Die Rache der Heilerin: Roman (German Edition)
Was ist ihr nach Francis’ Tod zugestoßen? Und warum darf niemand wissen, wessen Sohn Luce ist?«
Ann überwand sich, Simon wieder anzusehen. Noch immer war sein Blick mitleidig, aber nun hatte er auch etwas Forschendes. Sie berichtete ihm knapp, dass William de Thorignys Base Héloise die Äbtissin des Klosters war, Adela sich deshalb auf den Weg nach Südengland gemacht hatte und dass William de Thorigny auch ihren Bruder Nicolas getötet hatte. »Das letzte Mal habe ich von Adela gehört, als sie und Robin sich in Oxford aufhielten. Seitdem sind über zwei Jahre vergangen«, schloss sie müde.
»Das ist eine lange Zeit – auch in diesen unsicheren Zeiten und auch, wenn Briefe verloren gehen können. Ich verstehe, dass Ihr Euch Sorgen macht.« Simon nickte und besann sich kurz, ehe er schließlich sagte: »Ich werde, wie ich es Luce versprochen habe, ein paar Tage hierbleiben und mich dann auf den Weg nach England machen und nach Adela suchen.« Seine Worte klangen, als ob es nichts Selbstverständlicheres auf der Welt gäbe.
»Warum wollt Ihr das tun?« Wieder wunderte Ann sich über diesen Mann.
»Nun, wie ich schon sagte, Francis war mein bester Freund. Er hat mir Adela und Luce anvertraut. Also werde ich alles tun, um den beiden zu helfen und sie zu beschützen.« Simon seufzte ungeduldig. »Ach, wenn ich nur Francis’ Brief früher erhalten hätte. Aber ich bin erst vor wenigen Wochen aus dem Heiligen Land zurückgekehrt.«
Anns Dankbarkeit wich Verblüffung. »Ihr habt an einem Kreuzzug teilgenommen?«, fragte sie ungläubig. Als Kreuzritter konnte sie sich diesen Mann beim besten Willen nicht vorstellen.
»Ich habe nach meinem Vater gesucht, der an einem Kreuzzug teilnahm«, stellte Simon klar.
Seine eben noch lebhafte Miene wurde ausdruckslos und signalisierte Ann, dass er keine weiteren Fragen zu diesem Thema wünschte. Einige Augenblicke schaute er über den Garten, der ruhig im Sonnenlicht da lag. Nur das Plätschern des Brunnens und das Summen einiger Insekten durchbrach die Stille.
Ein schiefes Lächeln zuckte um seinen Mund, als er weitersprach. »In gewisser Weise habe ich also Erfahrung im Suchen von Menschen. Auch wenn ich leider nur den Leichnam meines Vaters fand. Aber wenigstens konnte ich ihn zu unserem Familienbesitz zurückbringen, und er wurde dort in der Kirche bestattet, so wie er es sich gewünscht hatte. Das immerhin erlaubte der neue Besitzer.«
»Habt Ihr etwa auch Euer Gut in diesem Krieg verloren?«, fragte Ann erschrocken.
»Mein jüngerer Bruder beging die Dummheit, sich auf die Seite der Prinzen zu schlagen.« Wieder lächelte Simon schief. »Nun ja, als Gutsbesitzer wäre ich wahrscheinlich sowieso nicht glücklich geworden.« Er vollführte eine wegwerfende Handbewegung, als hätte er kein Anwesen, sondern nur ein Gewand verloren.
»Ach, dieser verwünschte Krieg«, brach es aus Ann heraus. »Er hat so viel Leid und Elend über die Menschen gebracht, und noch immer ist er nicht zu Ende. Wovon lebt Ihr denn jetzt, da auch Ihr alles verloren habt?«
»Oh, ohne überheblich zu sein, glaube ich sagen zu dürfen, dass ich ein ganz talentierter Sänger bin.«
»Ihr meint, Ihr tretet auf Burgen und Gutshöfen auf und unterhaltet die Leute mit Euren Liedern?« Erst jetzt bemerkte Ann, dass aus Simons Bündel der in einer Lederhülle steckende Schaft einer Laute ragte.
»Ja, das ist genau das, was ich tue.« Simon betrachtete sie amüsiert.
»Aber, das ist doch nicht gottgefällig«, platzte es aus Ann heraus.
Simon hob die Augenbrauen. »Meint Ihr, Gott würde es mehr schätzen, wenn ich versuchen würde, als Gerber oder Küfer zu arbeiten? Glaubt mir, meine Begabung als Handwerker ist noch sehr viel geringer als meine bäuerlichen Fähigkeiten.«
Ann spürte, dass er sich über sie lustig machte, was sie verunsicherte und aufbrachte. »Liebeslieder vorzutragen«, und sie war völlig davon überzeugt, dass er hauptsächlich Liebeslieder sang, »grenzt an Sünde.«
»Ach, was wisst Ihr denn von der Liebe?« Seine dunklen Augen betrachteten sie wieder so forschend, dass ihr unbehaglich zu Mute wurde. »Aber da Ihr glaubt, mir ins Gewissen reden zu müssen, muss ich Euch auch etwas sagen. Ich verstehe es überhaupt nicht, wie Ihr Nonne in einem Kloster bleiben könnt, dessen Äbtissin William de Thorignys Base ist.«
»Ich habe vor Gott geschworen, immer in diesem Kloster zu bleiben. Es ist Gottes Wille.«
»Da ich mehrere Jahre lang durch das Heilige Land gezogen
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