Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Rache der Engel

Die Rache der Engel

Titel: Die Rache der Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Javier Sierra
Vom Netzwerk:
Allen! Es ist fast halb sechs Uhr morgens, spanische Ortszeit. Wissen Sie, wie spät es in Washington ist?«
    Der Agent schluckte.
    » Halb zwölf Uhr nachts«, schnaubte Owen. » Wo zum Teufel haben Sie die letzten Stunden gesteckt, Colonel Allen?«
    Der abgebrühte Oberst gab keine Antwort. Er war erstarrt. Er war dreckig. Und sein Mund war trocken.
    » Geben Sie mir Ihre Koordinaten, Allen. Ich bin auf dem Weg in ein Meeting und muss Sie geortet haben.«
    » Scheiße…«, knurrte Allen auf der Suche nach einer Stütze.
    Beim Versuch aufzustehen, rutschte sein linker Arm ab.
    » Mir scheint, die anderen haben gewonnen, Sir«, jammerte er.
    » Wie bitte?« Mehrere Sekunden lang verstummte die Stimme am anderen Ende der Leitung. » Was wollen Sie damit sagen, Colonel Allen?«
    Der Agent richtete sich schwerfällig auf, wobei er gegen die Übelkeit ankämpfen musste, die in Wellen aus seinem Magen aufstieg. Auch dort spürte er einen stechenden Schmerz.
    » Ihre Freunde, Sir«, brachte er mühsam hervor und verlieh seinen Worten einen feinen ironischen Unterton, der seinem Vorgesetzten keineswegs entging, » Ihre alten Freunde sind hier gewesen. Und sie haben Fabers Frau mitgenommen.«
    » Aber wer zum Teufel…?«
    Owen brachte den Satz nicht zu Ende. Die Lithiumbatterie im Handy seines Agenten in Spanien war leer. Doch der Leiter des mächtigsten Geheimdienstes der Erde wusste, was er zu tun hatte. Er würde seine Leute in der Botschaft in Madrid benachrichtigen. Sie würden sich darum kümmern, Colonel Allen zu finden. Und zwar sofort.

37
    Ich habe niemals erfahren, wie viel Zeit ich auf der anderen Seite verbrachte. Nicht einmal, warum ich noch einmal in den Abgrund gestoßen wurde, in dem sich das Licht befand, das ich schon einmal durchschritten hatte. Ich weiß nur– und diese Erinnerung wird mich begleiten, solange ich ein Gedächtnis besitze–, dass es mir schlecht ging, als ich in meinen Körper zurückkehrte. Sehr schlecht. Plötzlich war die Gelassenheit dahin, die ich anfangs gespürt hatte. Die ersten Sekunden bereiteten mir eine unbeschreibliche Angst.
    Ich spürte eine Detonation im Kopf. Ich glaube, das führte zu meiner Rückkehr ins Leben. Es durchzuckte mich der Länge nach, alle Muskeln spannten sich an. Aber das war nur der Anfang. Danach schienen mich Millionen Nadeln zu durchdringen. Und dann kamen die Lungen an die Reihe. Sie blähten sich immer weiter auf, ohne dass ich etwas dagegen ausrichten konnte. Und mit jedem hektischen Einatmen durchfuhr mich ein brennender Schmerz.
    Ich betete darum, wieder zu sterben. Nichts mehr zu spüren. Aber vergebens.
    Ich weiß nicht, wie lange diese Qual anhielt. Richtig ist, dass ich, noch bevor sie aufhörte, wusste, dass ich noch am Leben war. Dass ich zurückgekehrt war. Dass ich wieder kämpfen musste.
    Idiotische Gedanken wechselten einander in rascher Folge ab, doch nur einer hielt sich: das letzte Bild, das ich registriert hatte, ehe man mich » abschaltete«. Das Bild, das ich in der Sekunde gesehen hatte, als ich starb und in einen Abgrund der Erinnerungen stürzte. Es war das Profil des Mannes, der einzig deswegen nach Santiago gekommen war, um mir zu berichten, dass man Martin in der Türkei entführt hatte und dass seine Häscher hinter mir her waren. Seiner Meinung nach wollten sie mir etwas entreißen, doch ich wusste nicht einmal, wo dieser Gegenstand war.
    » Den Stein von John Dee.«
    Der verdammte Stein.
    » Der Stein, mit dem man die Engel anruft.«
    Ohne vorerst die Augen aufzubekommen, fuhr ich mir mit den Händen durch die Haare und zerzauste sie. Diese Angewohnheit hatte ich von meiner Großmutter geerbt. Wenn ich mir über den Kopf fuhr und mit den Fingern mein Haar kämmte, bekam ich mich normalerweise rasch wieder unter Kontrolle. Nur diesmal half es nicht. Ohne eine Dusche und ein ordentliches Frühstück bestand kaum die Aussicht, dass ich wieder klar würde denken können. Doch genau das wollte ich, und zwar schnell.
    Also gab ich endlich den Befehl. Und öffnete die Augen.
    Heiliger Himmel!
    Ich weiß nicht, was mich mehr erschreckte: festzustellen, dass ich nicht mehr in dem Café war, oder zu entdecken, dass mich jemand aufrecht hingesetzt und an eine Rücklehne gefesselt hatte, von der aus ich nur eine Wand aus dicken und dunklen Wolken sah.
    Eine Hand bewegte sich vor meinen Augen hin und her.
    » Geht es Ihnen gut? Ist Ihnen schwindelig?«, fragte ein Geist. Mir schien, dass er eine Spritze in der Hand hielt.
    Tatsache

Weitere Kostenlose Bücher