bombenattentat? Hilft uns das?«
»Der Richter wird jede Erwähnung der Bombendrohung abweisen, wenn wir keine klaren Beweise dafür liefern, dass die Bombe mit dem Commander in Verbindung steht.«
»Aber er ist ein kluger Junge«, sagte Ross. »Er wird sich im Zeugenstand gut machen, und es gibt jede Menge Beweise, dass Dantes Beschreibung von dem, was passiert ist, mit den Einschlaglöchern der Kugeln und den Leichen im Haus übereinstimmt.«
»Das weià ich«, nickte Vanessa. »Und niemand wird leugnen, dass er das alles gesehen hat. Aber es werden weitere Zeugen auftreten, einschlieÃlich der Söhne des Commanders und anderer Bandits, die ihm ein Alibi geben werden. Ein Experte wird erklären, wie ein Achtjähriger, der mit ansieht, wie seine Familie erschossen wird, so traumatisiert sein kann, dass er falsche Schlüsse zieht und Dinge bemerkt, die gar nicht da sind.«
»Also werden Sie den Commander nicht verhaften und anklagen?«, fragte Ross.
Vanessa schüttelte müde den Kopf.
»Ich würde es tun, wenn ich auÃer Dantes Aussage noch einen weiteren Beweis hätte. Nur einen einzigen handfesten Beweis. Eine Waffe, die zu den Kugeln im Haus passt. Einen der Motorradstiefel des Commanders. Rückstände des SchieÃpulvers. Aber die Bandits hatten mindestens eine halbe Stunde Zeit, um am Tatort aufzuräumen, und das haben sie verdammt gründlich gemacht.«
Ross seufzte. »Dann bleibt der Commander also ein freier Mann?«
»Fürs Erste ja«, antwortete Vanessa. »Es ist zwar nicht so, dass die Polizei ihre Nachforschungen bei einem fünffachen Mord nach weniger als drei Monaten einstellt. Aber wir brauchen einen wirklichen Durchbruch, und je länger die Untersuchung andauert, desto unwahrscheinlicher wird das.«
»Gibt es noch irgendetwas von forensischer Seite, was man tun kann?«
»Nein. Das Einzige, was uns in diesem Fall helfen würde, wäre ein weiterer Zeuge. Vielleicht verhaften wir wegen einer anderen Sache einen Bandit, der weiter unten in der Befehlskette steht, und bieten ihm einen Deal an, wenn er uns Informationen zu dem Mordfall liefert. Oder vielleicht kommt eines Tages irgendjemand mit einer Waffe oder einem Kleidungsfetzen zur Polizei, die nicht richtig verbrannt sind. Man kann nie wissen.«
»Der arme Dante«, seufzte Ross. »Er ist so ein toller
Junge. Der Commander muss hinter Gitter, damit er ein neues Leben beginnen kann.«
Vanessa bat Dante und Ross, noch ein paar Stunden zu bleiben, für den Fall, dass sie ihnen nach dem Meeting mit ihren Bossen bei der Staatanwaltschaft und den Beamten, die für die polizeiliche Untersuchung zuständig waren, noch weitere Fragen stellen musste.
Doch es gab keine Fragen mehr.
Allerdings war es nach Aufnahme der neuen Zeugenaussage und dem Ende des Meetings fast sechs Uhr abends, und Ross hatte keine Lust mehr, die lange Strecke bis nach London zurückzufahren. Also nahmen sich Ross, Dante,
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