Die Rache-Agentur
selbst.
Wie hatte das passieren können? Wie hatte sie nicht bemerken können, dass Ed sie belog? So etwas passierte doch nur anderen. Warum hatte er ihr das angetan? Ihr war bewusst, dass sie sehr von ihrem Job und Libby in Beschlag genommen war – vielleicht hatte sich Ed ausgeschlossen gefühlt und gedacht, dass sie sich nicht für ihn und seine Sorgen interessierte. Vielleicht lag es daran. Zum Beispiel neulich die Sache mit den Schulgebühren. Sie hatte ja keine Ahnung gehabt, dass die Dinge für ihn so schlecht standen. Oder vielleicht lag es am Sex. Er hatte sie schon seit einer Ewigkeit nicht mehr angefasst. Vielleicht hatte sie sich zu sehr gehenlassen und kam ihm langweilig und wie ein Hausmütterchen vor. Georgie ließ den Kopf zurückfallen und starrte die erlesenen Designerlampen an der Decke an. Eds Sorgfalt und Arbeitseinsatz waren in jedem Winkel dieses Hauses sichtbar, und sie hatte all das wie selbstverständlich hingenommen und sogar versucht, sein Stilkonzept nicht durch irgendwelche Billigkäufe zu zerstören. Vielleicht hasste er ja ihren Geschmack? Als sie noch nicht miteinander verheiratet waren, hatte er sie gnadenlos damit aufgezogen, doch mittlerweile sagte er nicht mehr viel dazu, was sie erleichterte. Georgie blickte auf ihr perlenbesticktes Oberteil mit dem Samtbündchen, auf die ausgestellte Jeans und die Wildlederstiefel, die ihr heute Morgen so praktisch und witzig vorgekommen waren und ihr jetzt nur noch banal und einfallslos erschienen. Sie hatte einfach das Basismodell aus «Yummy Mummy», einem Versandkatalog für Mütter, bestellt. Georgie stellte sich in voller Größe hin und blickte ihr Spiegelbild herausfordernd an.
«Du wirst das wieder in Ordnung bringen, Georgina Casey. Du wirst dieser Sache, worum auch immer es sich handelt, ein Ende setzen. Du wirst nicht kampflos aufgeben. Er istdein Mann, und das
bleibt
er auch.» Damit marschierte sie in die Küche. Auf der Anrichte stand ein Krug, den sie bei Ikea gekauft hatte – Ed bezeichnete den Laden als «Inneneinrich tungs-Aldi ». Wie billig und geschmacklos er plötzlich neben der Glasskulptur wirkte, die Ed ihr zum letzten Geburtstag in einer Galerie gekauft hatte. Angewidert von sich, fegte Georgie den Krug mit einer Armbewegung von der Anrichte. Er flog durch die Luft, knallte gegen die Wand und zerbrach auf dem Fliesenboden. Sie spürte, wie sich ihr Gesicht verzog, als die hässlichen Tränen aus ihr hervorbrachen. Sie krümmte sich auf dem Boden zusammen, ihr Körper geschüttelt von Schmerz.
Kapitel 11
«Ist sie schon weg?», fragte Flick Joanna, als diese den Hörer aufgelegt hatte. Flick hatte Georgie im Büro abgesetzt, nachdem sie sich durch die halbe Stadt gekämpft hatten, und war weitergefahren, um die Arbeit eines Malers zu beaufsichtigen, der das Trompe-l’Œil eines italienischen Gartens auf der Badezimmerwand eines Hauses in Balham zaubern sollte. Flick lag mit den Anrufen und Aufgaben dieses Tages weit hinter Plan, und es machte sie etwas nervös, dass Georgies Schreibtisch so aufgeräumt war wie heute Morgen, als sie aufgebrochen waren. Sie hatte nicht einmal das gelbe Post-it weggenommen, das schon heute früh mitten auf ihrem Schreibtisch geklebt hatte, bevor sie ins Hotel gefahren waren.
Joanna stand auf und klebte eine weitere Notiz zum Telefonat von eben daneben. «Ja, sie ist reingekommen und kurz darauf wieder gegangen. Sie meinte, es gehe ihr nicht gut. Sie muss sich unbedingt um den Wasserschaden im Badezimmer der Mouzykantskiis kümmern, bevor diese am Donnerstag von ihrer Reise zu den Kaimaninseln zurückkehren. Die Dame des Hauses hat heute Morgen bereits zwei Mal deswegen angerufen.»
Flick seufzte, während sie den Blick über den Stapel von Telefonnotizen gleiten ließ, mit dem sie sich in Kürze befassen musste.
Joanna hielt einen Moment inne. «Etwas schien nicht mit ihr zu stimmen, ehrlich gesagt. Glaubst du, dass alles in Ordnung ist?»
«Ich weiß es nicht genau.» Flick warf noch einen Blick auf Georgies Schreibtisch. «Könntest du die Stellung noch füreine Weile halten? Ich bin gleich zurück.» Und noch bevor Joanna Einwände vorbringen konnte, schnappte sich Flick ihre Jacke und lief zur Tür.
Es dauerte wieder mal ewig, um zu Georgies Haus zu gelangen, und noch viel länger, dort einen Parkplatz zu finden. Verdammtes London! Irgendwann würde die ganze Stadt zum Stillstand kommen, und die gesamte Bevölkerung würde in einem ewig andauernden Stau stecken bleiben.
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