Die Rache-Agentur
Stuhl auf, als spürte sie, dass diese Frau mit Samthandschuhen angefasst werden musste.
«Ja, das hoffe ich.» Georgie wies auf den Stuhl vor ihrem Schreibtisch, und die Frau ließ sich elegant darauf nieder und hob ihre Prada-Handtasche auf die Knie. Flick wusste sofort, dass die Frau nicht wegen eines Reinigungs- oder Klempnerdienstes gekommen war. So, wie sie aussah, besaß sie eine eigene Armada an Servicekräften. Wahrscheinlich hatte siesogar eine Haushälterin. «Ich glaube, bei Ihnen bin ich genau richtig.»
Georgie und Flick beobachteten mit Entsetzen, wie sich ihre Augen mit Tränen füllten. Georgie zog eine Packung Kleenex aus der Schreibtischschublade hervor. Die Frau nahm ein Tuch und betupfte sich damit leicht die Nase. Flick bemerkte die Patek-Philippe-Uhr an ihrem schmalen Handgelenk. Sie hatte Stil.
«Soweit ich … oder wie ich gehört habe», begann die Frau zögerlich, «bieten Sie einen äußerst diskreten Service an. Es geht nämlich um meinen Ehemann.»
«Darum geht es meistens», murmelte Flick und bekam von Georgie einen mahnenden Seitenblick zugeworfen.
«Er ist grausam, das heißt, er kann sehr grausam sein. Und ich weiß nicht, was ich tun soll.» Sie hielt inne, und Schweigen trat ein.
«Grausam?», fragte Flick vorsichtig nach und versuchte sie zum Weiterreden zu bewegen. «Bedeutet das, dass er Sie misshandelt? Wenn das der Fall ist, sind Sie bei uns nicht an der richtigen Adresse.»
«Nein, nein», versicherte sie rasch, dann schniefte sie vornehm. «Ich spreche von seelischer Grausamkeit. Ich bin mir sicher, dass er in der Vergangenheit zahlreiche Affären hatte, und ich bin mir genauso sicher, dass das immer noch der Fall ist.»
«Woher kommt die Gewissheit?», hakte Georgie behutsam nach. «Ich meine, gibt es irgendwelche Beweise?»
Die Frau lächelte matt. «O ja. SMS, die er schnell löscht. Es haben sogar schon Frauen bei uns zu Hause angerufen. In unserem
Haus
», betonte sie. «Dann habe ich Sachen gefunden … Quittungen aus Restaurants, wissen Sie. Solche Dinge.» Die Last ihrer Trauer schien sie zu erdrücken. Sie blickte auf ihre Hände und schwieg.
«Nun», sagte Flick, während sie die Kappe eines Stifts abzog.Sie fühlte sich von der Niedergeschlagenheit dieser Frau auf einmal unangenehm berührt. Auch sie war erschöpft und freute sich auf ein Glas Wein und etwas vom Lieferservice. «Wir können Ihnen sicher helfen. Bislang haben wir Ehemänner recht erfolgreich wieder auf die Spur gebracht. Wenn Sie uns ein bisschen mehr erzählen, entwerfen wir eine Strategie. Das Ganze geschieht natürlich vollkommen anonym. Aber», Flick setzte ihr breitestes Marketinglächeln auf, «er bekommt garantiert einen kleinen Denkzettel verpasst, damit er kapiert, dass er nicht besonders nett war, wenn Sie verstehen, was ich meine –»
«Er soll aber mehr als nur einen kleinen Denkzettel bekommen», erwiderte die Frau in deutlich schärferem Ton. «Ich möchte Beweise. Etwas, das er nicht abstreiten kann, damit ich weiß, dass er sich mit anderen Frauen trifft. Ich möchte diesem Schwein klarmachen, dass er mich nicht so behandeln kann. Ich will einen konkreten Beweis.» Sie begann, das Taschentuch in ihrem Schoß in kleine Stücke zu reißen, während ihr Tränen über die Wangen liefen. «Er kann sehr schwierig sein, und er kann so gut mit Worten umgehen. Er überfordert mich total und …» Sie drehte die Handflächen nach oben und zuckte hilflos mit den Schultern. «Und wenn er wütend wird, was soll ich gegen einen Mann ausrichten, der über einen Meter neunzig groß ist und so viel stärker als ich?»
Flick und Georgie schwiegen. Georgie warf Flick einen Seitenblick zu, der andeutete, dass auch sie glaubte, sie beide seien in diesem Fall nicht die richtige Adresse. «Warum verlassen Sie ihn nicht?», fragte sie schließlich. «Ich meine, es gäbe doch wirklich gute Gründe für eine Scheidung. Ehebruch, unstatthaftes Verhalten, aber ich bin keine Anwältin.»
Die Frau blickte auf das Taschentuch in ihrem Schoß. «Er ist ein sehr wichtiger Mann und hat einflussreiche Freunde. Ich möchte nur dafür sorgen, dass ich bekomme, was mir zusteht.Ein kleines bisschen Anerkennung für die Hölle, die ich durchgemacht habe. Und dafür, dass ich sein Verhalten ertragen habe. Und», sie lehnte sich mit ernstem Gesicht vor, «ich brauche einen Beweis, damit ich meinen Namen reinwaschen kann, wenn er abscheuliche Gerüchte über mich verbreiten sollte. Mir würde
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