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Die Rache der Engel

Die Rache der Engel

Titel: Die Rache der Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Javier Sierra
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auch unsere Operation an Land beeinträchtigen?«
    Die Stimme des Kapitäns klang sehr ernst.
    » Nein, Sir. Die Landung kann sofort stattfinden, wenn Sie es wollen. Weder das Kommunikationssystem noch die Schotten sind betroffen.«
    » Hervorragend«, sagte der Kapitän. » Dann geben Sie den Befehl.«
    Acht Minuten nach diesem kurzen Gespräch trieb die Besatzung der Sirena de Lalín auf den Resten ihres Schiffes dahin, während sie sprachlos beobachtete, wie sich mit einem dumpfen Surren eine Ausstiegsluke der USS Texas öffnete und ein Motorboot freisetzte, in das sechs Männer sprangen, die mit kompakten M 4 A 1 -Karabinern, Granatwerfern sowie Helmen mit elektronischen Visieren ausgerüstet waren.
    Keiner dieser Männer schenkte den Schiffbrüchigen auch nur einen mitleidigen Blick. Sie legten mit ihrem Boot zügig ab und verloren sich schnellstens Richtung spanische Küste, ungeachtet der Verwünschungen und Beschimpfungen in einer Sprache, die sie nicht verstanden.

63
    Artemi Dujok verließ für einen Augenblick die Kirche Santa María a Nova, um den Männern, die draußen Wache standen, einige Anweisungen zu erteilen. Ich brauchte ihre Sprache gar nicht zu verstehen, um mir vorstellen zu können, was er ihnen auftrug: Sie sollten alle ihre Waffen an sich nehmen, den Helikopter benachrichtigen und unsere Rückkehr vorbereiten. Die Arbeit in Noia war getan.
    Zum Glück war die Operation sauber, erfolgreich und schnell verlaufen. Wir hatten keine Schäden an der historischen Anlage angerichtet– außer den beiden geknackten Schlössern, die sich problemlos reparieren ließen–, und es war offensichtlich, dass sie es mit ihrer Bewaffnung etwas übertrieben hatten. Vor allem wenn man Dujoks verhängnisvolle Diagnose über den einzigen » Gegner« berücksichtigte, der uns hätte aufhalten können: Colonel Allen.
    Ich weiß, es klingt merkwürdig, aber in dem Augenblick befand ich mich zum ersten Mal seit Stunden mit mir selbst in Frieden. Ich war erschöpft von der Anstrengung. Das Hin und Her, die Nervenanspannung sowie die Unsicherheit über Martins Verbleib hatten fast alle meine Kräfte aufgezehrt. Doch da sich nun das Panorama allmählich zu klären begann, verabreichte mir mein Gehirn die ersten Endorphinstöße des Wohlgefallens.
    Inmitten dieses plötzlichen Glücksgefühls erinnerten mich Dujoks Worte, mit denen er sich als Martins » Meister« bezeichnete, an eine Situation vor mehreren Jahren in London. Es war in der aufregenden Zeit nach unserer Hochzeit, in der es zu so vielen Vertraulichkeiten kam. Eine der wenigen Begebenheiten, die Martin mir aus seiner Vergangenheit anvertraute, hatte sich im Norden der Türkei abgespielt, nicht weit entfernt von der Stelle, zu der wir bald reisen sollten. Es geschah an dem Tag, an dem Martin seinen eigenen » Scheich« kennenlernte. Dieser Begriff kommt aus dem Arabischen und bedeutet » Beschützer« oder » Weiser«, was ich erst jetzt in seiner Tragweite zu verstehen begann.
    Diese Freundschaft nahm ihren Anfang an dem Tag, an dem Martin gegen seinen Willen in eine unwirtliche Landschaft verschleppt wurde und seinen Reisegefährten verlor. Sein Kollege, so erzählte Martin, war ein tougher, widerstandsfähiger Typ, den er bei einem heftigen Sturm aus den Augen verlor. » Du weißt schon«, hatte mir Martin berichtet, » eines dieser heftigen Unwetter, zu denen es nur in einer gewissen Höhe kommt und die immer Unglück mit sich bringen.« Doch die Frage, ob sein Kollege damals tatsächlich starb oder nicht, blieb für Martin immer ungelöst. » Chérie, das war wirklich kein gewöhnliches Unwetter.« Martin erzählte, dass es ohne jede Vorwarnung über sie kam, wie die graue, undurchdringliche Wand, die plötzlich aus der Tiefe der Erde vor ihnen aufstieg. Als mein Mann das Unwetter beschrieb, stand ihm immer noch der Schrecken ins Gesicht geschrieben. Seit dem Vorfall waren viele Jahre vergangen, aber Martin durchlebte ihn immer wieder in heftigen Alpträumen. Allein die Erinnerung daran brachte ihn zum Zittern. Dies war der Tag, so erläuterte mir Martin, an dem ihm die Welt zum ersten Mal völlig unbegreiflich vorgekommen war, und ganz und gar fremdartig. Und dann vertraute er mir sein » Geheimnis« an.
    Er erzählte mir, dass ihn inmitten dieses Chaos ein paar starre Stahlarme unter den Achseln anhoben und ohne jede Rücksichtnahme hin und her warfen. Doch er hatte in der ganzen Umgebung weder Maschinen noch etwas anderes gesehen, das diese

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