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Die Rache der Horden

Die Rache der Horden

Titel: Die Rache der Horden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William R. Forstchen
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geführt werden sollte.
    Der große Ruf war inzwischen verklungen und ersetzt worden durch den Singsang der Sänger, die Anrufungen der Schamanen und die Schreie der Vorfreude auf das, was nun kam. Und auch diese anderen Stimmen waren vernehmbar – mehr als fünfzigtausend waren es für diese Nacht, denn jeder Jurtenkreis hatte mehrere davon, und Tamuka vernahm bereits ihre Schreie.
    Auf der Kuppe eines anderen Hügels ragte vor ihm die große Jurte des Qar Qarth auf, ihr goldener Stoff erhellt von hundert Fackeln, der Innenraum ein Meer aus Licht, so hell wie der Tag, aus dem Gelächter nach draußen drang. Die Eingangsmarkise ruhte auf hohen Pfosten, die förmlich überkrustet waren von Gold und Edelsteinen, die wie Sterne funkelten. Rings um das Zelt standen einhundert Wachtposten, eine Elite, ausgewählt aus den Reihen der Vushka Hush, des ersten Umen der Horde. Die zeremoniellen Silberrüstungen flackerten im Fackellicht; die Krieger trugen ihre Bögen auf dem Rücken und hatten die Krummschwerter gezogen und mit den Spitzen auf den Boden gestellt.
    Als die beiden Schildträger den Wachkreis durchquerten, ruhten wachsame Augen auf ihnen, aber niemand sagte etwas: denn die Hundert, die mit der höchsten Ehre betraut waren, dem Schutz des Qar Qarth, erbrachten ein Opfer für den Dienst an ihrem Fürsten. Die Zungen hatte man ihnen herausgeschnitten, denn sie wohnten den geheimsten aller Gespräche bei.
    Zwei Feuer loderten heftig vor dem Eingang zur gewaltigen Jurte. Tamuka blieb stehen und verbeugte sich erst nach Westen und dann in die drei übrigen Himmelsrichtungen, ehe er zwischen den Feuern hindurchging und das Zelt betrat.
    »Ah, ich dachte schon, wir müssten warten.«
    »Ich bin geehrt, dass du dies überhaupt in Erwägung gezogen hast«, entgegnete Hulagar und verneigte sich tief vor dem Podium, auf dem Jubadi saß, zu seiner Rechten Muzta, Qar Qarth der Tugaren, und der Erbe Vuka zur Linken.
    »Gesellt euch zu mir«, lud Jubadi sie ein. »Alle beide.«
    Tamuka versteckte seine Freude vor dem Kreis aus Clanhäuptlingen, die ihn neidisch anstarrten und, wie er wusste, auch mit einer Spur Angst. Seine Rede vor der Versammlung der drei Qar Qarths hatte den Weg für einen Friedensschluss zwischen Bantag und Merki gebahnt und damit einen über zehnjährigen Krieg beendet, der schon gedroht hatte, die Horde zu verstümmeln. So gewannen sie Spielraum für das, was nun zu planen war.
    Tamuka stieg auf das Podium und trat an den runden Tisch, an dem Jubadi, Muzta und Vuka saßen. Hulagar setzte sich links von Jubadi auf den Fußboden. Tamuka zögerte einen Augenblick lang und setzte sich dann neben Vuka, den Zan Qarth, den zu unterstützten und zu beschützen er geschworen hatte.
    »Ich habe die Speisen selbst gewählt«, sagte Vuka und blickte Tamuka mit einem entwaffnenden Lächeln an, das Tamuka erwiderte.
    »Dann werden wir auch gut speisen«, sagte Tamuka aalglatt.
    Seit der Niederlage vor der Viehstadt Suzdal hatte Tamuka an der Seite dieses Mannes gestanden und seine Pflicht als Schildträger getan; das bedeutete jedoch nicht zwangsläufig, dass er Sympathie für den Erben aufbringen oder, noch wichtiger, ihn als seines Ranges würdig erachten musste. Im Herzen wusste er, dass Vuka den eigenen Bruder ermordet hatte, den einzigen weiteren Nachfahren von Jubadis Blut, und sich dadurch selbst die Exekution erspart hatte, die eigentlich sein Lohn hätte sein sollen.
    Ohne Vuka hätten die Horden die Viehstadt Roum erobert, aber selbst ohne diesen Fehler wäre offenkundig gewesen, dass Vuka nicht geeignet war, die Horde zu führen. Er schwankte zwischen wahnsinnigem Wagemut, wenn ihn die Leidenschaft bewegte, und Taten, die nur als feige gedeutet werden konnten, wenn ihn die Nachdenklichkeit packte. Und doch weigerte sich Jubadi inzwischen, das zu erkennen, missdeutete Tollkühnheit als Tapferkeit und Verschlagenheit als die Schläue, die ein Qar Qarth brauchte. Jubadi konnte einfach nicht einsehen, dass der unmittelbare Erbe, der einzige für die Clans akzeptable legitime Sohn, des Brudermordes schuldig geworden war, um die eigene Haut zu retten, obwohl die Gerüchte in allen Zelten geflüstert wurden. Hulagar hatte, wie es ein Schildträger des Qar Qarth auch tun musste, von seinem Verdacht gesprochen und beinahe mit dem Leben dafür bezahlt. Ohne den heiligen Schutz, unter dem das Leben des Schildträgers stand, wäre Hulagar schon der Kopf von den Schultern gehackt worden, ehe die Anschuldigung auch nur

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