Die Rache der Horden
konnte.
Die Baumwipfel über ihm schwankten im Wind und schickten einen kalten Nebelschauer herab. Kein Luftschiff würde heute aufsteigen. Noch ein Problem. Eigentlich sollten die Luftschiffe die Bahnstrecken bombardieren, um den Rückzug des Viehs zu bremsen.
Man plane niemals mit dem Wetter! Eine Nebelbank, ein Regenguss zur Unzeit, ein plötzlicher Schneesturm -derlei Erscheinungen hatten mehr als einen Sieg oder eine Niederlage herbeigeführt.
Er konnte nicht mal mit dem südlichen Flügel Verbindung aufnehmen, der derzeit fünfzig Kilometer weit im Süden am Waldrand entlang vorrückte, mit Kurs auf das Binnenmehr, um dort schließlich nach Norden zu schwenken. Gegen das zurückweichende Vieh war diese Aufspaltung der Truppen unbedenklich. Das Vieh war zu Fuß oder von seinen Eisenschienen abhängig. Gegen die Bantag oder gegen die alten Tugaren – er blickte Muzta an –, hätte eine solche Aufteilung bedeutet, eine Katastrophe heraufzubeschwören.
So haben sie uns bei Orki geschlagen; sie haben uns gezwungen, unsere Kräfte auf drei Pässe zu verteilen, und dann nacheinander jede Kolonne vernichtet.
Die Schienenstrecke wurde ein Stück weiter von feuchtem Dampf verhüllt, der sich darüber hinwegwälzte und ihm einen Augenblick lang die Sicht raubte, als er hindurchritt.
Die schmale Lichtung war von Trümmern übersät. Mehrere Blockhütten brannten nach wie vor, und ein zertrümmerter Wassertank lag auf der Seite. Ein Schienenwagen lag ebenfalls auf der Seite, eines seiner Räder zerstört. Hinter den brennenden Hütten türmte sich frisch umgegrabene Erde auf. Ein halbes Dutzend Krieger schaufelten dort die Gräber auf und zogen die noch frischen Leichen heraus.
Er verzog das Gesicht. Abscheulich, aber andernfalls hätte man gute Nahrung vergeudet.
Muzta zügelte das Pferd und betrachtete diese Grabungen. Er lenkte das Pferd vom Bahndamm herunter, um sich zu Jubadi zu gesellen, und gab seinem Gefolge mit einem Wink zu verstehen, es möge seinen Weg fortsetzen.
Die Kavalkade setzte sich fort und trug dabei die goldenen Standarten in der Vorhut. Die Zungenlosen lenkten ihre Rösser von der Bahnlinie, um auf die Qar Qarths zu warten. Trommler, Signalgeber, Nargatrompeter, Schamanen, Dienstboten, Meldereiter, sie alle setzten ihren Weg fort und platschten dabei fluchend durch den Schlamm.
Erbeutete Flaggen der Vieharmee wurden vorbeigetragen, Standarten in Weiß und Blau mit Sternen und mit seltsamen Schriftzeichen in Gold darauf – 7. Nowroder, 15. Kewer, 44. Suzdalisches, Befreiung von Roum, Schlacht des Heiligen Stanislaus. Ein durchschossenes blaues Banner mit den Streifen eines Sergeant Major schwebte vorbei, aber für Muzta waren alle diese Worte und Abzeichen undeutbar – der Pomp von Tieren und als solcher keiner Beachtung wert.
Muzta blickte zu Jubadi zurück und betrachtete dann die Leichen, die aus der Erde gezogen wurden.
»Die Lage war irgendwann so, dass meine Krieger auf das Schussfeld vor der Stadt krochen, um Fleisch streifenweise aus toten und verwesenden Pferden zu schneiden«, sagte er mit ausdrucksloser und distanzierter Stimme.
»Wozu jetzt solche Erinnerungen? Wir sind vor dem nächsten Mondfest in ihrer Stadt.«
»Altes Gelände ruft alte Erinnerungen wach. Ich bin einst mit meinen Söhnen auf diesem Pfad geritten, die Horde hinter mir aufgestellt. Ich erinnere mich daran, wie wir gelacht haben, an das Gefühl, wenn die Nargas nicht zur Schlacht riefen, sondern zur Jagd. Wenig Risiko, das Vergnügen eines schönen Tages und dann Fleisch auf unserer Tafel.«
»Du hast gesehen, wie wir sie heute Morgen abgeschlachtet haben«, sagte Jubadi.
»Es war fast zu leicht. Sie haben einen Fehler gemacht.«
»Sie sind nur Vieh!«, rief Vuka, der gerade sein Pferd an der rutschigen Flanke des Bahndamms herablenkte, um sich seinem Vater anzuschließen.
»Ich habe zum ersten Mal erlebt, wie sie auf diese Weise überrascht wurden«, stellte Muzta fest.
»Weil sie diesmal Merki gegenüberstehen«, entgegnete Vuka.
Muzta sah den Zan Qarth an. Jubadi bewegte tadelnd die Hand, reagierte aber nicht weiter.
»Natürlich«, sagte Muzta lächelnd.
Ein Regenguss kam herab, und die schweren Tropfen wuschen den Schlamm aus den starren Gesichtern des Viehs, das neben seinen Gräbern lag.
Jubadi betrachtete die kalten Leichen, die aus blicklosen Augen starrten, in deren Höhlen sich Schlammwasser sammelte.
»Es dauert noch acht, vielleicht zehn Tage, dass Carthavieh heranzutreiben, damit
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