Die Rache der Flußgoetter
»Ich bin dabei, und wenn ich schwimmen muß!«
»Du warst noch nicht auf dem Wasser«, bremste ich ihn.
»Mach keine Versprechungen, die du nicht halten kannst.«
Ich half Cornelia an Bord. »Decius«, flüsterte sie, »du hast den Ruf eines Mannes, der Dinge für sich behalten kann. Man sagt, das sei der Grund, warum Caesar dir in wichtigen Fragen vertraut. Darf auch ich mich auf deine Diskretion verlassen?«
Ich legte eine Hand auf mein Herz. »Bis ins Grab, ehrwürdige Cornelia. «
Der Fährmann paddelte Richtung Palatin davon, und ich lachte herzlich, während ich mit Hermes zu dem anmutigen Tempel hinaufschlenderte.
»Cato und Cornelia! Wer hätte das gedacht? Der reptilienartigste Senator mit dem furchterregendsten Drachen diesseits von Caesars Mutter! Cato hat also doch eine Schwäche!«
»Es ist nicht seine einzige«, bemerkte Hermes. »Er trinkt auch zu viel, wie jeder weiß.«
»Das ist keine Schwäche«, widersprach ich. »Es ist ein Zeichen von Charakter. Nun, ich glaube nicht, daß er mir dadurch sympathischer wird, aber vielleicht verachte ich ihn ein kleines bißchen weniger.« Mit Daumen und Zeigefinger deutete ich Hermes an, wie klein das Bißchen war. Wir erklommen die Stufen zum Tempel. »Wir haben Glück, Hermes! Ich hatte keine Ahnung, daß der Ceres-Tempel überhaupt Gastquartiere hat!«Wie sich herausstellte, hatte der Tempel sogar höchst luxuriöse Gästezimmer, und nachdem ich die Sklaven aus ihrer Nachtruhe geweckt und ihnen Cornelias Zorn angedroht hatte, führten sie uns dorthin und kümmerten sich um unser Wohl.
»O ja, Herr!« zwitscherte der Obereunuche, als er stolz die Zimmerflucht präsentierte, die hinter dem prachtvollen Hauptschiff des Tempels lag. »Wir haben häufig Hohe Priesterinnen und Kammerherrn der großen Tempel in Griechenland und Magna Graecia zu Gast, wo Ceres als Demeter verehrt wird.«
Ich besichtigte die komfortablen Räume. »Und das behalten sie alles für sich, was? Während wir armen Ädilen in den winzigen Büros im Keller schwitzen müssen! Nun, damit ist jetzt Schluß! Bringt uns, was immer ihr an Speisen vorrätig habt, und einen anständigen Wein. Nein, den besten Wein!«
Der entmannte Mann verneigte sich gehorsam. »Sofort, Ädile!«
Wenige Minuten später machten wir uns über einige der besten kalten Speisen her, die man in Rom in jener Nacht kriegen konnte. Wir hatten zwar schon am früheren Abend gegessen, aber wir futterten trotzdem wie Verhungernde. Ein Soldat weiß, daß er sich den Magen vollschlagen muß, wenn er Gelegenheit dazu hat, weil die nächste Mahlzeit Tage entfernt sein kann und er in der Zwischenzeit vielleicht kräftezehrende Kämpfe zu bestehen hat. Ich hatte das starke Gefühl, daß die Dinge sehr schnell und recht bald eskalieren würden, so daß ich gut daran tat, mich zu stärken. Ich nahm mir die Zeit, darüber zu grübeln, ob wir die Überreste eines Abendessens zu uns nahmen, das für das unpassende Paar bereitet worden war, und hätte mich fast an meinem Wein verschluckt.
Bald war ich gesättigt, und Hermes sah aus wie ein Kalb, das vom Hammer des Schlachters schon halb benommen auf der Stelle taumelt. Es war bereits spät, aber mir war noch nicht nach Schlafen auf dem üppig gepolsterten Sofa zumute.
»Komm, Hermes«, sagte ich und erhob mich. »Laß uns noch ein wenig frische Luft schnappen, bevor wir uns aufs Ohr legen.«
»Wenn du meinst«, sagte er und kämpfte sich von seinem Sofa hoch. Wir durchschritten das Hauptschiff des Tempels, vorbei an der Statue der würdevoll thronenden Göttin. Ein einzelner Sklave wachte über die Lampen, die vor der Göttin und entlang der Wände brannten, das übrige Personal war wieder zu Bett gegangen. Wir traten auf die Veranda und sahen auf die Stadt hinab. Im hellen Mondschein war es ein atemberaubender Anblick, weil heute Wasser schimmerte, wo sonst nur trübe Dunkelheit herrschte. Auch auf den Hügeln brannten weit mehr Fackeln als gewöhnlich, weil sich die Menschen auf Freiflächen und Dächern versammelt hatten.
Und nach Westen hin schien der Fluß von unfaßbarer Breite.»Glaubst du, du kommst aus dieser Sache heil wieder raus?« fragte Hermes, als wir uns auf die oberste Stufe gesetzt hatten.
Er stellte einen Krug und zwei Becher zwischen uns.
»Ich muß«, erklärte ich ihm. »Nicht nur, weil es wünschenswert ist, am Leben zu bleiben, sondern weil ich diese Sache rasch aus dem Weg räumen will. Ich habe viel zu viel zu tun, und sie nimmt meine ganze
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