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Die Rache-Agentur

Die Rache-Agentur

Titel: Die Rache-Agentur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annie Sanders
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schlechtesten Seite.»
    «Warum, glaubst du, ist das so?» Ihre Mutter hob den Blick und sah sie an, die sanften braunen Augen unschuldig aufgerissen. Sie hatte noch nie verstanden, dass nicht alle Menschen immer nur gut sein konnten. Was das anbetraf, war sie ein bisschen wie Georgie. Ihren Zynismus wie auch ihre Körpergröße musste Flick von ihrem Vater geerbt haben, für den jeder erst einmal ein Idiot war, bis er ihn vom Gegenteil überzeugt hatte. Wie diese beiden gegensätzlichen Charaktere jemals hatten zusammenfinden können, blieb Flick bis heute ein Rätsel. Vielleicht hatte ihn die optimistische Unschuldshaltung ihrer Mutter verzückt. Vielleicht waren es ihre hippen Tuniken und ihr Wunsch gewesen, die Welt vor sich selbst zu retten. Was immer es gewesen sein mochte, die Langeweile schien ihn schnell eingeholt zu haben, und er verließ sie an einem tristen Novemberabend, um mit einer Pubbesitzerin aus Catford, die ihm das echte Leben und einen Anteil an ihrem Laden versprach, in wilder Ehe zu leben.
    «Wer kennt schon die Launen des männlichen Geschlechts?» Flick spielte mit ein paar Krümeln auf dem Tisch herum. «Ganz offensichtlich ticken Männer nicht so wie wir.»
    «Sylvia Derens. Erinnerst du dich an sie? Wir haben eine Weile zusammen im Oxfam-Laden gearbeitet. Sie hatte einen reizenden Ehemann. Er hat sich um sie gekümmert und den Garten gemacht. Jedes Jahr fuhren sie zur gleichen Zeit nach Wales in den Urlaub. Und jetzt stellte sich heraus, dass er ein Verhältnis mit der Empfangssekretärin in seinem Büro hatte.Und
noch dazu
ist er einer dieser Kerle, die Sandalen mit Socken tragen.»
    Diese grässliche Vorstellung brachte Flick zum Lachen. «Vielleicht macht das die Empfangsdame irgendwie wuschig. Ob er die Socken wohl auch im Bett anlässt?»
    «Das will ich mir gar nicht vorstellen!», quiekte ihre Mutter. «Aber mal im Ernst: Was sind das nur für Wesen? Erst machen sie dir mordsmäßig den Hof und säuseln, dass du großartig bist und sie für dich durchs Feuer gehen. Doch sobald man sich mit ihnen niederlässt und anfängt, Diskussionen über tropfende Wasserhähne und die Katze, die rausmuss, zu führen, drehen sie sich nach allem um, was einen Rock trägt.»
    Flick hob die Augenbrauen. «Und ich bin hier die Zynikerin, wie?»
    Ihre Mutter machte eine abwinkende Bewegung. «Ach, ich werde einfach alt. Erinnerst du dich, was dieser Mann über die Geliebte gesagt hat?»
    «Äh, könntest du dich etwas genauer ausdrücken?»
    «Dieser Kerl, der einen Nachtclub nach seiner Frau benannt hat?» Ihre Mutter rieb sich die Stirn, offensichtlich frustriert darüber, dass es ihr nicht mehr einfallen wollte.
    «James Goldsmith – du meinst das Annabel’s?»
    «Genau! Ich glaube, er meinte, wenn du deine Geliebte heiratest, wird sofort ein neuer Job frei: der einer neuen Geliebten. Das trifft es doch ganz gut.»
    Flick dachte an John und die kurze SMS, die sie gestern von ihm bekommen hatte. An den Wochenenden herrschte zwischen ihnen immer Funkstille, da er dann ganz in seinem häuslichen Leben aufging. So war es also. Man holte sich das Beste aus allen Welten. Auf einmal fühlte sie sich sehr einsam.
    «Komm schon.» Sie stand so plötzlich auf, dass ihre Mutter zusammenfuhr. «Lass uns losziehen und das tun, wasdie ganze dämliche Nation heute macht.» Ihre Mutter stand ebenfalls auf und sah sie erwartungsvoll, wenn auch ein wenig skeptisch an. «Wir gehen shoppen. Lass uns losgehen und Zeit damit verplempern, indem wir durch Läden schlendern, uns gegenseitig irgendwelchen Quatsch kaufen und in einem Café mittagessen gehen. Keine Ausreden. Zieh deinen Mantel an, und auf geht’s.»
    Einen Augenblick lang zögerte ihre Mutter. Doch als sich ein Lächeln auf ihrem Gesicht breitmachte, wurde Flick bewusst, wie besonders sie war – mit ihrem Aktionismus und ihrer Hoffnung, alles im Leben schützen und retten zu können. Flick beugte sich vor und gab ihr einen Kuss auf die Wange.
    «Was für eine wunderbare Idee, Liebling. Lass mich nur rasch einen wärmeren Pulli anziehen.» Ihre Mutter marschierte aus dem Zimmer, steuerte an all den Kisten und Tüten vorbei und ging nach oben. «Ach», rief sie ihr kurz darauf zu. «Können wir unterwegs beim Recyclinghof anhalten? Ich müsste da ein paar Dinge abladen.»
     
    Nachdem Flick ihre Mutter wieder zu Hause abgeliefert hatte und zurück zu sich gefahren war, fühlte sie sich erschöpft, doch sie war guter Dinge. Sie waren nach Kingston gefahren

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