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Die Rache der Jagerin

Die Rache der Jagerin

Titel: Die Rache der Jagerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelly Medling
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paarmal gegen die Tür.
    »Ballengee sei gesegnet«, rief ich so, wie Wyatt es getan hatte, in der Hoffnung, dass es noch einmal funktionieren würde.
    Statt sich nähernder Schritte hörte ich jedoch weiterhin nichts. Stille. Ich wiederholte den Gruß, dieses Mal ein wenig lauter.
    Phin fuhr zusammen und musste die Tortenschachteln vor dem Absturz retten. »Vielleicht streiken sie«, meinte er.
    Da drehte sich etwas im Schloss. Diesmal entfernten sich keine Schritte. Ich nahm die Klinke in die Hand und drückte die Tür auf. Der Gestank aus den Pissefässern schlug mir massiv entgegen – würgend, klebrig und widerlich. Ich betrat die Halle und unterdrückte den Brechreiz, um mir den Ekel nicht anmerken zu lassen. Keine Grimassen und bloß nicht kotzen. Phin blieb draußen stehen.
    Auf der Metallbrücke, von der aus Hunderte von Gremlinnestern aus Karton und Zeitungspapier zwischen den stählernen Bottichen zu sehen waren, stand derselbe gelbhäutige, hasenohrige Gremlingreis mit den Knubbelknien, mit dem wir schon zuvor verhandelt hatten. Zumindest glaubte ich, dass es derselbe war. Sein aufgeblähter Bauch hing bis auf den Boden, und die Haare auf seinem Kopf hatten dieselbe grüne Farbe wie die Büschel, die aus seinen Ohren wucherten. Etwas in seinem stechenden Blick verriet mir, dass er mich wiedererkannte, als er mich mit seinen roten Augen musterte. Phin hingegen beäugte er eher misstrauisch.
    »Wieder Gefallen?«, fragte der Gremlin, und sein dünnes Stimmchen passte perfekt zu seiner Körpergröße von gerade mal einem halben Meter.
    »Ja«, gab ich zurück. »Ich habe die Bezahlung schon dabei.«
    Ich winkte Phin herbei, worauf dieser mit gerümpfter Nase eintrat. Er presste die Lippen so heftig zusammen, dass man sie gar nicht mehr sah. Schweiß trat ihm auf Stirn und Nase. Eilig stellte er die Tortenschachteln auf dem Boden ab und huschte wieder hinaus in das Treppenhaus, wo es weniger stark roch.
    Den Gremlin schien das nicht zu kümmern, denn sein Blick war starr auf die Torten gerichtet. Aus den Mundwinkeln mit den vorstehenden Fangzähnen rann ihm der Sabber. Ich hob den Deckel der obersten Schachtel, um ihm die Schokosahnetorte zu präsentieren, und der Gremlin quiekte vor Begeisterung. Wie ein Kind schlug er die Klauenhände zusammen.
    »Alle drei Torten im Tausch gegen einen Gefallen«, sagte ich.
    »Was?«, fragte er.
    »Ich möchte, dass ihr euch in das Intranet der städtischen Polizeibehörde hackt und mir Zugang zu den Akten aller Angestellten beschafft, die mehr zu sagen haben als ein Sergeant.«
    »Unmöglich.«
    Ich blinzelte. »Wieso?«
    »Nicht können.«
    Okay. Noch einmal von vorne. Dregs neigten schließlich dazu, Aussagen und Fragen wortwörtlich aufzufassen. Sarkasmus, Ironie und Metaphern gingen über ihr Vorstellungsvermögen hinaus. Anscheinend war es den Gremlins nicht möglich, irgendein Detail meines Auftrags auszuführen. Darum hielten sie ihn insgesamt für unausführbar. Ich musste also zurückschrauben und einen neuen Versuch wagen.
    »Ich brauche Zugang zum Intranet der Stadtpolizei und die Passwörter zu den gesicherten Bereichen«, erklärte ich. »Könnt ihr mir die Passwörter und Zugangsdaten zu allen Seiten beschaffen?«
    »Das können«, antwortete der Gremlin mit einem kurzen Nicken, bei dem seine langen Ohren ins Wackeln gerieten. »Mehr?«
    Wenn ich erst die Passwörter hätte, bräuchte ich jemanden, der das System knackte und mir die Informationen beschaffte, die ich wollte. Offenbar lag das jedoch nicht im Bereich der Möglichkeiten eines Gremlins. »Nein, das wär’s.«
    Er deutete auf den Tortenstapel. »Extra. Mehr machen.«
    Über die Schulter schaute ich zu Phin, der allerdings nur wenig hilfreich mit den Schultern zuckte. Daraufhin wandte ich mich wieder dem Gremlin zu. »Kann ich das vielleicht aufschieben?«
    Der Gremlin starrte mich verständnislos an.
    »Behalte die Torten«, sagte ich. »Ich bitte dich später um einen weiteren Gefallen.«
    »Einverstanden«, erwiderte er.
    »Genau, einverstanden. Wie lange braucht ihr, bis ich meine Informationen bekomme?«
    »Morgen wiederkommen, Sonnenaufgang.«
    Prima. Nun musste ich mir nur noch überlegen, was ich bis dahin tun sollte. »Morgen bei Sonnenaufgang«, wiederholte ich. »Danke.«
    Der Gremlin nickte, schnippte mit den knorrigen Fingern und machte einen Schritt zur Seite. Drei kleinere Gremlins eilten aus einer dunklen Ecke herbei, hoben die Tortenschachteln auf und verschwanden wieder in den

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