Die Rache der Medica (Die Medica-Reihe) (German Edition)
da sind und ihn abschirmen, war es mir nicht mehr möglich, an das Essen oder die Getränke für den König heranzukommen. Selbst wenn, dann hat mir immer dieser Mönch genau auf die Finger gesehen. Er hat sämtliche Zubereitungen beaufsichtigt, und ich musste vorher probieren.«
Pater Severin hatte nachgedacht und stellte eine weitere Frage. »Wie ist es überhaupt möglich, dass die beiden an den König herangekommen sind? Es stehen doch Wachen vor seiner Tür.«
Veit zuckte wieder mit den Schultern. »Ich weiß es nicht.«
Erneut warf Pater Severin dem Erzbischof einen bedeutungsschwangeren Blick zu. »Eine Hexe. Sie ist eine Hexe. Sie muss mit dem Teufel im Bunde sein, sonst könnte sie das alles nicht bewerkstelligen.«
»Da sagt Ihr mir nichts Neues«, brummte der Erzbischof und sah zum Kreuzrippengewölbe der Burgkapelle mit dem aufgemalten Sternenhimmel hoch. Er fasste einen Entschluss. »Außergewöhnliche Umstände erfordern außergewöhnliche Maßnahmen.« Er wandte sich wieder an Veit. »Hast du noch von dem besagten Mittel?«
»Genügend, aber ich kann es nicht einsetzen.«
»Du wirst es müssen. Heute noch. Bei nächster Gelegenheit. Lass dir gefälligst was einfallen. Such dir den rechten Moment, lenk den Mönch ab, wie, bleibt dir überlassen. Aber es muss erledigt werden. Hast du gehört? Vielleicht hilft dir ein Bonus auf die Sprünge.« Er bedachte Pater Severin mit einem auffordernden Seitenblick, den dieser mit einem kurzen Kopfnicken bestätigte. »Wenn du Vollzug melden kannst, lass Pater Severin eine Nachricht zukommen.«
Er beugte sich zu Veit hinunter. »Fürchte dich nicht. Du tust ein gottgefälliges Werk. Aber tu es bald!«, zischte er ihm ins Ohr.
Damit verließ er die Burgkapelle und ließ Pater Severin und Veit zurück.
»Es wird nicht einfach, Euer Gnaden«, wagte Veit zu sagen. »Ich riskiere sehr viel. Mit Giftmischern wird kurzer Prozess gemacht.«
»Niemand wird etwas merken, wenn du dich geschickt anstellst. Hast du Familie?«
»Ja. Eine Frau und eine kleine Tochter.«
»Sollten sie dich erwischen …«, sagte Pater Severin und sah, wie sich die Augen des Kochs bei dieser Vorstellung vor Furcht weiteten.
»Auf der Streckbank hat noch jeder geredet«, sagte Veit mit gepresster Stimme.
Pater Severin legte ihm beruhigend die Hand auf die Schulter. »Es ist bis jetzt gutgegangen, und so wird es auch diesmal sein.« Er drückte ihm ein paar Silbermünzen in die Hand. »Das dürfte helfen, deine Bedenken zu zerstreuen. Sollte dir etwas zustoßen, kann ich dir eines versichern. Dann wird für deine Familie gesorgt sein.«
»Versprecht Ihr mir das?«
»Wenn kein Wort über deine Lippen kommt, auch nicht bei einer peinlichen Befragung. Du weißt, was das bedeutet.«
Veit begriff und nickte mit zusammengepressten Lippen. »Ich habe noch genügend von dem Pulver, um einen Rest für mich zurückzubehalten.«
»Das ist sehr klug von dir. Wenn du eine große Dosis nimmst, wirkt es tödlich. Wie du vorhin erwähnt hast, auf der Streckbank hat noch jeder geredet.«
»So weit lasse ich es nicht kommen.«
»Gut, dann ist alles gesagt. Von jetzt an kennen wir uns nicht mehr. Warte ein wenig, bevor du die Burgkapelle verlässt. Es darf uns niemand zusammen sehen.«
Mit seiner wehenden Soutane eilte Pater Severin hinaus.
Veit stand unsicher da und sah die Münzen in seiner Hand an. Statt schließlich auch zu gehen, kniete er vor den Altar und betete für seine unsterbliche Seele, die er soeben verkauft hatte.
IX
E in gutes Dutzend Partien Schachzabel später war der König eingeschlafen und Bruder Thomas, der sich eigentlich immer für einen mehr als passablen Schachzabelspieler gehalten hatte, seiner Illusion in dieser Hinsicht beraubt. Er hatte alles gegeben und Konrad ein hartes Gefecht nach dem anderen geliefert, aber er war chancenlos gegen ihn. Einmal, ein einziges Mal nur, brachte er seinen Gegner an den Rand einer Niederlage. Aber im Eifer des Gefechts machte er vorschnell einen falschen Zug, und der König nutzte diese Schwäche gnadenlos aus. Bruder Thomas war schließlich froh, dass der König murmelte, er sei müde, den Kopf wegdrehte und einschlief. Seufzend packte Bruder Thomas die wertvollen Figuren fein säuberlich wieder weg und beschloss, sich ebenfalls noch aufs Ohr zu legen.
Draußen dämmerte es bereits, er wickelte sich im Vorraum in seine Decke und schloss die Augen. Es war nur vernünftig, sich noch eine Mütze voll Schlaf zu genehmigen, der Tag vor
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