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Die Rache der Flußgoetter

Die Rache der Flußgoetter

Titel: Die Rache der Flußgoetter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
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Tempel. Er gedieh wirklich prächtig und zeigte vielversprechende Ansätze, vor allem für einen verschlagenen jungen Dieb.
    Ich brauchte ein wenig Zeit für mich, um meine Gedanken zu ordnen. Er hatte recht, wenn er sagte, daß ich morgen einem randvollen Tag entgegensah. Ich hatte mich bemüht, es auf die leichte Schulter zu nehmen,doch ich erwartete fest, daß man mir am nächsten Tag mindestens einmal, vielleicht sogar mehrere Male nach dem Leben trachten würde, und vielleicht war ja einer der Versuche erfolgreich.
    Mir kam es so vor, als hätte ich mich nie zuvor einem Problem stellen müssen, daß so plötzlich aufgetreten war; ich sah mich konfrontiert mit Dingen, von denen ich keine Ahnung hatte, und Personen, die ich überhaupt nicht kannte. Ich war es gewohnt, daß mein Leben von politischen Machenschaften, Geldsorgen oder Frauengeschichten bedroht wurde. Aber ich hätte nie damit gerechnet, daß ich einmal wegen Bauholz um meine Haut kämpfen muß. Doch diese scheinbar triviale Angelegenheit hatte Hunderte von Römern das Leben gekostet, genauso gewißlich, als wären sie von einer feindlichen Armee niedergemacht worden. Ich war plebejischer Ädile, und es war meine Pflicht, für Gerechtigkeit zu sorgen, eine Pflicht, der ich mich nicht entziehen konnte.
    Zufrieden stand ich auf und folgte Hermes in den Tempel. Ceres sah nicht so aus, als würde sie sich um meine Probleme scheren, aber sie war ja auch keine römische Göttin. Ich hätte mich an Juno oder Minerva wenden können, Ceres stammte aus Griechenland. Immerhin schlief ich in ihren Gastgemächern sehr gut.

XII
    Am nächsten Morgen herrschte schon vor Sonnenaufgang hektische Aktivität.
    Einigermaßen überrascht stellte ich fest, daß auch die anderen Ädilen im ersten Morgengrauen eintrafen, begleitet von ihren Sklaven und Heerscharen von Klienten. Es war zu hören, daß alle Teile Roms bequem erreichbar waren, wenn man nichts dagegen hatte, einen Umweg einzuschlagen oder ein Boot zu nehmen. Als sie sich versammelten, saß ich schon an einem Tisch vor dem Tempel und schrieb im Licht mehrerer Lampen, die ich nach draußen geholt hatte, eine Botschaft an Caesar.
    Da ich Caesar in seiner Funktion als pontifex maximus schrieb, Gebieter über alle Fragen der religiösen Praxis in Rom, und weil ich vorhatte, diesen Brief vor dem Senat und den diversen priesterlichen Kollegien verlesen zu lassen, befleißigte ich mich eines weit formaleren Stils, als ich das üblicherweise tat, und es fiel mir nicht leicht, mich all der obskuren Fälle und Zeiten des archaischen Lateins zu erinnern, das nur noch in religiösen Zusammenhängen und bestimmten Formen der Lyrik verwendet wurde. Als ich das meines Erachtens durchaus anerkennenswerte Dokument beendet hatte, gab ich es einem Stab von Sekretären und befahl ihnen, Kopien anzufertigen, bis ich mich eines Besseren besann und die angeordnete Abschriftsaktion wieder abblies. Die Sekretäre waren gerade erst eingetroffen und räkelten sich noch gähnend und kratzend.
    »Jupiter, beschütze uns!« klagte eine Stimme aus dem Dunkel.
    »Metellus schuftet im Licht einer Lampe! Das muß ein Omen der Götter sein!« Diese launige Bemerkung erntete lautes Gelächter. Gemacht hatte sie Marcus Aemilius Lepidus, der kurulische Ädile. Er trat, gefolgt von einer Horde seiner Lakaien, an meinen Schreibtisch.
    »Ach, du bist's, Lepidus. Ohne deinen fetten Hintern in einem Klappstuhl habe ich dich gar nicht erkannt«, gab ich zurück.
    »Heute finden keine Märkte statt«, sagte er strahlend. »Also habe ich beschlossen, euch armen, im Schweiße eures Angesichts schuftenden Knechten ein wenig zur Hand zu gehen. Du mußt mich doch erwartet haben.«
    »Warum?«.
    »Hat dich der Senatsbote gestern abend nicht angetroffen?« fragte er überrascht.
    »Ich war die ganze Nacht hier.«
    »Decius! Deine Pflichtergebenheit ist erstaunlich! Wie dem auch sei, der interrex hat eine Notstandssitzung des Senats einberufen, die vor Sonnenuntergang im Tempel des Jupiters abgehalten werden soll. SämtlicheÄdilen sollen sich ein Bild vom Zustand der Stadt machen und Bericht erstatten.«
    »Prima Idee«, sagte ich, »obwohl man vor hier oben praktisch alles sehen kann.« Eine Senatssitzung war genau das, was ich brauchte.
    »Merkwürdig diese Flut, nicht wahr?« sagte Lepidus. Das dämmernde Licht ließ das Spektakel sichtbar werden. »Überall steht das Wasser, aber es erinnert eher an einen See als an einen reißenden Fluß. Ich habe schon

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