Die Rache-Agentur
sagte sie achselzuckend.«Aber wenn ich mir seine Sachen so ansehe, ist es, als hätte ich die ganze Zeit nicht gewusst, wer er wirklich ist. Ich ging davon aus, er sei der Mensch, den ich in ihm sehen wollte, und ich habe mir nicht die Mühe gemacht, länger darüber nachzudenken. Ich war so beschäftigt, glückliche Familie zu spielen, dass ich die Zeichen nicht erkannt habe.»
Flick schnalzte laut mit der Zunge. «Hör jetzt auf! Du fängst schon wieder an! Immer gibst du dir die Schuld für alles. Er hat dich angelogen, Georgie. Vielleicht schon seit Jahren. Hör endlich auf, dir die Schuld dafür zu geben! Du bist nicht für alles verantwortlich, was in deiner Familie passiert, weißt du? Unter dem Strich sieht es doch so aus: Du hast deinen Teil der Abmachung erfüllt und er nicht. Er ist ein Betrüger. Er ist genauso wie all die anderen Typen, an denen wir uns gerächt haben. Und du hast doch bisher keiner ihrer Frauen die Schuld gegeben oder? Keine der Frauen, von denen wir einen Racheauftrag angenommen haben, hast du verdächtigt, schuld an dem Verhalten ihrer Männer zu sein. Warum legst du bei dir andere Maßstäbe an?»
Georgie nahm die Teetasse in die Hand und atmete den duftenden Dampf ein, der daraus aufstieg. «Du hast recht. Und ich weiß das. Du hast absolut recht. Es fällt mir nur so schwer, mich immer wieder daran zu erinnern.»
Eine Zeit lang schwiegen sie, und die beiden blickten sich im Café um, während sie an ihren Getränken nippten. Schließlich sagte Flick, was ihr im Kopf herumging. «Willst du dich an ihm rächen?»
Georgie lief ein Schauer über den Rücken, und sie schüttelte den Kopf. Dafür war sie zu verletzt. Sie war voller Selbstzweifel. Besäße sie überhaupt den Mut zu sagen, dass sie alles wusste, wenn Ed in dieser Sekunde vor ihr stünde? Vielleicht war das der Grund dafür, dass ihr neuer Geschäftszweig so florierte. Sie und Flick waren zwei Racheengel, die losgelöstvon den alltäglichen Details der Fälle, mit denen sie zu tun hatten, ihre bislang harmlosen Racheakte verüben konnten, ohne emotional darin verwickelt zu sein.
«Nein. Ich möchte, dass mein Leben wieder so wird, wie es war.»
Kapitel 13
«Ach, du liebe Güte!» Flick schnappte nach Luft. Sie hatte sich nicht die Mühe gemacht, auf YouTube zu gehen, seit Georgie das Video mit ihrem Auftritt dort veröffentlicht hatte. Teils lag es daran, dass andere, wichtigere Dinge zu erledigen gewesen waren, teils hatte sie keine Lust gehabt, sich noch einmal beim Hüftkreisen zusehen zu müssen. Aber an diesem Abend hatte es nichts Lohnendes im Fernsehen gegeben, abgesehen von einem dreiteiligen Thriller, von dem sie die ersten beiden Teile verpasst hatte. Und so hatte sie das gefährliche Spiel namens «Suchen wir doch mal im Internet nach Schuhen» begonnen, gestärkt durch ein Glas Wein, das sie in der Hand hielt. Sie war bereits
kurz
davor gewesen, ein Paar Louboutins bei eBay zu ersteigern – denn wenn sie es nicht tat, würde ihr irgendein Transvestit mit ähnlich großen Füßen zuvorkommen –, doch um sich und ihre Kreditkarte zu schonen, war Flick zögerlich auf YouTube gegangen.
Viereinhalbtausend Aufrufe. Flick zuckte zusammen, wenn sie daran dachte, dass so viele Menschen sie im Bikini gesehen und beobachtet hatten, wie sie ihren Unterleib vor dem Gesicht eines dicklichen Bürohengsts mittleren Alters kreisen ließ. Doch dann kicherte sie. Die gute alte Georgie. Sie hatte ihren Job wirklich gut gemacht, als sie den Link zu diesem unglückseligen Video an jeden Kontakt in Jacksons Adressbuch verschickt hatte. Und von diesen Kontakten musste wohl jeder den Link wiederum an sein Adressbuch gemailt haben. O Wunder des Internets! Bis morgen war sicher alles vergessen, und die Leute würden sich wieder Clips von süßenHundebabys und entsetzlichen Autounfällen ansehen. Wie wankelmütig die Welt doch war.
Das Telefon klingelte. Flick schloss den Browser und hob ab.
«Hallo, Schätzchen.» Ihre Mutter klang an diesem Abend besonders gut gelaunt. «Wie schön, deine Stimme zu hören.»
«Ebenfalls, Mum. Was macht dein Knie?» Als Flick am Wochenende bei ihr gewesen war, hatte sie gehumpelt. Sie hatte sich das Knie verdreht, als sie über einen Stapel Zeitungen im Flur gefallen war.
«Alles bestens. Hör zu, ich habe mich gefragt, ob du mich am Freitagabend irgendwo absetzen könntest.»
«Ist dein Auto schon wieder in der Werkstatt?», fragte Flick seufzend. Das Ding war eine Rostlaube und reif
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