Die Rache der Jagerin
eine abklingende Verbrennung, und über seine Stirn zog sich eine Schramme. »Willkommen zurück.«
Ich schluckte, und in meinem Inneren konkurrierten so viele widerstreitende Emotionen, dass jeder mitfühlende Mensch daran erstickt wäre. Er hatte mich erstochen und zum Sterben liegen lassen. Er hatte Belle und ihren Handlangern gestattet, mich anzugreifen und aus meiner Wohnung zu jagen. Aber er hatte mir auch streng geheime Informationen über sein Volk verraten. Ach ja, und er hatte mir das Leben gerettet. Zum wiederholten Male. Ich wollte ihm um den Hals fallen und ihn hauen, bis er flennte.
»Es ist dein gutes Recht, böse auf mich zu sein«, erklärte Phin, als ich schwieg.
»Böse?«, wiederholte ich. »Böse ist gar kein Ausdruck. Du hast mir den Bauch aufgeschlitzt und mich in einen verdammten Müllcontainer geworfen.«
»Er hat … was?«, fragte Wyatt dazwischen. Er wollte bereits aufstehen, aber ich griff nach seinem Arm und hielt ihn zurück. Die mir vertraute Röte kletterte seinen Hals hinauf.
Phin achtete gar nicht auf Wyatt und blinzelte nicht einmal. »Ich verlange nicht von dir, dass du mir verzeihst, Evy. Aber wenn du erfährst, was ich herausbekommen habe, wirst du eingestehen, dass es das Risiko wert war.«
»Ich kann nur hoffen, dass du eine verdammt gute Geschichte hast.« Ohne Wyatts Hand loszulassen, ließ ich mich ins Kissen zurücksinken. Dieser blieb wie ein schweigender Wächter sitzen, während Phin vollends ins Zimmer trat, doch auf Abstand blieb.
»Erinnerst du dich an den Mann mit dem schwarzen Hut?«, fragte Phin.
Ich nickte.
»Er heißt Snow und gehört zum Kitsune-Clan, der …«
»Warte mal, den kenne ich doch!« Den Begriff »Kitsune« hatte ich schon einmal aufgeschnappt. Er bezog sich auf irgendein Tier, aber welches …? »Füchse. Das sind Werfüchse, stimmt’s?«
»Korrekt. Snow heuert für jemanden Leute an, der eine … na ja, mir fällt nichts Besseres ein, eine Anti-Triaden-Organisation gründen will. Eine Art nichtmenschlicher Einsatztruppe, die all jene Triaden jagen soll, die ungerechtfertigte Bestrafungsaktionen durchführen.«
Wyatt schnaubte. »Am Ende werden sie einfach hinter uns allen her sein.«
Phin warf ihm einen durchdringenden Blick zu. »Ihr bestraft schon seit langem, wen auch immer ihr wollt, solange derjenige schwächer ist als ihr selbst. Die Triaden sind über das Ziel hinausgeschossen, und meine Leute fangen an, sich zu wehren.«
Mir fiel ein, was er im Grünen Apfel darüber gesagt hatte, den Triaden beizutreten. Sein eigenes Volk zu überwachen. Da wurde mir klar, weshalb Phin eine solche Gruppierung gefallen musste, auch wenn ich selbst eine Heidenangst vor ihrer bloßen Existenz hatte. »Wen hat er rekrutiert?«
»Vor allem Therianer, aber auch ein paar Vampire und Halbvamps. Ich hätte mir nicht träumen lassen, dass ich den Tag erlebe, an dem die beiden zusammen in einem Raum stehen, ohne sich gegenseitig an die Kehle zu gehen.«
Ich ebenso wenig. »Wie viele?«
»Bis jetzt so um die sechzig.«
Doppelt so viele wie wir, wobei uns unsere Ausbildung einen entscheidenden Vorteil verschaffte, wenn es zu Kämpfen kam. »Gehe ich recht in der Annahme, dass der Mann, für den er arbeitet, Leonard Call heißt?«
Phin legte den Kopf schräg. »Woher kennst du diesen Namen?«
»Den hat mir ein kleines Vögelchen zugezwitschert.« Grob fasste ich das Gespräch mit Isleen zusammen und erwähnte auch, dass sie eine Agentin eingeschleust hatte. »Wenn er bereits seit einem Monat dabei ist, diese Truppe zusammenzustellen, können wir von Glück sagen, davon Wind bekommen zu haben. Da unsere Reihen so ausgedünnt sind, hätten sie uns mit einem Angriff aus dem Hinterhalt aufreiben können.«
»Das können sie mit jeder Art von Angriff«, wandte Wyatt ein. »Selbst wenn sämtliche Triaden der Stadt im Altmühl-Gehege mitgekämpft hätten, hätten wir ohne die Unterstützung der Blutsauger nicht gewonnen. Bisher haben wir die Dregs nur durch Furcht und Abschreckung im Zaum gehalten. Offenbar funktioniert das jetzt nicht mehr.«
»Offenbar«, wiederholte Phin gedehnt.
Ich dachte an Isleens Bemerkung über eine größere Gefahr, die sich schon seit zehn Jahren zusammenbraute. Eigentlich hatte ich darüber mit Rufus reden wollen, um etwas über die ersten Tage der Triaden zu erfahren. »Wer hat das entschieden?«, platzte ich heraus, bevor ich die Frage unterdrücken konnte.
»Wer hat was entschieden?«, fragte Wyatt.
Jetzt gab es kein
Weitere Kostenlose Bücher