Die Rache der Liebe
fortzuschicken. Aber damit hatte sich Lida selbst um eine Menge Spaß gebracht. Sie genoss es nämlich ungemein, über eine demütige Ehefrau zu herrschen. Also kümmerte sie sich bei ihrem dritten Besitzer darum, dass bereits vorab Regelungen zu ihrem Schutz getroffen wurden.
Es verlangte sie nicht nach Freiheit, und deshalb bat sie auch nie darum. Freiheit war gleichbedeutend mit Schutzlosigkeit, und Lida wollte gerne beschützt und verhätschelt werden. Und sie wollte auch keinen eigenen Ehemann. Ehefrauen hatten zu viele Pflichten, und Lida genoss es ja gerade, keine zu haben. Außerdem hatten Ehefrauen die lästige Aufgabe, ständig Kinder in die Welt setzen zu müssen, wonach es Lida nun gewiss nicht verlangte. Weit angenehmer war es, sich in die machtvolle Position einer Ehefrau zu manövrieren, ohne deren Verantwortung tragen zu müssen. Lida zweifelte nicht, dass sie hier, in Wessex, die privilegierte Stellung erreichen würde, die sie gewohnt war.
Ihre einzigen Rivalinnen waren die beiden anderen Sklavinnen, die mit ihr hierhergesegelt waren, und die waren, weiß Gott, keine Konkurrenz. Golda war eine robuste, ältere Frau ohne besondere Vorzüge, außer, dass sie sich auf die Führung eines Haushalts verstand, weshalb man sie auch gekauft hatte. Sie hatte unscheinbares braunes Haar, dafür allerdings bemerkenswerte Augen in der Farbe von goldenem Eichenlaub. Die Augen waren das Schönste an ihr, waren geradezu verschwendet in ihrem Gesicht, das man nur als einfach und reizlos bezeichnen konnte - es sei denn, sie lächelte. Wenn sie lächelte, wurde sie richtig hübsch. Aber sie war mindestens zwanzig und zehn Jahre alt, an schwere Arbeit gewöhnt und wußte sicher nicht, wie man einen Mann verführte.
Magge hingegen war eine sinnliche, rothaarige Schottin, die Männer mochte und gerne und viel lachte. Mit ihren lebhaften Farben war sie auf ihre etwas grelle Art durchaus hübsch, doch sie konnte Lida mit ihrer lasziven Ausstrahlung bei weitem nicht das Wasser reichen.
Anfangs hatte sich Lida ganz dem Wikinger Ivarr gewidmet, bis sie dann herausfand, dass er sie nicht für sich, sondern für einen anderen Mann gekauft hatte. Sie war enttäuscht gewesen, denn von all ihren Besitzern war Ivarr der bei weitem attraktivste Mann. Zumindest war sie bis gestern enttäuscht gewesen.
Der erste Anblick ihres Besitzers war ein Schock gewesen. Lida hatte nicht gewusst , dass Männer so schön sein konnten wie Selig Haardrad, sie hatte sich einen derartigen Mann nicht einmal in ihren kühnsten Träumen vorgestellt. Der nächste Schock war, dass er sie keines zweiten Blickes würdigte und seine Zeit statt dessen Golda widmete, um mit ihr über ihre Pflichten zu sprechen - und ihre Aufgabe als Aufsicht über die Dienstboten. Lida hatte Ivarr beschwatzt, ihr diese Position zu geben, und er hatte eingewilligt, gleichzeitig jedoch gewarnt, dass dies nur vorübergehend sein würde, da die endgültige Entscheidung nicht bei ihm läge. Doch Selig hatte gestern nur einen kurzen Blick auf seine drei neuen Sklavinnen geworfen und dann sogleich diese unselige Wahl getroffen.
Lida war weniger entmutigt als verärgert. Seit ihrer Ankunft hatte sie wenig oder gar keine Arbeiten verrichtet und die anstehenden Pflichten den beiden anderen Frauen übertragen. Bis sie nun Selig dazu überredet hätte, ihr die Autorität zurückzugeben, die er ihr so gedankenlos genommen hatte, würde sie unter Goldas Aufsicht arbeiten müssen.
Ohne Befehlsgewalt war Golda sanft wie ein Lämmchen, aber mit wurde sie zu einem wahren Drachen. Wenigstens war sie kein rachsüchtiger Drachen. Sie strafte Lida nicht für all die zusätzliche Arbeit, die sie unter Lidas Leitung hatte verrichten müssen. Vielmehr verteilte sie die Arbeit gerecht unter allen Dienstboten auf, was für Lida freilich vollkommen inakzeptabel war, da ihr jede Art von niedriger Arbeit zutiefst ver hasst war.
Doch dies war nur eine vorübergehende Niederlage, die behoben sein würde, sobald sie mit ihrem Herrn das Bett geteilt hätte. Und das würde spätestens dann geschehen, wenn er in sein neues Heim eingezogen wäre.
Man erzählte sich, dass er und seine neue Gemahlin noch heute hier einziehen würden. Demnach brauchte Lida nicht mehr lange zu warten, um das zu bekommen, was sie wollte. Zunächst einmal würde sie auf einem größeren Haushalt, so wie sie es gewohnt war, bestehen. Es gab genügend männliche Dienstboten, doch mit nur drei Frauen besser gesagt, zweien - würde
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