Die Rache der Medica (Die Medica-Reihe) (German Edition)
um ihn weinte, und seine Frau sagte, dass Veit nun auf ewig der Verdammnis anheimgefallen sei?
Er wusste es nicht.
Er wusste nur, dass er, wenn er den Auftrag wirklich ausführte, sein Leben riskierte und, wenn es ganz schlimm kam, ihm selbst ein Ende setzen musste. Das war eine unverzeihliche Todsünde. Er würde nicht einmal in geweihter Erde beigesetzt werden. Keine Dispens, und kam sie von noch so hoher Stelle, konnte ihm in diesem Fall seine Seele retten. Er würde bis ans Ende aller Tage im Höllenfeuer schmoren, und seine Pein würde ewiglich währen.
Sobald er darüber nachdachte – und das tat er unentwegt –, trat ihm der Schweiß auf die Stirn, und das nicht, weil es in der Küche bei Hochbetrieb unerträglich heiß und stickig war. Der Drang, seine auswegslose Lage jemandem zu beichten, sich jemandem anzuvertrauen, wurde bei jedem Atemzug größer. Aber bei wem konnte er diese unerträglich werdende Last abladen, ohne sofort deswegen denunziert, festgenommen und an den Pranger einer Anklage mit unvermeidlicher Verurteilung gestellt zu werden? Er hatte einmal gehört, was die Strafe für einen ertappten Giftmischer war: der Tod in einem Kessel mit kochendem Wasser …
Gerade als er sich darüber den Kopf zerbrach, entdeckte er den einzigen Mann, der dafür in Frage kam. Bruder Thomas schien ihn zu suchen, denn er hatte eine leere Schüssel in der Hand für die leicht verträgliche Speise des Königs und kam sofort auf ihn zu, als er ihn erblickte. Veit nahm ihn beiseite. »Bruder Thomas – habt Ihr kurz Zeit für mich? Ich habe etwas auf dem Herzen, etwas Schwerwiegendes.«
Bruder Thomas sah ihm an, dass es ihm sehr ernst war, und nickte. Der Zeitpunkt war günstig, der Küchenmeister war in ein Streitgespräch mit einer Köchin verwickelt, und so zog Veit den Mönch durch einen Seiteneingang, durch den die Küchenabfälle nach draußen auf einen Haufen an der inneren Burgmauer geworfen wurden.
Veit sah sich um, wartete, bis eine Magd ihre volle Schürze mit Gemüseresten ausgeleert hatte und wieder in der Küche verschwand, bis er anfing zu sprechen.
»Ich muss Euch etwas fragen, Bruder Thomas. Ihr seid doch ein geweihter Priester und demzufolge berechtigt, die Beichte abzunehmen und Absolution zu erteilen?«
»Was hast du denn angestellt, Veit?«, fragte Bruder Thomas, der den Koch zunächst gar nicht ernst nahm. »Hast du ein wenig süßes Naschwerk mitgehen lassen?«
»Es … Es fällt unter das Beichtgeheimnis, Bruder Thomas.«
»Hat das nicht Zeit? Nach der Mitternachtsmesse ist doch noch genug Gelegenheit dafür.«
Veit schüttelte den Kopf. »Nein, es muss jetzt sein.«
»Ich kann dir schon die Beichte abnehmen, wenn es für dich so dringlich ist.«
»Das ist es, bei Gott, das ist es.«
Bruder Thomas erkannte nun, dass es Veit wirklich ein Bedürfnis war, und schlug den Weg zur Burgkapelle ein. »Dann komm.«
Sie betraten die schummrige Kapelle. Eine alte Frau säuberte auf den Knien den Steinfußboden mit einem nassen Lappen, den sie in einen Ledereimer mit Putzwasser tauchte. Veit sah sich um, außer ihr war niemand anwesend. Die Mitternachtsmesse sollte in der Katharinenkirche in Oppenheim stattfinden, sie allein war groß genug, alle Gäste aufzunehmen, auch wenn sie noch im Bau war.
Die alte Frau kümmerte sich nicht um Bruder Thomas und Veit und putzte unbeirrt weiter.
Bruder Thomas betrat den Beichtstuhl, machte die Tür zu, setzte sich und wartete, bis Veit sich im Seitenteil hingekniet hatte. Der Mönch konnte Veit hinter dem geschnitzten Beichtgitter nur schemenhaft erkennen, als er anfing, die übliche Einleitungsformel zu sprechen. »In nomine Patris et Filii et Spiritus Sancti.«
Bruder Thomas bekreuzigte sich, als er antwortete: »Amen. Gott, der unser Herz erleuchtet, schenke dir wahre Erkenntnis deiner Sünden und seiner Barmherzigkeit.«
»Amen.«
»Sprich, was bedrückt dich?«
»Bruder Thomas, seid Ihr dem Beichtgeheimnis verpflichtet?«
»Was ist denn das für eine Frage? Selbstverständlich bin ich das.«
»Auch bei einem schwerwiegenden Fall?«
»In jedem Fall.«
»Schwört Ihr mir das?«
»Was ist es denn, was du mir beichten willst?«
»Schwört Ihr mir, dass Ihr das Beichtgeheimnis wahrt, egal, was ich Euch beichte?«
»Beim Leben der Heiligen Jungfrau, ich schwöre.«
»Ich bin des Todes, wenn Ihr Euer Versprechen brecht.«
Bruder Thomas seufzte. »Du kannst dich auf mein Wort verlassen. Die Beichte und das Beichtgeheimnis sind für
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