Die Rache der Liebe
stand, ehe er das Schwert zog - das ehemalige Schwert des Wikingers. Denn dies war Odgens letzter Triumph - den Wikinger durch sein eigenes Schwert zu töten. Doch der Mann wich Odgens erstem Hieb aus und zog nun ebenfalls sein Schwert. Wieder und wieder stieß Odgen zu, prallte aber jedes Mal an der Klinge des Wikingers ab.
» Lass ab, Mann!« schrie ihn Lord Royce an. »Sag ihm, wo sich seine Gattin befindet, und er wird dich unbescholten gehen lassen!«
Ohne in seinem Angriff nachzulassen, schrie Odgen zurück: »Du lügst! Wenn er mich nicht tötet, wird mich der König töten lassen. Glaubst du etwa, ich würde einer verdammten Dänin helfen, wenn ich sowieso sterben muss ? Ihr werdet sie nie finden, obwohl sie sich direkt vor eurer Nase befindet!« Er lachte noch einmal brüllend auf - ehe Seligs Schwertgriff auf seinen Kopf niederkrachte.
Ohnmächtig sank er zu Boden. Royce nahm ihm das Schwert ab und überreichte es Selig.
»Das war dein klügster Schritt«, sagte er.
»Denn er war entschlossen, sich von dir töten zu lassen, ohne dir Erikas Aufenthaltsort mitzuteilen. Sobald er wieder zu sich gekommen ist, werden wir ihn weiter verhören, obwohl ich bezweifle, dass wir noch mehr aus ihm herausbekommen.«
»Noch mehr?« fragte Kristen, die nun mit Turgeis zu ihnen stieß.
»Er hat gesagt, wir würden sie nie finden, obwohl sie direkt vor unserer Nase ist. Das ist ein Hinweis, ein Rätsel, das wir irgendwie entschlüsseln müssen.«
»Demnach müss te sie sich hier befinden, oder so nah, dass wir förmlich über sie stolpern müss ten«, überlegte Kristen.
»Doch ich habe die Dienstboten bereits angewiesen, sämtliche Kisten, Truhen, ja, selbst die Fässer gründlich zu überprüfen, kurzum jedes Behältnis, das groß genug ist, einen Körper hineinzustopfen. Sie haben nichts entdeckt, ihr Versteck kann somit nicht inmitten dieser Mauern sein.«
»Was sagt sie?« wandte sich Turgeis an Selig.
Selig wiederholte es, wie auch den Hinweis, den Odgen ihnen gegeben hatte - und be schloss gleichzeitig im stillen, dass er Angelsächsisch lernen würde, selbst wenn es ihn umbrächte. Kristen merkte, was in ihrem Bruder vorging, und konnte sich ein Grinsen nicht ganz verkneifen. Da sie nun auf Norwegisch übergegangen waren, war Royce derjenige, der von der Unterhaltung ausgeschlossen war.
»Wenn wir Wyndhurst also ausklammern können, bleibt nur das angrenzende Gebiet«, stellte Kristen klar. »Wo befand sich das Lager?«
»An einem Waldrand.«
»Dann haben sie dort vielleicht eine Höhle oder einen Tunnel entdeckt. «
»Oder ein Loch«, fügte Turgeis hinzu.
Dieser Vorschlag rief in Selig ungute Erinnerungen hervor. »Euer Loch war ein von Mauern umgebenes Verlies.«
»Aber am Anfang war es tatsächlich nur ein Loch in der Erde. Gibt es so etwas in der Nähe?«
»Nicht, dass ich wüsste «, antwortete Selig.
»Könnten sie nicht selbst eines gegraben haben?« überlegte Kristen laut.
Selig und Turgeis starrten sie beide einen Moment ungläubig an und stürzten dann, wie auf ein geheimes Kommando hin, zu ihren Pferden.
47
Die Grube war nicht leicht zu finden. Eine geschlagene Stunde verbrachten sie damit, die Leichen wegzuräumen, um jeden Flecken des Gebiets abzusuchen, und arbeiteten sich dann schrittweise nach außen vor. Schließlich war es Turgeis, der die Grube entdeckte und den Grasbelag entfernte. Die Bergung von Erika sah Selig allerdings als seine persönliche Aufgabe an. Sie war nicht bei Bewusstsein und in einem Zustand, der Selig zutiefst erschreckte. Zu allem Übel konnte er mit den Händen nur bis zu ihrem Kopf greifen, und das Erdloch war zu eng zum Hinuntersteigen. Also hielt Turgeis ihn an den Füßen fest, damit er sich so tief wie möglich hinunterbeugen konnte, und zog sie dann beide mit einem kräftigen Ruck nach oben, was ihm dank seiner Körperkraft nicht schwerfiel.
Kaum lag sie auf dem Boden, erwachte sie aus ihrer Ohnmacht, so dass die beiden Männer, die schon das Schlimmste befürchtet hatten, erleichtert aufatmeten. Selig ließ seinen Dolch entlang ihres zusammengekrümmten Körpers gleiten, durchtrennte sämtliche Stricke und riss sie dann, von seinen eigenen Gefühlen überwältigt, in die Arme.
»Den Göttern sei Dank, du lebst! Bist du denn in Ordnung? Wenn sie dir weh getan haben, werde ich sie noch einmal töten, jeden einzelnen von ihnen! Ach, mein Herz, ich liebe dich so sehr! Noch nie im Leben hatte ich solche Angst! Und solltest du es jemals wieder
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