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Die Rache der Heilerin: Roman (German Edition)

Die Rache der Heilerin: Roman (German Edition)

Titel: Die Rache der Heilerin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beate Sauer
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werden«, erklärte Adela fest. Plötzlich war es ihr wichtig, dem »bösen Mann« einen Namen zu geben, damit er nicht nur ein nebulöser Schrecken für das Kind blieb. »Dieser Mann heißt William de Thorigny«, sagte sie, wie um ihren Peiniger zu bannen.
    »So wie der Mann, den mein Großvater Ethan getötet hat?« Luce spielte weiter mit dem Fell des Hundes.
    »Ja, er ist sein Sohn.«
    »Was ist mit Vater? Wird er zu uns zurückkommen?«
    »Ich hoffe es sehr.«
    »Du hast es mir versprochen.« Luce warf ihr unter gesenkten Wimpern einen raschen Blick zu. Seine Stimme klang plötzlich hoch und zittrig.
    »Ach, Luce, ich wünsche mir das selbst mehr als alles auf der Welt«, flüsterte Adela.
    Stumm rollte sich der Junge mit dem Rücken zu ihr neben Guy auf dem Boden zusammen. Adela rutschte zu ihm. Sie breitete die Decke über ihn und schloss ihn in ihre Arme. Luce stieß sie nicht weg, aber er kuschelte sich auch nicht an sie. Es dauerte lange, bis sein gleichmäßiger Atem ihr anzeigte, dass er eingeschlafen war.
    *
    Adela lehnte ihren Rücken gegen den Mauerrest und ließ das Binsenseil, an dem sie flocht, sinken. Die Steine waren angenehm warm von der Sonne, die diese Seite des verfallenen Hauses bis zum Mittag beschienen hatte. Hinter der Ruine wieherte jetzt das Maultier aufgebracht, und sie hörte Gerard beruhigend auf das Tier einreden. Er hatte beschlossen, dass es höchste Zeit war, dessen völlig verfilzte Mähne auszukämmen. Luce war bei ihm. Guy dagegen, dem es in der Sonne zu heiß geworden war, hatte sich neben ihr ausgestreckt und betrachtete träge eine dicke Fliege, die über ihm kreiste.
    Luce und ich haben großes Glück, dass wir am Leben sind, einen Schlafplatz und zu essen haben , dachte Adela. Und dass wir in Gerard einen so treuen Freund besitzen. Trotzdem peinigte sie wieder und wieder die Frage, ob Francis noch lebte . Ob sie es gespürt hätte, wenn er in der Schlacht den Tod gefunden hätte?
    Ein Rascheln im Gras ließ sie aufblicken. Luce schlenderte um die Ecke der Ruine und setzte sich neben sie. Adela war froh, dass ihr Sohn zu ihr kam. Denn noch immer schien es eine unsichtbare Schranke zwischen ihnen zu geben. »Ist Gerard denn nicht mehr bei dem Maultier?«, fragte sie, um das Schweigen zu brechen.
    »Er will einen Hasen fangen und Pflanzen sammeln. Deshalb ist er in den Wald gegangen.« Luce steckte die Hand in den Korb mit Binsen. »Darf ich auch mal flechten?«
    »Natürlich.« Sie nickte.
    Sie sah ihm zu, wie seine braun gebrannten Finger die Fäden geschickt zu einem Seil verbanden. Sein Gesichtsausdruck war ganz angespannt vor Konzentration. Nur mit Mühe widerstand Adela dem Impuls, ihn fest in ihre Arme zu schließen, und widmete sich wieder ihrer eigenen Flechtarbeit.
    Guys leises Knurren ließ sie aufschrecken. Zwischen den Bäumen auf der anderen Seite der Lichtung bewegte sich etwas. Im Spiel aus Licht und Schatten erkannte Adela die Umrisse eines Mannes.
    »Mutter, wer ist das?«, flüsterte Luce erschrocken, der den Fremden nun auch bemerkt hatte.
    »Lauf und finde Gerard«, brachte Adela gepresst hervor. Sie stand auf und zog das Messer aus ihrem Gürtel. Während der Junge in die entgegengesetzte Richtung davonrannte, bewegte sie sich langsam auf die Hausecke zu, wobei sie immer den Waldrand im Blick behielt. Guy folgte ihr. Vielleicht war der Fremde ja nur ein harmloser Wanderer, der zufällig an dem verlassenen Waldhaus vorbeikam … – vielleicht aber auch nicht. Sie wollte nicht das Risiko eingehen, ihm zu begegnen.
    Als Adela endlich an der Hausecke angelangt war, hatte der Fremde den Saum der Bäume erreicht. Wenn sie Glück hatte, blendete ihn die Sonne, und er hatte sie noch nicht bemerkt. Sie wollte gerade um die Ecke der Ruine herumhuschen, doch plötzlich hielt sie inne. Ihr Herz schlug schneller, und sie griff sich an die Brust. Gleich darauf brach Guy in ein freudiges Winseln aus.
    Ja, es war wirklich Francis, der nun den Waldschatten gänzlich hinter sich gelassen hatte, seine Augen gegen die Sonne abschirmte und suchend über die Lichtung blickte.
    »Francis!« Schluchzend schrie Adela seinen Namen. Dann stürzte sie auf ihn zu. Sie warf sich in seine Arme und klammerte sich an ihn, nur um gleich darauf weinend mit ihren Fäusten auf ihn einzutrommeln. »Francis … Francis …«
    »Adela …«, murmelte er rau, während er ihre Hände festhielt und sie küsste. Erst als seine Lippen ihren Mund berührten, glaubte sie, dass er es wirklich war.

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