Die Rache der Engel

versetzte. Alle, die nicht an Bord gegangen waren, ertranken, während das gesamte Land von dem Wasser überflutet wurde.
    Sobald das Schlimmste überstanden war, lief der Kasten mit den Überlebenden auf einem Berggipfel auf. Es heißt, dass er an einer Klippe strandete, wobei ein Ende über dem Nichts schwebte. Nach sieben Tagen des Wartens, in denen er nicht wagte, seinen Fuß auf diesen Berg zu setzen, befahl Utnapischtim, das Schiff zu verlassen und alles Festland, das sie entdeckten, neu zu besiedeln. Das war die Geburt, oder besser gesagt die Wiedergeburt, unserer Spezies.«
    Sheila blickte zu Martin und mir.
    » In Wirklichkeit ist diese Geschichte ein Geschenk für euch«, sagte sie dann in einem fast priesterlichen Tonfall zu den Gästen. » Das Paar, das wir heute im ehelichen Bund vereinen, stammt von jenem Seefahrer und dessen Familie ab. Sie sind die Erben der Verbindung von Menschen und Göttern. Diesem heiligen Auftrag Folge leistend, heiraten sie heute, um Enkis Projekt fortzusetzen. Damit die Menschheit auf Erden immer weiter bestehen und ihren Beitrag für die Unsterblichkeit des genetischen Codes der Wächter leisten kann.«
    » Der Zeitpunkt ist also gekommen, in dem der Bund besiegelt wird«, mischte sich Daniel ein, der immer noch aufgeregt neben Reverend Graham stand. » Habt ihr die Steine?«
    Wir beide nickten und übergaben sie ihm. Dann reichten wir uns die Hände.
    » Ihr müsst wissen, dass die Himmelssöhne ihren Frauen solche Steine anvertrauten«, sprach der Okkultist, während er sie in die Höhe hielt, damit alle sie sehen konnten. » Sie waren das Symbol für die Vereinigung zwischen der Welt, aus der sie kamen, also dem Paradies, und der Welt, in der sie leben wollten.«
    » In der Bibel werden ebenfalls oft Steine erwähnt«, fiel der alte Geistliche nun Daniel ins Wort. » Moses erhielt die Zehn Gebote auf zwei großen steinernen Tafeln. Auch der Patriarch Jakob schlief auf einem Stein. Und dieser bewirkte, dass Jakob die Leiter sehen konnte, auf der die Engel zwischen Himmel und Erde auf und nieder kletterten. Eure Steine stammen also aus fernen Zeiten und erfüllen nach wie vor ihre symbolische Funktion als Verbindung zwischen oben und unten.«
    » Father Graham, erinnern Sie sich noch an das, was Jakob sagte, als er die Leiter erblickte?«, merkte Daniel mit einer rhetorischen Frage an: » ›Wie heilig ist diese Stätte. Hier ist nichts anderes als Gottes Haus und hier ist die Pforte des Himmels.‹ Er hat uns damit gesagt, dass sein Stein ein Tor zu dem bis dahin Unsichtbaren geöffnet hat, zu dem Reich des Vaters.«
    Daraufhin fügte Sheila feierlich an:
    » Eure Steine sind also die Schlüssel, um dieses Haus zu betreten. Denkt immer daran und beschützt sie, wenn es sein muss, mit eurem Leben.«
    Der alte Geistliche trat vor seine beiden Gefährten am Altar und forderte uns mit erhobenen Armen auf, aufzustehen. » Der große Moment ist gekommen«, sagte er, die Kontrolle über den Gottesdienst wieder an sich nehmend. » Martin Faber, sag uns vor deinem Verlobungsstein: Nimmst du die Menschentochter Julia Álvarez zur Frau und schwörst, sie vor Widrigkeiten und Unehre zu beschützen, bis ihr die Tage, die das Schicksal für euch bereithält, vollendet habt?«
    Martins blaue Augen funkelten lebhaft. Er nickte und sagte: » Ja.«
    » Und nun zu dir, Julia. Im Angesicht des Steines des Heiligen Bundes nimmst du Martin Faber, den Sohn des Ewigen Vaters, zum Mann und schwörst, an seiner Seite zu bleiben, selbst vor den Feinden des Lichts, und ihm in den dunklen Tagen, die sich nähern, Stütze und Trost zu sein?«
    Ein Schauder lief mir über den Rücken.
    Mir fiel auf, wie eindringlich mich der Geistliche durch seine Brillengläser anblickte.
    » Schwörst du das?«, drängte er.
    » Ich schwöre es.«
    » In dem Fall«, sagte er, während er die Adamanten aus Daniels Hand nahm und über unsere Hände hielt, » nehme ich diese tausendjährigen Steine als Zeugen. Lap zirdo noco Mad, hoath Iaida. Sie werden bezeugen, dass euer Weg gerade und gerecht ist.«
    Bei diesen Worten überreichte er uns mit großer Feierlichkeit die Steine.
    Dies war der erhabenste Moment des Tages.
    Als ich meinen Stein berührte, begann mein Herz zu rasen. Ich spürte, dass der Stein warm war und sich bewegte wie ein Insekt, das verzweifelt versucht, aufzufliegen. ›Mein Gott, er hat ihn aktiviert‹, dachte ich. Aber nichts geschah.
    Der Adamant hörte zu schwirren auf, sobald ich die Finger um