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Die Rache der Jagerin

Die Rache der Jagerin

Titel: Die Rache der Jagerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelly Medling
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Lächeln, das – wie ich hoffte – ein Zeichen für süße Träume war. Summende und piepende Monitore vermeldeten Wyatts starke Vitalzeichen.
    Er hatte sich die Ruhe verdient. Ich wollte ihn nur ungern wecken und in die Hölle zurückzerren, in der wir beide lebten. Besinnungslosigkeit war ein glücklicherer Ort.
    Ich ging um das Bett herum und setzte mich auf den Rand neben Wyatts rechten Arm. Ich strich über seine warme Hand, umschloss und drückte sie. Da zuckten seine Lider. Ich drückte etwas fester zu und legte die andere Hand auf seine Brust, so dass ich seinen Herzschlag spürte.
    Mit einem Grunzen schlug er die Augen auf und schaute mich unter trägen Wimpern hervor an. Allmählich verschwand die Verwirrung, als er mich erkannte. »Hey«, krächzte er.
    »Wenn du nicht bald aufhörst, mir ständig das Leben zu retten, stehe ich bald so tief in deiner Schuld, dass ich es nicht mehr zurückzahlen kann«, sagte ich.
    Seine Augenbrauen kräuselten sich. »Du schuldest mir überhaupt nichts.«
    Ich trommelte mit den Fingern gegen seine Brust. »Warum heben wir uns diese Diskussion nicht auf, bis es dir wieder besser geht?«
    »Schlappschwanz.«
    Ich lachte. »Sturer Esel.«
    Nach einem Blick auf meinen Arm drehte er sich ein wenig und zuckte vor Schmerz zusammen. »Dieser Heilkristall war wohl eine einmalige Sache.«
    »Übermenschliche Genesung wird sowieso überschätzt.«
    »Sagt ausgerechnet diejenige, deren Verletzungen übermenschlich schnell heilen und die sich teleportieren kann.«
    »Um diese beiden Fähigkeiten habe ich nie gebeten«, erinnerte ich ihn. »Nicht, dass sie sich nicht als praktisch erwiesen hätten. Allerdings sind Superkräfte nicht so lustig, wenn du ständig wieder auf die Beine kommst, während die Leute, die dir lieb sind, nicht genesen.«
    Er erwiderte den Händedruck und hob die Linke, um sie auf meine andere Hand zu legen und gegen seine Brust zu pressen. »Mir wird es bald wieder gutgehen, Evy. Das hat schlimmer ausgesehen, als es ist. Wenn der Splitter nicht so nahe an der Wirbelsäule gewesen wäre, hätte es vielleicht gar keine Operation gebraucht. Deshalb mussten sie besonders vorsichtig beim Entfernen des Teils vorgehen.« Er schaute mir in die Augen. »Gina meinte, du und der Gestaltwandler hättet irgendwelche Nachforschungen angestellt.«
    »Phin«, sagte ich. Ohne Vorwarnung empfand ich Ärger über Wyatts unverhohlene Eifersucht. »Ja, wir haben ein bisschen nachgeforscht, und mit seiner Hilfe habe ich eine ganz interessante Leiche ans Licht gebracht.« Ich berichtete Wyatt, was ich von Tattoo über das Treffen an der Ecke Park und Howard Street erfahren hatte und was Phin mir über die Zweifachwandler erzählt hatte.
    »Und was war mit der anderen Sache?«, fragte er.
    »Welche andere Sache?«
    »Ich habe Gina etwas von einem Mann sagen hören, der in Chalices Wohnung aufgetaucht ist.«
    Ich schloss die Augen, da ich nicht die Kraft hatte, schon wieder darüber zu sprechen. Sanft legte ich den Kopf auf seine Brust, ein bisschen oberhalb von unseren Händen. Sein Herz pochte hart und kraftvoll gegen mein Ohr. Vor weniger als zwölf Stunden hatte es zu schlagen aufgehört und dabei fast meine Welt zerstört. Obwohl wir viele Schmerzen miteinander geteilt hatten, weigerte ich mich, diesen Schmerz zu teilen. Er befreite eine Hand und streichelte mir damit den Nacken.
    »Was ist los?«, wollte er wissen.
    »Ich habe Alex’ Vater getroffen.«
    Seine Hand hielt in ihrer Bewegung inne, und es verging ein Moment, in dem nichts passierte. Ich ließ zu, dass er mich am Kinn fasste und mein Gesicht zu sich drehte, so dass ich ihm ins Gesicht schaute. »Was ist passiert?«
    »Es war seltsam«, gab ich zu. »Ich glaube nicht, dass er je auch nur vermutet hat, ich könne nicht Chalice sein. Vielmehr war er wütend auf mich, weil ich nicht die Nationalgarde gerufen hatte, um nach seinem vermissten Sohn zu suchen. In seinen Augen macht mich das wohl zu einer schlechten Freundin.«
    »Und das belastet dich?«
    »Das belastet sie.« Und damit verschwand die Trennlinie zwischen uns allmählich. »Und ja, deshalb belastet es auch mich. Vor allem, weil ich weiß, dass er nicht verschollen ist, und weil ich Leo nicht die Wahrheit sagen darf. Ich denke nicht, dass Alex und er eine sonderlich gute Beziehung zueinander gehabt haben, aber es machte den Eindruck, als hätten sie das klären wollen.«
    Er sah zwar nicht weg, aber seine Augen verloren ihren Fokus. Offenbar dachte er über

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