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Die Rache der Jagerin

Die Rache der Jagerin

Titel: Die Rache der Jagerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelly Medling
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jemand packte meine Handgelenke, woraufhin ich mühsam die Augenlider hob. Allmählich klang die Stimme etwas klarer.
    »Evy, ich bin es. Bitte, beruhige dich.«
    Vor der hellen, verblassten Wand zeichnete sich eine verschwommene Gestalt ab. Ich blinzelte ein paarmal. Die besänftigende Stimme half meinem verwirrten Geist, zu begreifen, und mein Herz, das sich eben erst beruhigt hatte, fing erneut an zu rasen. Diesmal allerdings nicht aus Furcht.
    »Du bist in Sicherheit«, sagte Wyatt.
    Inzwischen erkannte ich ihn in aller Deutlichkeit, doch noch immer starrte ich ihn ungläubig an. Er saß neben mir auf dem Bett und hielt meine Handgelenke. In seinem Blick lag Sorge. Mich erfasste ein Wirbelwind der Gefühle – Freude, Erstaunen, Verwirrung. Und vor allem Erleichterung.
    Er ließ meine Hände los, und ich sank an seine Brust und schlang meine Arme um seine Taille. Ich atmete seinen Duft ein und spürte seine Wärme an meiner Wange. Er war tatsächlich da, umarmte mich, und sein Kinn ruhte auf meinem Scheitel. Ich hielt ihn so fest umklammert, wie es meine schwachen Kräfte zuließen, denn die Berührung drückte aus, was ich nicht in Worte fassen konnte. Nach der Erleichterung kamen wieder die Schmerzen, glühend und zornig. Ich stöhnte, löste mich aus der Umarmung und ließ mich in das flauschige Kissen fallen.
    »Ganz ruhig, Evy. Deine Beine müssen noch verheilen.«
    Ich kniff die Augen zusammen und holte einige Male tief Luft. Mir war zwar übel, aber immerhin fühlte es sich nicht mehr so an, als würde ich meinen Magen auskotzen. Nun fielen mir auch andere Dinge auf – das leise Rauschen einer Wasserleitung, der Duft von Weichspüler und sauberer Bettwäsche. Und die Tatsache, dass meine Umgebung weder einer brennenden Fabrik noch einem VW-Bus glich.
    »Wo bin ich?«, krächzte ich.
    »Du wirst es mir nicht glauben.«
    Ich öffnete ein Auge. Er strich mit den Fingerknöcheln über meine Wange, und ich schmiegte mich unwillkürlich an sie an, so verwundert war ich, dass er bei mir war. Zwar war er ein wenig blass, ansonsten aber recht fit für jemanden, der gerade eine Operation hinter sich hatte. Vieles war passiert, und ich wollte alle Einzelheiten wissen.
    »Wir sind im Haus von Michael Jenner«, beantwortete Wyatt meine Frage.
    Da schlug ich auch das andere Auge auf und glotzte ihn verdutzt an. »Im Ernst?«
    »Ja. Ich vermute, euer Treffen hat Eindruck auf ihn gemacht. Die Zusammenkunft denkt über deine Worte nach und lässt uns ihre Entscheidung wahrscheinlich heute Abend wissen.«
    Gut, dann hatten wir immer noch Zeit, uns zu überlegen, wie wir die Sache in Park Place angehen sollten. Ich schaute mich kurz in dem kleinen Schlafzimmer um. Ganz eindeutig handelte es sich um ein Gästezimmer, denn die Wände waren uni gestrichen, die Vorhänge waren schlicht, und statt Familienfotos hingen abstrakte Aquarellgemälde an der Wand. Selbst die schlichten Möbel waren lediglich nach ihrer Zweckmäßigkeit ausgesucht worden und verliehen dem Raum keinen besonderen Stil. Direkt an der Wand befand sich das Bett. Die Tür stand halb offen.
    Als mein Blick zu ihm zurückkehrte, sah er mich noch immer an, als hätte er Angst, ich würde mich in Luft auflösen, wenn er einmal blinzelte. Doch ich hatte nicht die Absicht, mich so bald wieder zu teleportieren. Jedenfalls nicht, solange ich noch Schmerzen hatte. Meine Wunden würden verheilen, wie sie es immer taten – aufgrund meiner Gabe sogar sehr schnell. Eine Gabe, die nicht jeder besaß.
    »Ich will mich ja nicht beschweren«, meinte ich, »aber wieso um alles in der Welt bist du nicht mehr im Krankenhaus?«
    Wyatt lächelte und streichelte weiterhin meine Wange. Damit lenkte er mich auf eine angenehme Weise ab, doch unter der Oberfläche blitzte seine Wut hervor. »Ungefähr eine Stunde, nachdem ich zum letzten Mal mit dir gesprochen habe, hat man mich in ein anderes Zimmer verlegt. Ich habe geschäumt, weil mir niemand gesagt hat, wo du warst. Dann habe ich einen Anruf von Kismet bekommen. Sie hat mir erzählt, du wärest in der Fabrik gewesen, als diese in die Luft geflogen ist. Das Feuer hätte sich so schnell ausgebreitet, dass du nicht entkommen konntest.« Als er sich an diesen Moment erinnerte, huschte ein Schatten über sein Gesicht.
    Ich fuhr ihm mit den Fingern durchs Haar, bevor ich seine Hand nahm und sie an meine Brust zog. Beinahe hätte ich ihn gefragt, ob ihm klar gewesen war, dass sie gelogen hatte. Oder die Wahrheit zumindest auf sehr

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