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Die Rache der Kinder

Die Rache der Kinder

Titel: Die Rache der Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hilary Norman
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einen Gedanken an ihre eigenen Verletzungen verschwendet hatte.
    Jack besuchte sie im Princess Margaret Hospital in Swindon.
    »Du hättest nicht kommen sollen«, sagte Ralph leise zu ihm.
    »Die anderen wollten auch kommen«, erwiderte Jack. »Aber ich wusste, dass du uns nicht alle hierhaben willst.«
    »Ich will, dass euch nichts passiert«, sagte Ralph. »Das hier ist eine schlechte Idee.« Sie hielt kurz inne. »Übrigens wurde Rose Miller angeklagt – wegen schwerer Körperverletzung.«
    »Schwere Körperverletzung …« Das plötzliche Gefühl der Macht ließ seine grünen Augen funkeln. »Ich werd verrückt.«
    »Deshalb müsst ihr euch zurückhalten, klar?«, sagte Ralph. »Bis alles vorbei ist.«
    »Gut«, erwiderte Jack. »Musst du denn nicht auch vor Gericht?«
    »Um als Zeugin auszusagen?«, fragte Ralph. »Ja, ich glaub schon.«
    »Verdammt«, sagte Jack.
    Und dann – nur wenige Augenblicke später, nachdem er ein paar von Ralphs Weintrauben gegessen hatte – erzählte er ihr, dass er Billy, den Köter von Rose Miller, mit einem Ziegelstein getötet habe.
    »Warum?«, flüsterte Ralph entsetzt. »Der arme Hund hatte nicht die geringste Schuld an dem ganzen Mist.«
    »Ich musste es tun«, antwortete Jack. »Um sie zu bestrafen.«
    »Aber man wird sie vor Gericht stellen.« Ralph hielt die Stimme weiterhin gesenkt. »Reicht dir das nicht?«
    »Niemand wird je erfahren, was ich getan habe«, sagte Jack. »Ich hab den Hund einfach verschwinden lassen … und er hat nichts gespürt, falls du dir darüber Sorgen machst. Sie werden ihn nicht finden. Sie werden ihn für vermisst halten.«
    »Darum geht es nicht«, sagte Ralph.
    Jack schaute sie einen Augenblick an. »Hasst du mich jetzt?«
    »Natürlich nicht«, antwortete Ralph. Ihr war übel. »Aber ich wünschte, du hättest es nicht getan.«
    »Ich hab’s für dich getan«, sagte er.
    Als der Fall vor Gericht gekommen war, hatte Ralph ihre Aussage gemacht und bestätigt, was sie bereits der Polizei gesagt hatte: Sie sei auf Bartlet Down spazieren gegangen, als sie den Hund winseln hörte und nachgeschaut habe, ob das Tier Hilfe bräuchte. Rose Miller – die sie ja aus dem Heim kenne – habe sie dann grundlos zu Boden gestoßen.
    »Inzwischen glaube ich allerdings, dass sie womöglich verwirrt war«, sagte Ralph im Zeugenstand, »und vielleicht auch ein bisschen ängstlich. Schließlich war es dunkel. Ihr Hund war gefesselt, und ich glaube nicht, dass sie mich so schwer verletzen wollte.« Dann schaute sie zu der Frau auf der Anklagebank und empfand Mitleid und Scham. »Obwohl ich für den Rest meiner Tage mit den Verletzungen leben muss, bin ich bereit, ihr zu vergeben.«
    Es stand Aussage gegen Aussage. Miller gegen Ralph, die Verletzte, die Großmütige.
    Die Putzfrau wurde für schuldig befunden; ihre Strafe wurde zur Bewährung ausgesetzt.
    Doch Ralphs Leben hatte sich für immer verändert, und dasnicht nur körperlich. Sie hatte einen Meineid geleistet und sich damit unwiderruflich an die Gruppe gebunden. Mit ziemlicher Sicherheit hatte sie jede Chance verloren, selbst Kinder zu bekommen. Auch abgesehen von ihren Verletzungen würde kein Mann sie noch wollen, selbst wenn sie Interesse an ihm hätte – was nicht der Fall sein würde.
    Tatsächlich hatte sie nur ein einziges Mal die Chance auf Mutterschaft gehabt: erschaffen und zunichtegemacht von ihrem Vater.
    Ihre arme Mutter hatte damals noch gelebt.
    »Wenn du ihr das sagst, wird es sie umbringen«, hatte ihr Vater gesagt.
    Also hatte Ralph geschwiegen und niemandem erzählt, was er ihr angetan hatte.
    Und dann schwieg sie auch über das Baby, das er ihr gemacht hatte …
    … und das er aus ihr rausgeholt hatte.
    »Wenn du es bekommst, bringt sie das um.«
    Doch ihre Mutter war auch so gestorben – an einer Embolie.
    Danach hatte ihr Vater aufgehört, doch für sie war es zu spät.
    Und nach Rose Miller gab es nun gar keine Chance mehr.
    Sie hatte nur die Kinder.
    Ohne sie war sie nichts.
    Sie war auf Gedeih und Verderb mit ihnen verbunden.

20. Das Spiel
    Während Challow Hall immer weiter in die Vergangenheit rückte, hatte sie ihr Tagebuch über die Jahre hinweg weitergeführt und die Fortschritte der Kinder sowie ihre eigenen Reaktionen darauf festgehalten.
    Nur dass sie keine Kinder mehr waren.
    Roger, die in Reading wohnt, ist Schauspielerin geworden, wie wir es vorausgesagt haben. Sie macht Hörspiele und Voiceover. Ins Fernsehen hat sie es jedoch noch nicht geschafft. Sie sagt, sie

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