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Die Rache der Engel

Die Rache der Engel

Titel: Die Rache der Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Javier Sierra
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stehen mit verschiedenen Familien in Zusammenhang. Sie könnten so etwas wie primitive heraldische Wappen sein. So etwas Ähnliches wie Brandzeichen, mit denen man Vieh markiert und deren Ursprünge uns wiederum in prähistorische Zeiten führen würden.«
    » Das ist etwas allgemein.«
    » Sie haben recht. Aber viel mehr gibt es dazu nicht zu sagen.«
    » Und was ist mit dem Zeichen, das ich Ihnen gezeigt habe?«, fragte der Polizist zögerlich. » Wissen Sie, zu welcher Familie es gehören könnte? Oder aus welcher Zeit es stammt?«
    Figueiras sah erwartungsvoll zu dem Dekan, während dieser den Band zuklappte.
    » Ich glaube, ich weiß, worauf Sie mit Ihrer Frage hinauswollen, Señor Figueiras. Aber ich fürchte, dieser Weg führt Sie nur in eine Sackgasse.«
    » Aber erkennen Sie es oder nicht?«, fragte der Polizist nach.
    » Das Zeichen, für das Sie sich so interessieren, ist eine etwas komplexer gestaltete Form des ältesten Zeichens, das in Noia aufbewahrt wird. Es ist eine absolute Rarität. Insofern ist es das Zeichen, von dem wir am wenigsten wissen. Aber falls Ihnen das weiterhelfen sollte, man hält es dort für eine Darstellung des Patriarchen Noah.«
    » Noah?«
    Die Falten im Gesicht des Dekans umspannten wieder markant dessen forschenden Blick. » Wissen Sie was? Jetzt, wo ich darüber nachdenke, haben Sie in diesem Zeichen vielleicht den Grund, warum Julia Álvarez und Martin Faber in die Türkei verschleppt wurden.«
    » Den Grund? Welchen Grund denn?«
    Pater Fornés war am Verzweifeln. Dieser Typ von der Polizei war einfach zu dumm.
    » Hat man Ihnen denn in der Schule nicht beigebracht, dass Noah mit seiner berühmten Arche auf dem höchsten Berg der Türkei aufsetzte? Haben Sie noch nie etwas vom Berg Ararat gehört, Inspector Figueiras?«
    » Ich habe den Religionsunterricht nie gemocht, Padre Fornés.«

91
    Daniel Knights Vorhersagen erfüllten sich haargenau.
    So wie er uns angekündigt hatte, weckte er uns kurz vor dem Morgengrauen. Er forderte uns freundlich auf, die Bergsteigerkleidung anzuziehen, die er für uns vorbereitet hatte, und verabredete sich mit uns in einer halben Stunde zum Frühstück. Ellen und ich gehorchten ihm ohne zu mucksen. Noch schlaftrunken nach unserem Gespräch in der improvisierten Zelle über Cargo-Kulte und über die Eigenschaften von Engeln, hüllten wir uns in voluminöse Thermoanzüge– laut Etikett mit Bleifaserausrüstung–, dicke Wollstrümpfe und schwere Bergstiefel und folgten ihm.
    Schon etwas wacher frühstückten Ellen und ich Obst mit Jogurt, Käse, Honig und Trockenfrüchte. Gleich darauf gelangten wir, noch im Dunkeln, aber von der ersten eiskalten Brise des Tages putzmunter, unter der Aufsicht einer Gruppe Männer, die wir bislang noch nicht gesehen hatten, zu der Sikorsky. Sie alle waren derbe Typen, mit sonnenverbrannten Gesichtern unter Turbanen mit Goldstickerei, und sie trugen alte Galabijas. Ihre AK - 47 hatten sie geschultert, und aus dem, was wir hörten, schlossen wir, dass sie kein Wort Englisch verstanden.
    » Meine Damen, beeilen Sie sich!«, drängte uns Artemi Dujok von der Tür des Helikopters aus. » Das wird heute ein wichtiger Tag!«
    Ich blickte missmutig zu ihm. Es fiel schwer, mir einzugestehen, dass Martins Meister mich dermaßen getäuscht hatte, bloß um mich hierher zu bringen.
    Der Armenier hingegen wirkte glücklich. In seinem Universum war alles perfekt. Er hatte den Adamanten, den heiligen Tisch… und mich. Hunderte Kilometer von irgendeinem Ort entfernt, an dem ich um Hilfe hätte bitten können, war ich ihm auf Gedeih und Verderb ausgeliefert.
    Unser Flug währte nur kurz.
    Keine 30 Kilometer vom Hallaç-Krater entfernt befand sich das letzte Basislager unterhalb des Großen Ararat. Es lag auf 4200 Metern Höhe, unter einer Schneedecke begraben, aus der kaum die Zacken des Basaltgesteins herausragten. Dujok wirkte weitaus entspannter als am Vorabend und erklärte uns, dass wir uns mit dem Helikopter mehr als zwei Tage Aufstieg erspart hatten. Zudem mussten wir so auch nicht schon auf 2000 Höhenmetern die Steigeisen unter unsere Stiefel montieren und die Böen aus Wind, Regen und Pulverschnee ertragen, die zu der Jahreszeit den Aufstieg zu einer wahren Qual gemacht hätten.
    » Von hier aus ist der Weg zur Arche nicht mehr schwer«, versprach er, um uns zu beruhigen. Aber es gelang ihm nicht.
    An einer mehr oder weniger flachen Seitenflanke des Ararat gelegen, war das Basislager der Inbegriff der Verlassenheit.

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