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Die Rache der Engel

Die Rache der Engel

Titel: Die Rache der Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Javier Sierra
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Ereignis hatte Québec ins Dunkel getaucht und an Satelliten und Stromnetzen Schäden in Höhe von mehreren Millionen Dollar verursacht. Und auch beim Unglück des Öltankers Exxon Valdez, der vor Alaska 37 000 Tonnen Rohöl verloren hatte, hatte die Sonneneruption womöglich einen Ausfall des Navigationssystems ausgelöst. Wenn, wie der Präsident sagte, derzeit weitere Steine » sprachen«, war das eine ernst zu nehmende Sache. Bollinger wusste, dass die Sonne mit jedem Niesen Billionen Tonnen Plasma ins All schleuderte. Bei einer Geschwindigkeit von 1500 Kilometern pro Sekunde– zwei Millionen Meilen pro Stunde– würde es zwei bis drei Tage dauern, bis die Masse die Erde träfe. Darauf sollte man keinesfalls unvorbereitet sein.
    Dringend, tippte er in die Tastatur. Haben Sie in den letzten Stunden eine CME registriert?
    Diese drei Buchstaben versetzen Bollinger in tiefe Besorgnis. CME , Coronal Mass Ejection, koronaler Massenauswurf. Die schlimmstmögliche Reaktion, die der Stern, der unserer Welt am nächsten liegt, zeigen konnte.
    Nun konnte er bloß noch abwarten.

85
    Mein Kopf war kurz vorm Platzen.
    Nach sieben Stunden und 40 Minuten Flug– immer begleitet von dem monotonen Geräusch der Rotorblätter und schrillen Warntönen, sobald wir durch ein Gebiet mit Radarüberwachung flogen– drohte meine körperliche Widerstandsfähigkeit von einem zum nächsten Moment zu erliegen. Zum Glück erreichten wir unser Ziel im äußersten Nordosten der Türkei, bevor es dazu kam. Der Helikopter landete an einem nicht näher bezeichneten Ort, ohne dass ich das Landemanöver richtig mitbekam– meine Neuronen waren nicht in der Lage, auch nur ein einziges weiteres Bit an Informationen zu verarbeiten, und ich sehnte mich bloß noch danach, in einem richtigen Bett zu schlafen.
    » Auf geht’s, gleich sind wir da!«, munterte Artemi Dujok mich auf, als wir aus dem Helikopter stiegen.
    Es war schon tiefe Nacht in der Türkei. Eine schwarze, kalte, mit Sternen übersäte Nacht. Ich bewegte mich am Ende der Gruppe wie ein Zombie, stolperte fast über meine eigenen Füße und nahm die Stöße des eisigen, trockenen Windes, die mein Gesicht peitschten, kaum wahr.
    Dujoks Rechner zufolge lag unser Ziel keine 300 Meter entfernt. Es sah aus wie ein bodenloser Krater!
    Er war erschreckend.
    Trotz meiner Benommenheit erinnerte ich mich durchaus an den Moment, in dem ebendieses verdammte Loch zum ersten Mal in Noia auf Dujoks Bildschirm erschienen war, als er die Position von Martins Adamanten ortete. Der Armenier hatte mir damals auch erklärt, dass das der Hallaç-Krater war. Aber mich nun, noch dazu in der Dunkelheit, so nahe an dessen schroffen Rändern zu wissen, versetzte mich trotz der Nachtsichtbrillen und der Schutzkleidung, mit der man mich ausgestattet hatte, in große Unruhe– wie auch nicht: Das Loch war an die 40 Meter tief. Es bildete eine perfekte Ringstruktur, deren steile Wände von der Hitze gesintert waren. Wie zum Teufel sollten wir dort mit heiler Haut hinunterkommen?
    » Wenn wir in diesen Krater gehen, dann kann ich nicht…«, flüsterte ich Dujok zu, während ich mich schon aufs Schlimmste gefasst machte.
    » Wir gehen nicht in den Krater, Mrs Faber, sondern zu dem Gebäude daneben. Martins Signal ist von dort gekommen.«
    » Von… dem Gebäude da?«
    Auch diese neue Aussicht erschien mir nicht sonderlich verlockend. Tatsächlich, etwa 100 Meer von unserer Position entfernt lag an einer sanfteren Böschung eine imposante befestigte Anlage, die aber schon seit längerem verlassen zu sein schien. Trotz der Dunkelheit konnte man an den Mauern Schadstellen erkennen, die mir wie Einschusslöcher vorkamen. Ich bin für solche Fragen wahrlich keine Expertin, doch bei meinen Restaurierungsarbeiten war ich zuweilen auf ähnliche Beschädigungen gestoßen: Der Spanische Bürgerkrieg hatte viele Pfarrkirchen in Galicien durchsiebt zurückgelassen.
    » Aber was machen wir, wenn Martins Entführer dort auf uns warten?«, flüsterte ich Dujok zu, während ich meine Schritte beschleunigte.
    » Überlassen Sie das uns, Mrs Faber. Sie werden uns keine Probleme bereiten«, entgegnete er.
    » Ach nein?«
    » Nein.« Selbstgewiss brachte Dujok mich zum Schweigen.
    Der Armenier, seine beiden bewaffneten Männer, Ellen Watson und ich hatten das Gebäude bald erreicht. Das Anwesen bestand jedoch, wie sich nun zeigte, nicht nur aus einem einzigen Bauwerk. Das Hauptgebäude lag vielmehr inmitten mehrerer kleinerer Häuser, die

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