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Die Rache der Engel

Die Rache der Engel

Titel: Die Rache der Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Javier Sierra
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Heftige Gewissensbisse überfielen mich. Wieso war ich nur so dumm gewesen? Wie konnte ich ihn allein diese Reise unternehmen lassen? Erinnerungen an unseren letzten Streit blitzten in meinem Gedächtnis auf. Kurz bevor er den Flieger nach Van nahm, nicht weit vom Ararat entfernt. Ich hatte ihm vorgeworfen, dass er mich seit fünf Jahren für seine Experimente benutzte, und daraufhin angekündigt, dass ich bei keinem einzigen mehr mitmachen würde. » Nicht einmal aus Liebe?«, hatte er gefragt, von meiner Wut überrascht. » Selbstverständlich nicht!« Jetzt aber fing ich an, meinen Wutausbruch zu bedauern. Hatte womöglich ich ihn in diese Situation hineinmanövriert?
    » Zuallererst möchte ich Ihnen mitteilen, dass sich eine terroristische Vereinigung zu seiner Entführung bekannt hat«, erläuterte Allen, ohne auf meinen Zustand weiter einzugehen. » Und zwar die Arbeiterpartei Kurdistans, eine Untergrundorganisation mit marxistischer Ausrichtung, die die türkische Regierung seit Jahrzehnten bekämpft. Aber ich habe auch eine gute Nachricht für Sie«, sagte er lächelnd. » Diese Leute haben eine lange Vorgeschichte mit entführten Bergsteigern, und die meisten von ihnen konnten befreit werden. Die weniger gute Nachricht, Mrs Álvarez, hingegen ist, dass dieses Verbrechen mit einer erstaunlichen Präzision begangen wurde. Sie haben keinerlei Spuren hinterlassen. Nicht einmal unsere Satelliten konnten sie aufspüren.«
    » Satel… liten?«, stammelte ich fassungslos.
    » Als letztes Mittel wendet sich meine Regierung an Sie.« Der Amerikaner lächelte wieder milde. » Bevor er Sie kennenlernte, arbeitete Ihr Ehemann in unserem Land an äußerst bedeutenden Projekten. Er verfügt über sensible Informationen, die nicht in fremde Hände geraten dürfen. Deshalb bin ich hier. Ich möchte Ihnen helfen ihn wiederzufinden, aber Sie müssen auch uns helfen. Verstehen Sie?«
    » Nein… Ich weiß nicht recht.«
    Eine Lawine verschiedenster Gedanken raste durch meinen Kopf. Martin hatte mit mir niemals sonderlich viel über seine Zeit in Washington gesprochen. Eigentlich hatte er diese Phase seines Lebens kaum berührt. Als ginge es dabei um eine ehemalige Geliebte, und als wäre es sozusagen politisch nicht korrekt, mit der Ehefrau über sie zu sprechen.
    Doch dann gab Nicholas Allen dem Gespräch eine Wendung, die mich noch mehr verblüffte.
    » Ich möchte, dass Sie sich den Film zu Ende ansehen, Mrs Álvarez.«
    » Wie bitte?«
    » Bitte, glauben Sie mir, ich zeige Ihnen das nicht, um Sie zu quälen, sondern damit Sie uns helfen eine Botschaft zu deuten, die Ihnen Ihr Mann schickt.«
    » Mir? Mit dem Film?«
    Meine Hände begannen zu zittern.
    » Ja, Ihnen. Möchten Sie sie nicht sehen?«
    Der Bildschirm leuchtete wieder auf und tauchte unsere Ecke des Cafés in Blautöne. Der Oberst drückte auf den Vorlauf, bis die Aufzeichnung bei der siebten Minute stehen blieb. Ich hielt mir mit beiden Händen den Unterleib, als könnte ich mit dieser Geste meine Gefühle beherrschen. Oberst Allen stellte das Bild so scharf wie irgend möglich. Als ich wieder Martins ausgemergeltes, starres Gesicht vor mir hatte, bereitete ich mich innerlich auf das Schlimmste vor.
    Dann hörte ich zunächst eine Männerstimme, die Englisch mit einem harten Akzent sprach.
    » Sagen Sie Ihren Namen!«
    Die Stimme klang wütend und kam von einer Person, die nicht auf dem Bildschirm zu sehen war.
    » Haben Sie mich nicht verstanden?«, insistierte die Stimme. » Sagen Sie Ihren Namen!«
    Martin hob den Blick, als hätte er endlich begriffen.
    » Mein Name ist Martin Faber. Ich bin Wissenschaftler…«
    » Möchten Sie Ihren Angehörigen eine Nachricht übermitteln?«
    Mein Mann nickte. Sein Bewacher redete weiter und sprach, als wäre er einer der Russen in Jagd auf Roter Oktober. Martin blickte wieder finster in die Kamera, und so als hätte man diesen Moment exklusiv für mich aufgezeichnet, sagte er schließlich: » Julia. Tal vez no volvamos a vernos… Si no salgo de ésta, quiero que me recuerdes como el hombre feliz que encontró su complemento a tu lado…«
    Eine Träne rann über meine Wange. Ich sah, wie Martins Hände nach dem Beweis für unsere Liebe griffen. Nach dem Gegenstand, mit dem unser Leben einen– zumindest für mich– unerwarteten Sinn erhalten hatte. Er sagte, zwischen kleineren Interferenzen, mit zittriger Stimme: » …Si el tiempo dilapidas, todo se habrá perdido. Los descubrimientos que hicimos juntos. El mundo

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