Die Rache-Agentur
sperre mich in eine Kabine ein.» Sie hielt inne. «O Gott», stöhnte sie. «Wasmache ich bloß, wenn zwei Du-weißt-schon-was-für-welche hier aufkreuzen und …?»
«Bei diesem Wetter? Die müssten entweder verrückt oder total verzweifelt sein.» Flick und Georgie sahen sich an. «Beeil dich einfach, okay?»
«Soll ich seinen Namen falsch schreiben?»
«Schreib einfach ‹Kevin›.»
«Und soll ich dazuschreiben, du weißt schon, was er alles
macht
?»
Flick musste über Georgies Unbeholfenheit lachen. «Soll ich es nicht lieber machen? Ich habe schon ganz andere Sachen gesehen.»
«Vielleicht hast du recht. Hier ist seine Handynummer. Und jetzt beeil dich», flüsterte Georgie.
Der Gestank in der Herrentoilette war widerlich, und Flick versuchte, den Atem anzuhalten. Ganz offensichtlich war sie nicht die Erste, die mit einem Stift hierhergekommen war. Sie betrachtete die Türen von drei Toilettenkabinen genauer, bis sie einen Platz von rund fünfzehn Zentimetern zwischen den anderen Graffitis gefunden hatte. Sie zog die Kappe vom Stift ab, und während sie zu schreiben begann, wurde ihr klar, dass sie solche Worte noch nie zuvor geschrieben hatte. Schon gar nicht auf eine Toilettentür. Obwohl: Gesagt hatte sie solche Dinge vielleicht schon. Es war die Art Sprache, die John anmachte. Doch irgendwie fühlte sie sich nie wohl dabei, wenn er von ihr verlangte, so mit ihm zu reden.
«Komm raus, ich höre etwas», zischte Georgie vom Gang vor den Toiletten.
«Schon gut, schon gut.» Flick überprüfte ein zweites Mal die Handynummer, die ihnen Caroline gegeben hatte, steckte die Kappe zurück auf den Stift und bewunderte das kleine Kunstwerk, das sie spontan gezeichnet hatte.
«Gott sei Dank, da bist du ja. Du warst eine halbe Ewigkeit da drin.» Georgie packte sie am Arm, und die beiden ranntenquiekend zur Tür hinaus, bis sie den Wagen erreicht und sich vor Angst und Aufregung ganz außer Atem in die Sitze hatten fallen lassen. Sechs öffentliche Toiletten später und nachdem Flick ihr Tipps für die passende Wortwahl gegeben hatte, war sogar Georgie so mutig gewesen, kleine Unanständigkeiten zu hinterlassen. Jetzt saßen sie in einem Pub in Battersea und stießen auf ihren Erfolg an.
«Nie wieder», sagte Georgie, nachdem sie einen tiefen Schluck aus ihrem Weinglas genommen hatte. «Das Honorar ist ein hübscher Weihnachtsbonus, aber das war’s dann auch. Mir ist das zu gruselig.»
Flick, die überzeugt war, dass sie den Rekord im Besuchen von öffentlichen Herrentoiletten an einem Abend gebrochen hatten, fühlte sich ein wenig schmuddelig und beschloss, auf die Erdnüsse zu verzichten, die Georgie geordert hatte. «Jetzt können wir nur hoffen, dass es funktioniert und er jede Menge Kundschaft bekommt. Was, sagte sie, war er von Beruf? Headhunter? Ich glaube nicht, dass das die Sorte Typen ist, nach der er sonst jagt!» Beide kreischten vor Lachen auf, woraufhin sich der halbe Laden nach ihnen umdrehte und sie anstarrte. «Das hat er nun davon, dass er seine Handynummer irgendwelchen Bedienungen zusteckt.»
Die nächsten Tage bei «Domestic Angels» verliefen ziemlich hektisch. Wie jedes Jahr vor Weihnachten wurde die Agentur von Kundinnen mit Putzaufträgen auf Trab gehalten. Die meisten Auftraggeberinnen befürchteten, ihre Schwiegermutter würde während des Weihnachtsbesuchs den Zeigefinger probehalber über die Sockelleiste gleiten lassen, um zu sehen, wie reinlich die Frau wirklich war, die ihr Sohn da geehelicht hatte. Flick verbrachte wie immer viel Zeit damit, Anrufern Tipps zu geben, wo es die besten Truthähne, den köstlichsten Wein und Hyazinthen gab, die rechtzeitig zum Heiligabend ihre Knospen öffneten. Und sie verbrachte viel Zeit damit, sich zu wundern, welcher Hektik und welchem Leistungsdrucksich die Leute vor dem Fest unterwarfen. Plötzlich kamen ihr ein paar trockene Falafel mit ihrer Mutter und ein Nachmittag vor dem Fernseher in Mitcham wie der Himmel auf Erden vor.
«Kannst du Mrs Ambroses Sachen aus der Reinigung abholen?», fragte Joanna, während sie sich am Rechner einloggte. «Und während du unterwegs warst, hat übrigens Mr Fisher angerufen. Er wollte wissen, ob wir ein Päckchen von D’Altons für seine Frau abholen könnten. Er käme dann heute Abend bei uns vorbei, um es einzusammeln.»
«Für seine Frau?»
«Seine Worte.»
Flick prustete los und schnappte sich ihre Handtasche. «Wann wollte Georgie wieder hier sein?»
«Sie hilft bei der Anprobe
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