Die Rache-Agentur
in den Schatten. «Dort – das ist es. Ich war ein paar Mal mit Ed und seinen Kollegen hier.» Sie zitterte, obwohl es nicht sehr kalt war. «Ich kann nicht glauben, dass ich das mache.»
«Wir
müssen
das nicht tun. Wenn du nicht willst, können wir auch nach Hause gehen.»
«Nein.» Georgie drehte sich zu ihrer Freundin um und sah, wie sich der Mond in ihren Augen spiegelte. «Ich muss es wissen. Ich muss wissen, womit ich es hier zu tun habe. Ich bin mir sicher, dass ich weiß, ob es etwas Ernstes ist oder nicht, sobald ich die beiden zusammen sehe.»
Flick hielt ihre Armbanduhr ins Licht. «Vielleicht sind sie schon da.»
«Das bezweifle ich. Ed ist nicht besonders pünktlich. Zumindest bei mir nicht.» Georgie kam plötzlich der Gedanke, dass sie sich vielleicht verspäteten, weil sie vorher in einem Hotel oder bei ihr gewesen waren. Sie spürte, wie ihr übel wurde.
Aus der Gasse, die auf der anderen Seite zum Platz führte, hörten sie Stimmen. Georgie suchte im Dunkeln nach Flicks Hand, als sie Eds Lachen erkannte. Es klang vertraut, scherzend. Und da waren sie. Nur die beiden. Ed. Ihr Ed und eine Frau, die in ihren Stöckelschuhen größer war als er. Sie gingen nebeneinander her. Wenn auch nicht sehr nah. Sie berührten sich nicht einmal. Sie hatte sich hübsch gemacht und trug eine Art dunkle Stola um die Schultern. Schöne Beine. Kurzes, blondes Haar. Sie wirkte ziemlich schlank und nicht sehr viel jünger als Georgie. Vielleicht war sie sogar älter. Für einen kurzen Moment dachte Georgie, dass alles in Ordnung war. Sie spürte, wie sie sich entspannte. Doch dann geriet die Frau auf den unebenen Pflastersteinen ins Stolpern und fasste Ed hilfesuchend an die Schulter. Stützendlegte er ihr eine Hand auf den Rücken. Georgie fühlte einen derart heftigen Stich in der Brust, dass sie glaubte, sterben zu müssen.
Flick zog sie weg. Doch Georgie konnte nichts sehen, weil sie schon wieder weinte. Sie hatte das Gefühl, ersticken zu müssen. Hier, auf offener Straße.
Flick spähte durch die Windschutzscheibe nach draußen und konzentrierte sich auf die Straße. Im Auto herrschte Schweigen, und Georgie starrte unverwandt geradeaus, ohne etwas wahrzunehmen. Sie war geblendet vom Schmerz, Ed so gesehen zu haben.
Flick wusste nicht, was sie sagen sollte. Sie hatte Georgie buchstäblich zum Auto geschleppt, doch in ihrem Kopf wollten sich einfach nicht die richtigen Worte zusammenfügen. Sie wollte Georgie in einen Mantel aus Sicherheit wickeln und ihr die Qualen nehmen, die die Bilder von eben in ihr auslösten. Am liebsten würde sie Ed direkt konfrontieren, doch sie hatte Angst vor den Dingen, die sie ihm vielleicht antun könnte. Und sie wollte die Schmuckkette vom Hals dieser Frau reißen und sie damit erwürgen – jene Kette, die Ed in Händen gehalten hatte, als sie sich vor Weihnachten bei D’Altons getroffen hatten. So lange lief die Affäre also mindestens schon.
Doch am liebsten wollte Flick die laute Stimme in ihrem Kopf abstellen. Du Heuchlerin, schrie sie. Sie war eine Heuchlerin, denn auch sie hatte in den Armen eines Mannes gelegen, der einer anderen Frau gehörte. Sie hatte gewusst, dass John verheiratet war, doch sie hatte nicht einen Gedanken daran verschwendet, welchen Schmerz sie der anderen Frau vielleicht zufügte.
Der Heimweg zu Georgies Haus verging wie im Flug. Jede Ampel war grün, und Flick überkam eine wachsende Panik, dass Georgie vielleicht nicht genug Zeit gehabt hatte, sichausreichend zu erholen und die Maske der Normalität aufzusetzen, die sie brauchte, um Libby zu begegnen.
«Möchtest du noch etwas trinken gehen?», fragte sie schließlich, als sie ihren Stadtteil erreicht hatten.
Georgie klapperte mit den Zähnen. «Nein danke», murmelte sie, und noch bevor Flick den Wagen angehalten und sie hatte fragen können, ob sie Gesellschaft wollte, war Georgie bereits nach draußen gestolpert und hatte die Tür hinter sich zugeschlagen. Flick sah ihr nach, wie sie sich gebeugt die Treppe zur Haustür hochschleppte, mit ihrem Schlüssel herumfummelte und schließlich die Tür hinter sich schloss.
Drei Tage vergingen, als wäre nichts geschehen. Sie hatten so viel zu tun, dass sie tagsüber keine Zeit fanden, sich auszutauschen. Um Punkt halb sechs verließ Georgie das Büro, und zwar immer dann, wenn Flick am Telefon war, damit es keine Möglichkeit gab, sich zu unterhalten. Aber Flick legte es auch nicht darauf an. Sie wusste, dass Georgie auf Tauchstation
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