Die Rache der Engel
einem Beschuss mit Deltastrahlen darf sich nicht anstrengen.«
» Was wollen Sie von mir?«, erwiderte ich. » Was machen wir hier in dem Hubschrauber? Die Polizei hat gesagt, dass Martin entführt worden ist!«
» Genau deshalb muss ich mit Ihnen sprechen. Haben Sie den Lebensbeweis gesehen, den seine Entführer in Umlauf gebracht haben?«
» Den Clip?«
Dujok nickte.
» Ich habe herausgefunden, was Martin Ihnen darin sagen wollte, Mrs Faber.«
Ich erstarrte.
» Ihr Ehemann war sehr geschickt, er hat Ihnen eine verschlüsselte Botschaft übermittelt. Eine Botschaft, die nur eine Person, die ihn so gut kennt wie seine Ehefrau, enthüllen konnte…«
» Oder auch eine Person wie Sie vielleicht?«, war meine ironische Gegenfrage. » Colonel Allen hat ebenfalls behauptet, Martin zu kennen, er hat sogar gesagt, dass sie Arbeitskollegen gewesen sind. Wo ist er?«
Dujok ging auf meine Frage nicht ein.
» Ja, Mrs Faber. Eine Person wie ich. Ein guter Freund. Jemand, der weiß, dass Sie einen überaus wertvollen Stein besitzen. Und dass wir ihn gemeinsam wiederfinden und Ihren Ehemann retten werden.«
» Wissen Sie denn, wo der Stein ist?«
Der Hubschrauber tat einen kleinen Satz, als er in eine Wolke eindrang.
» Wir kommen in wenigen Minuten an«, sagte er. » Halten Sie sich fest.«
38
Diese Anweisung hatte er nicht erteilt. Da war er sich ganz sicher.
Deshalb wusste Antonio Figueiras, als er wenige Meter über dem Kathedralendach die dunklen Umrisse eines Hubschraubers schweben sah, dass sich noch etwas seiner Kontrolle entzog.
» Entschuldigen Sie mich bitte.« Seine nervöse Hand drückte hastig die von Erzbischof Martos, ehe er ihm den Rücken zukehrte. » Und Sie auch, Padre Fornés. Wegen der Vernehmung rufe ich Sie noch an.«
Ohne sich noch einmal umzusehen, rannte der Polizist los. Wenn er etwas hasste, dann so etwas. Nicht jemandem das Wort abzuschneiden, sondern plötzliche körperliche Anstrengungen. Sein Alter war solchen Exzessen einfach nicht mehr gewachsen. Und seine Lungen auch nicht. Aber wenn er rechtzeitig da sein wollte, um endlich zu erfahren, was zum Teufel hier abging, musste er sich kräftig ins Zeug legen. » Irgendjemand wird hier heute noch sein blaues Wunder erleben«, brummte er. » Ehrenwort.«
Wie ein geölter Blitz schoss er den Abhang vor der Kathedrale hinunter. Doch als er schließlich außer Atem und mit schweißdurchnässtem Hemd die Plaza del Obradoiro erreichte, musste er feststellen, dass dieses Monstrum gar nicht zu seiner Einheit gehörte. Wieso war ihm das nicht vorher aufgefallen? Der Helikopter, der nur wenige Meter von ihm entfernt soeben in die Höhe stieg, war zwei, wenn nicht drei Mal so groß wie der kleine Hubschrauber seiner Einheit. Außerdem war er mit den sonderbarsten Rotorblättern ausgestattet, die er jemals gesehen hatte. Außer dem Heckrotor bewegten sich zwei Hauptrotoren in gegenläufige Richtung. Der Hubschrauber trug weder ein Kennzeichen noch irgendeine Aufschrift– zumindest konnte Figueiras nichts Entsprechendes erkennen– und hatte einen komplett schwarzen Anstrich.
Gegen den Wind gestemmt, den die Rotoren erzeugten, näherte Figueiras sich mühsam dem Streifenwagen, der diesen Platz bewachen sollte.
» Scheiße!«, brummte er, während er zu seiner Waffe griff.
Der Anblick verschlug ihm die Sprache. Die mit Blut bespritzten Schädel der beiden Polizisten lehnten leblos an den Kopfstützen. Beide hatten Einschusslöcher in der Stirn, und aufgrund der Position ihrer Leichen war offensichtlich, dass sie überrascht worden waren. Figueiras zog seine Waffe und schoss gen Himmel, doch sein Ziel war längst außer Schussweite. Er hätte ein Jahresgehalt darauf verwettet, dass der Polizistenmörder der Mann war, für den sie den Haftbefehl ausgestellt hatten, und dass der Mistkerl gerade vor seiner Nase im Hubschrauber flüchtete.
Mit einem völlig außer Kontrolle geratenen Adrenalinspiegel und vom Laufen immer noch außer Atem, wollte er gerade seine Dienststelle anrufen und Verstärkung anfordern, als das Display auf seinem Handy aufleuchtete. Eingehender Anruf.
» Figueiras.«
» Antonio, ich bin’s, Marcelo. Ich hoffe, ich störe dich nicht.«
» Ich kann jetzt nicht mit dir sprechen!«, schnaubte der Polizist, als er die Stimme des befreundeten Juweliers Marcelo Muñiz erkannte. » Ich rufe später zurück.«
» Wie du magst«, willigte sein Gesprächspartner ein.
» Ich wollte dir nur sagen, dass ich deinetwegen die ganze
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