Die Rache der Medica (Die Medica-Reihe) (German Edition)
komme.«
Pater Severin verneigte sich und ging rückwärts in leicht gebückter Haltung davon. Chassim wandte sich Anna vorwurfsvoll zu. »Wie kannst du nur zusagen? Glaubst du wirklich, er meint es ehrlich? Er will dich doch nur in die Enge treiben und dich ausfragen. Er will wissen, was hier gespielt wird.«
»Glaubst du, das wird er von mir erfahren?«
Chassim sah in Annas ernstes Gesicht. »Nein, natürlich glaube ich das nicht.«
»Siehst du. Genau dieses Gefühl der Aussichtslosigkeit seiner Intrigen will ich ihm vermitteln. Und dazu möchte ich ihm in die Augen sehen.«
Pater Severin, der sich wieder in den Hintergrund zurückgezogen hatte, beobachtete, wie sich die Hexe Anna von Hochstaden unauffällig von ihrem Platz erhob und sich unter die Tanzenden mischte, bis das Bäumchen-wechsle-dich-Spiel erforderte, dass sie zum König weitergereicht wurde. Sie flüsterte ihm ein paar Worte ins Ohr, die zur Folge hatten, dass sich der König nach kurzem Zögern mit einer knappen Verbeugung bei seinen Mittänzerinnen bedankte, eine Bedauern ausdrückende Extraverbeugung war an ein blondes, etwas dralles Mädchen in rotem Damastkleid gerichtet, und dann folgsam hinter der Medica zum Treppenhausturm weiterging, von dem aus man in die oberen Gemächer gelangte.
In Pater Severins Gesicht schlich sich leise Genugtuung. Er hatte also doch recht gehabt – die Medica hatte den jungen König völlig in der Hand, sie musste irgendein Zaubermittel eingesetzt haben, das bewirkte, dass Konrad IV . wie ein Schoßhündchen hinter seiner Herrin hertrottete. Rasch nahm er die Verfolgung der beiden mit genügend Abstand auf, vielleicht ergab sich doch noch eine neue überraschende Erkenntnis, mit deren Hilfe er die Gunst des Erzbischofs zurückgewinnen konnte.
Die Medica und der König gingen die Treppen bis zum zweiten Stock hoch, wo sich der Gang zu den königlichen Gemächern befand, wie Pater Severin wusste. Er blieb in Hörweite hinter den beiden, hörte sie miteinander reden, schloss aber vorsichtshalber, um nicht bemerkt zu werden, nicht so nahe zu ihnen auf, dass er verstehen konnte, was sie sagten. Sie mussten inzwischen im zweiten Stock sein, als er von oben her noch eine andere, helle weibliche Stimme vernahm. Die Person musste dort auf die beiden gewartet haben und klang über die Maßen erregt. Pater Severin beeilte sich, so weit hochzugehen – ohne gesehen zu werden –, dass er mitbekommen konnte, um was es da ging.
»Majestät – Ihr vergesst wohl ganz, dass morgen unser Verlöbnis bekanntgegeben wird! Und Ihr macht mich heute Abend mit Eurem Verhalten zum Gespött der Leute!«, fauchte die weibliche Stimme.
»Welches Verlöbnis?«, konnte Pater Severin einen verdatterten König sagen hören.
»Ich bitte Euch, Elisabeth, beruhigt Euch, ich werde Euch alles erklären«, versuchte die Medica zu deeskalieren.
Pater Severin äugte hinter einer Säule hervor um die Ecke und konnte den König, die Medica und ein schwarzhaariges Mädchen, das ganz in jungfräuliches Weiß gekleidet war, erkennen. Das Mädchen war ihm als Elisabeth von Bayern bekannt, eine Wittelsbacherin, die auf der Seite der Staufer standen. Sie machte einen zickigen Eindruck und schien so aufgebracht zu sein, dass sie sich nicht einmal von der Medica beruhigen ließ, die allgemein als Respektsperson angesehen und auch so behandelt wurde, wie er bei einigen Gelegenheiten beobachten konnte.
»Vergebt mir, Gräfin«, widersprach Elisabeth trotzig, »aber dies ist eine ganz persönliche Angelegenheit zwischen Seiner Majestät und mir.«
»Umso mehr gehört sie nicht hierher, wo sie jeder hören kann«, sagte die Medica streng.
»Doch, Gräfin. Sie lässt sich ganz schnell klären. Ich weigere mich nämlich, mich einem Mann zu versprechen, der mir zuerst ein Minnegedicht schickt und dann einer anderen den Hof macht …«
»Was für ein Minnegedicht? Ich weiß von keinem Minnegedicht«, unterbrach der König verdutzt. »Ich habe niemandem ein Gedicht geschickt!«
Pater Severin hinter seiner Säule frohlockte innerlich. Das war ja höchst aufschlussreich, was er da zu hören bekam.
»Und was ist das?«, hörte er Elisabeth aufgebracht sagen. »Saget mir ieman, waz ist minne? Weiz ich des ein teil, so wist ich’s gerne me. Der sich baz denn ich versinne, der berihte mich durch waz si tuot so we …«, zitierte sie und drückte dem König ein gefaltetes Pergament in die Hand.
»Ich habe das noch nie gesehen oder gehört«, sagte dieser
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