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Die Rache der Medica (Die Medica-Reihe) (German Edition)

Die Rache der Medica (Die Medica-Reihe) (German Edition)

Titel: Die Rache der Medica (Die Medica-Reihe) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Geiges
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auf Augenhöhe, um das Antlitz des Königs besser begutachten zu können. Anna und Chassim beobachteten die Reaktion des Mönchs genau. Seine Hand mit der Öllampe zitterte. »Ambros. Du bist Ambros. Der Hütejunge von Burg Greifenklau!«
    Jetzt stahl sich doch ein freches Grinsen in das Gesicht des Jungen. »Ja, Herr, der bin ich.«
    Bruder Thomas drehte sich mit dem Ausdruck grenzenloser Verblüffung zu Anna und Chassim um. »Das ist Ambros. Aber er gleicht dem König tatsächlich wie ein Ei dem anderen. Wieso ist mir das nie aufgefallen?«
    »Du kanntest den König ja nicht. Aber ich«, entgegnete Anna. »Wir dürfen jetzt keine Zeit mehr verlieren. Thomas, du weckst den König. Ambros hat zum Glück auch in etwa die Statur des Königs. Er muss in des Königs Gewänder schlüpfen, seine Haare habe ich mit Berbelins Hilfe schon so geschnitten, wie sie der König trägt. Er wird lernen müssen, sich zu bewegen und so zu sprechen wie Konrad.«
    »Und das alles in ein paar Stunden, mehr Zeit haben wir nicht. Wir alle müssen ihm dabei helfen«, sagte Chassim.
    »Das … das ist ein Ding der Unmöglichkeit«, stotterte Bruder Thomas. Aber Anna hatte schon damit begonnen, fieberhaft in den zahlreichen Truhen des Königs, die im Vorraum an den Wänden lagerten, herumzukramen und Gewänder, Schuhe, Mäntel und Pelze herauszulegen. »Uns bleibt keine andere Wahl«, sagte sie, während sie schnell an Ambros Maß nahm. »Ich habe mir alles sehr genau überlegt. Von den anwesenden Gästen kennt keiner den König näher. Außer seinem Leibarzt und seinem persönlichen Kammerdiener. Selbst seine Wachen haben ihn immer nur flüchtig gesehen.«
    »Der Leibarzt ist abgereist. Nicht ohne Verwünschungen gegen dich auszustoßen«, wandte Bruder Thomas ein.
    »Umso besser. Das erleichtert uns die Angelegenheit. Hier, Ambros, nimm das.« Sie warf Ambros Beinkleider und eine prächtige, mit Juwelen bestickte Tunika zu. »Das ziehst du an, während Bruder Thomas zum König geht und ihn einweiht. Wir müssen ihn darauf vorbereiten, was ihn erwartet. Thomas – wenn du so weit bist, holst du uns.«
    Sie fasste Ambros bei den Schultern und sah ihn eindringlich an. »Ambros, sag mir, hast du das alles verstanden?«
    Der Hütejunge antwortete, ganz in Ton und Gestus eines eingebildeten, schnöseligen Adelssprosses, der es gewohnt war, von vorn bis hinten bedient und verwöhnt zu werden, indem er die Nase rümpfte und ein blasiertes Gesicht machte. »Was erlaubt Ihr Euch, so mit Eurem König zu reden? Ich kann zwar weder lesen noch schreiben, aber ich bin nicht blöde.«
    Anna, Bruder Thomas und Chassim blieb kurz die Luft weg, und sie starrten Ambros ungläubig an. Der musste lächeln, als er mit normaler Stimme weitersprach. »War das gut so?«
    Damit löste er die Verblüffung, und Bruder Thomas konnte sich nicht mehr zurückhalten. Er schlug ihm mit seiner Pranke anerkennend auf die Schulter und lachte schallend. »Ambros, für einen Augenblick hast du es tatsächlich geschafft, uns zu täuschen. Das war für den Anfang schon mal nicht schlecht.«
    Ambros schien sich mit seiner kurzfristigen Rolle schon auseinandergesetzt zu haben, Chassim hatte ihn auch auf dem ganzen Herweg so detailliert und ausführlich mit Einzelheiten über Benehmen und Eigenheiten eines Königs gefüttert, dass ihm der Kopf schwirren musste. Aber er war tatsächlich nicht dumm und schien ein natürliches schauspielerisches Talent zu besitzen und sich nicht um die Meinung anderer zu scheren. Er war nicht schüchtern, wenn man ihn erst aus seinem Schneckenhaus, in das er sich für gewöhnlich zurückgezogen hatte, herausgelockt hatte.
    Bruder Thomas warf einen Blick ins königliche Schlafgemach, sah, dass Konrad wach war, schlüpfte hinein und schloss die Tür hinter sich. »Was ist denn da draußen los, Bruder Thomas?«, fragte der junge König. »Haben wir Besuch?«
    »Ja, Majestät. Hohen Besuch sozusagen.«
    »Spannt mich nicht unnötig auf die Folter – wer ist es? So wie ich aussehe, kann ich doch unmöglich jemanden empfangen.«
    »Keine Bange, es ist gerade so, als würdet Ihr in einen Spiegel sehen. Kennt Ihr den 1 . Brief des Apostels Paulus an die Korinther, Kapitel  13 , Vers  12 ?«
    »Nein. Aber Ihr werdet mir die Bibelstelle sicher gleich zitieren.«
    »Videmus nunc per speculum in aenigmate tunc autem facie ad faciem nunc cognosco ex parte tunc autem cognoscam sicut et cognitus sum.«
    »Wir sehen jetzt durch einen Spiegel in das Rätselhafte,

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