Die Rache-Agentur
blauen Haustür, die leichte Kratzer aufwies. Sieentschied sich für den großen Messingschlüssel, der sich leicht ins Schloss stecken und drehen ließ. Dann benutzte sie den Sicherheitsschlüssel. Sie wappnete sich innerlich, bevor sie die Haustür öffnete, und murmelte ein Stoßgebet, dass der mysteriöse Hausbesitzer nicht die Alarmanlage angelassen hatte. Dann drehte sie den Schlüssel um und stieß die Tür auf.
Es war keine ohrenbetäubende Sirene zu hören, und Georgie entspannte sich merklich, als sie die Tür hinter sich schloss und sich umsah. Das Haus war so gut wie leer – es gab keinen Teppich, keine Bilder und, soweit sie sehen konnte, auch keine Möbel, zumindest keine, die tatsächlich benutzt wurden. Die dunklen Gegenstände, die sie von außen gesehen hatte, waren in Luftpolsterfolie eingepackte Kartons, deren Inhalt darauf wartete, ausgepackt und im Haus verteilt zu werden. Es roch nach Sägemehl und nach etwas anderem, das ihr bekannt vorkam, aber schwer zu definieren war. Etwas Würziges, Scharfes. Zitrone? Im Haus war es still, und Georgie hörte jeden ihrer Schritte auf dem Fliesenboden hallen. Sie bewegte sich bedächtig und öffnete die Türen, die von der Vorhalle abgingen. Da war das vordere Wohnzimmer, ein kühler, vollkommen leerer Raum, der nach Norden zeigte und mit einem Kamin ausgestattet war. Von einem großen Fenster aus konnte man die ganze Straße überblicken. Auf der anderen Seite der Treppe befand sich das spiegelverkehrte Abbild dieses Zimmers, allerdings ohne Kamin. Georgie schloss die Türen hinter sich und ging in den hinteren Teil des Hauses. Sie gelangte in eine riesige L-förmige Küche mit Essbereich, für den man einen Wanddurchbruch gemacht haben musste. Drei große Fenster ließen die Strahlen der späten Frühlingssonne herein. An einer Seite stand ein Telefon. Georgie nahm den Hörer ab. Das Freizeichen war klar und deutlich zu hören. Mission erfüllt.
Sie hatte noch eine halbe Stunde Zeit, bevor sie Libby abholenmusste. Georgie ging zum Fenster hinüber, von dem aus man auf den Garten und dahinter auf etwas wie Spielfelder blicken konnte. Auf einmal erkannte Georgie die Lage des Hauses – das war der Sportplatz der Schule, die Libby wahrscheinlich besuchen würde.
Georgie lehnte sich im Sonnenlicht gegen den Fensterflügel und sah nach draußen. Eine Gruppe Teenager in grünen Trainingsanzügen stand herum und hörte einem Mann zu, der gestikulierend auf sie einredete. Weiter hinten rangen ein paar Jungen miteinander, doch sobald der Mann ihnen ein Signal gab, gingen die Kinder in die angezeigte Richtung und lasen dabei Schläger, Spielkegel und Trikots vom Boden auf.
Georgie kehrte in die Gegenwart zurück und blickte auf die Uhr. Sie musste langsam los, doch etwas an der friedvollen Atmosphäre dieses Hauses weckte in ihr den Wunsch, mit einem Buch und einer Tasse Tee zu bleiben. Sie drehte sich um und betrachtete den Raum. Wenigstens gab es ein Stück, das in Gebrauch zu sein schien. Ein großer, cremefarbener Kühlschrank im Retro-Stil stand brummend neben einer Tür, die, wie Georgie schnell herausfand, zu einer Speisekammer führte. Sie war ebenfalls fast vollkommen leer, abgesehen von einigen Oliven und verschiedenen Pastasorten, die in passenden Gläsern aufbewahrt wurden. In einem hölzernen Weinregal am Boden lagerten ein paar Flaschen Rotwein. Georgie ging in die Küche zurück. Wie alle anderen Räume, die sie gesehen hatte, war sie weiß getüncht, und dem Geruch zufolge war dies erst vor kurzem geschehen. Obwohl es in diesem Haus nur so wenige persönliche Gegenstände gab, hatte es eine erstaunlich gemütliche Atmosphäre. Die Küche war in betriebsbereitem Zustand, doch sicherlich nicht neu. Wahrscheinlich war sie vom Vorbesitzer übernommen.
Die kurze Seite der L-Form wurde fast komplett von einem großen, schweren Eichentisch eingenommen. Bis jetzt waren nur zwei Stühle, die ebenfalls aus Eiche zu sein schienen, ordentlichdaruntergeschoben worden. Ihr schlichtes Design passte hervorragend zum Raum. Georgie konnte überhaupt nicht sagen, was für ein Mensch hier lebte. In der Ecke stand ein kleiner Beistelltisch mit einem Bilderrahmen neben einem großen Ledersessel. Georgie trat näher heran, um sich das Foto genauer anzusehen. Ein großer, dunkelhaariger Mann und eine braunhaarige Frau, beide mit Sonnenbrille an einem windigen Strand. Die Frau hatte einen kleinen Jungen im Arm, der etwas jünger als Libby sein musste. Alle drei
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