Die Rache der Heilerin: Roman (German Edition)
König übergeben, um so seine Position am Hof des Plantagenets noch mehr zu festigen. Einen Teil würde er an seine Leute verteilen – denn Geschenke stärkten deren Treue ihm gegenüber –, und einen sehr beträchtlichen Teil würde er für sich behalten. Schließlich machte Reichtum das Leben angenehm und verschaffte dem Besitzer Macht.
Am meisten Befriedigung aber hatte William de Thorigny der Überfall auf den Hof von Alines Familie verschafft. Sich an der Angst ihrer rothaarigen Tochter zu weiden und ihr Schmerzen zu bereiten hatte die Demütigungen seiner Jugend ein bisschen verblassen lassen.
Pferdegetrappel in der Ferne brachte William in die Gegenwart zurück. In der Ebene galoppierte ein Trupp Reiter über die Felder.
»Meint Ihr, die sind eine lohnende Beute?« Neben ihm drehte sich Antoine – der Mann, der Alines Tochter zu ihm gelockt hatte – zu den Reitern um.
William schirmte seine Augen gegen das Sonnenlicht ab. Plötzlich änderten die Reiter ihre Richtung, so als hätten sie ihn und seine Leute ebenfalls bemerkt und würden in Richtung der französischen Grenze schwenken. Waren das etwa Anhänger der Prinzen, die sich jenseits der Grenze in Sicherheit bringen wollten?
» Es kann nicht schaden, wenn wir sie uns einmal ansehen«, sagte er rasch. »Wir müssen sie einkreisen. Ich versuche, ihnen mit einem Teil unserer Leute den Weg abzuschneiden. An toine, Ihr verfolgt sie.« William rief einen Befehl. Dicht gefolgt von einer Gruppe Bewaffneter, stürmte er den Hügel hinunter. Auch die Reiter in der Ebene beschleunigten ihr Tempo.
Doch sie mussten schon einen langen und anstrengenden Ritt hinter sich haben, denn obwohl ihren Pferden der Schaum vom Maul flockte und die Männer die Tiere mit ihren Peitschen bearbeiteten, gelang es William und seinen Leuten schnell, zu ihnen aufzuschließen. Sie hatten die Reiter fast eingekreist, als einer von ihnen noch einmal alle Kräfte seines Pferdes aktivierte und aus der Umzingelung ausbrach.
William riss seinen Hengst herum und folgte ihm. Der Mann, das musste er zugeben, war ein wirklich guter Reiter. Ohne zu zögern trieb er jetzt seine Stute auf eine hohe Brombeerhecke zu und sprang sicher darüber hinweg. In kurzem Abstand setzte William ihm hinterher. Der rasende Ritt führte sie weiter über das Feld und dann über eine Wiese, auf der hohes Gras, Bäume und Sträucher wuchsen.
Auf der anderen Seite der Wiese – das sah William jetzt – befand sich ein Wald. Verdammt … Der Reiter durfte den Wald nicht erreichen. Die Gefahr war zu groß, dass er ihm dort entkommen würde. Gnadenlos hieb nun auch William mit der Peitsche auf seinen Hengst ein, der vor Anstrengung keuchte.
Als er bis auf eine Pferdelänge an den Reiter herangekommen war, tat sich wieder eine Hecke vor ihnen auf. Der Reiter ließ seine Stute abspringen. Auch William riss den Hengst hoch. Noch im Sprung sah er, dass die Stute beim Aufsetzen strauchelte. Nur kurz zwar, doch dies verschaffte William einen entscheidenden Vorteil, den er sofort nutzte. Noch im Sprung lenkte er den Hengst auf die Stute zu und ließ ihn gegen deren Flanke krachen. Ein hoher, erschrockener Schrei ertönte, als die Stute das Gleichgewicht verlor und stürzte. Der Reiter wurde aus dem Sattel geschleudert.
William gelang es, den Hengst in der Balance zu halten und sicher mit ihm aufzusetzen. Als er sein Pferd wendete, lag der Reiter auf dem Rücken im Gras und hatte die Augen geschlossen. Seine Brust hob und senkte sich leicht. Seine Mütze war verrutscht. Dichtes rotblondes Haar quoll darunter hervor. Es umrahmte das schöne, vornehme Gesicht einer Frau von etwa fünfzig Jahren.
Bei Gott , murmelte William, der für einen Moment tatsächlich fassungslos war. Damit hätte er nun wirklich nicht gerechnet! Während er eilig von seinem Pferd sprang und dann die Frau vorsichtig hochhob, erschien ein triumphierendes Lächeln auf seinem Gesicht. Die Beute aus den Plünderungen würde nur eine Beigabe für den König sein. Wirklich wichtig war, dass er Henry dessen Gattin, die Königin Eleonore, als Gefangene übergeben konnte.
*
Luce beugte sich über sie. Sein Gesicht war schmäler, als Adela es in Erinnerung hatte. Er schenkte ihr ein scheues Lächeln. Er war bei ihr, und es schien ihm gut zu gehen. »Luce …«, murmelte sie. Sie wollte die Hand heben, um ihn zu berühren, doch sie war zu schwach dazu.
Gelegentlich beugte sich auch Gerard, der Schäfer, über sie. Er brachte sie in eine sitzende
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