Die Rache der Liebe
sich guter Gesundheit - noch!«
Gottlob verstand Royce kein einziges Wort, denn sonst hätte er sie am Nacken gepackt und sie für die unterschwellige Drohung ordentlich durchgeschüttelt. Ragnar hingegen schien nichts anderes erwartet zu haben.
Er sagte nur: »Ich möchte sie sehen.«
»Wenn du bereit bist, allein zu kommen, so wird man dich einlassen. Ansonsten muss t du mit meinem Wort vorliebnehmen, dass man ihr hier keinen Schaden zugefügt hat.«
Mit dieser Antwort war er alles andere als zufrieden. »Wo ist dein Gemahl, damit ich mit ihm sprechen kann?«
»Mein Lord Royce steht neben mir. Sprich mit ihm, wenn du der angelsächsischen Sprache mächtig sein solltest. Wenn nicht, muss t du den Umweg über mich in Kauf nehmen.«
Das gefiel ihm noch weniger. »Du weißt, weshalb ich hier bin, Lady. Du hattest kein Recht, meine Schwester mitzunehmen.«
Um mit ihm gleichzuziehen, erhob nun auch Kristen die Stimme. »Kein Recht? Willst du über Rechte debattieren? Mein Bruder war im Auftrag von König Alfred unterwegs zu deinem König. Auf seiner Reise wurde er schwer verletzt und begab sich nach Gronwood, um dort Hilfe zu finden. Aber dort schenkte man seinen Worten kein Gehör und bezichtigte ihn der Spionage. Er wurde sogar ausgepeitscht. Trotz seines schlimmen Fiebers und seiner heftigen Schmerzen wurde er ausgepeitscht! Er hat jedes Recht, dafür Vergeltung zu fordern, und deine Schwester wird sich dafür zu rechtfertigen haben.«
»Von ihrem Gefolgsmann Turgeis weiß ich, dass meine Schwester die Peitschenstrafe nur aus Zorn über die Beleidigungen deines Bruders angeordnet hat. Und von ihm habe ich auch erfahren, dass sie kurz darauf ihren Befehl wieder rückgängig machen wollte. Doch sie fand keine Zeit, da sich mein Sohn den Arm gebrochen hatte und sie ihm zu Hilfe eilen muss te. Sie hat vielleicht einen Fehler begangen, aber nur als Reaktion auf das Verhalten deines Bruders, der sie wie ein gewöhnliches Weib behandelt hat, statt wie die Tochter eines Jarls, die sie tatsächlich ist. Ich dulde nicht, dass sie wegen eines Fehlers leidet.«
Kristen hatte bereits von Royce über diesen »Zorn« gehört, der angeblich für das Auspeitschen verantwortlich gewesen war. Aber wäre die Strafe tatsächlich aufgehoben worden, wenn Erika nicht durch den Unfall ihres Neffen abgelenkt gewesen wäre? Obwohl es nur weniger Worte an irgendeinen Dienstboten bedurft hätte, um den Befehl rückgängig zu machen? Kristen konnte das nicht glauben.
Und in Ragnars Geschichte tauchte auch nicht das Lachen der Lady auf, an das sich Selig deutlich erinnern konnte. Das Vergnügen, das sie angesichts seiner Qualen empfunden hatte. Erika muss te dabeigewesen sein, als man Selig ausgepeitscht hatte, und das wiederum bedeutete, dass Ragnar entweder von Turgeis falsch informiert worden war oder dass er log, um das Leben seiner Schwester zu retten. Kristen konnte ihm das nicht verdenken, sie hätte ebenso gehandelt. Nur war es in diesem Fall sinnlos, weil sie mehr Fakten kannte als er.
Dennoch schenkte sie ihm für seine Bemühungen ein kurzes Lächeln, das er deuten mochte, wie er wollte. »Sobald mein Bruder der Ansicht ist, dass deine Schwester für ihre Schuld genügend bezahlt hat, wird er sie heimschicken.«
»Wenn es um Geld geht ... «
»Geld wird er nicht akzeptieren.«
Eine Weile überlegte er, was diese Worte beinhalten könnten, ehe er schließlich fragte: »Hat er sie vergewaltigt?«
»Falls sie keine Jungfrau mehr ist, so hat sie das zu verantworten, nicht wir.«
»Willst du damit sagen, dass sie keine mehr ist?«
»Ich sage, dass ich bisher keinen An lass gesehen habe, sie nach ihrer Jungfräulichkeit zu fragen, und deshalb auch nichts darüber weiß. Sei's drum, sie wird Wyndhurst jedenfalls nicht ohne seine Einwilligung verlassen, und die hat er noch nicht erteilt.«
Ragnars Pferd bäumte sich auf, witterte die Wut und Enttäuschung seines Herrn. »Lady, das ist unannehmbar. Schick ihn heraus! Ich werde ihn jetzt, auf der Stelle, herausfordern!«
»Er ist noch nicht gesund genug, um irgendwelche Herausforderungen annehmen zu können. Aber ich bin diejenige, die deine Schwester für ihn gefangengenommen hat«, erinnerte ihn Kristen. »Willst du also gegen mich kämpfen?«
»Von dir will ich Dänengeld für deine Frechheit! Und von dem, auf dessen Wunsch hin du gehandelt hast, will ich das Leben!«
»Wenn er willens ist, nach seiner Genesung gegen dich zu kämpfen, so mag er es tun. Doch das wird noch
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