Die Rache der Medica (Die Medica-Reihe) (German Edition)
Unsicherheit oder Kraftlosigkeit gezeigt hatte, sondern im Gegenteil alle Versuche, ihn zu schwächen, körperlich und geistig, unbeschadet überstanden und in einen geradezu triumphalen Sieg verwandelt hatte. Pater Severin schob alles auf die Medica. Sie musste mit ihren Zauberkräften den jungen König gerettet und rechtzeitig so wiederhergestellt und auf Vordermann gebracht haben, dass dieser souveräner und selbstbewusster aufgetreten war, als es irgendjemand für möglich gehalten hätte. Anders konnte er sich das Verhalten des Königs nicht erklären.
Konrad von Hochstaden packte Pater Severin am Kragen seiner schwarzen Soutane und zischte ihn an, dass diesem die Speicheltröpfchen nur so ins Gesicht regneten: »Zauberkräfte und Hexenkünste! Zum Teufel mit Zauberkräften und Hexenkünsten! Das erzählt Ihr mir schon lange! Das haben wir von Anfang an gewusst! Dann hättet Ihr entsprechende Maßnahmen treffen müssen, um das zu unterbinden! Und was habt Ihr getan? Nichts!«
Er stieß ihn verächtlich weg. Pater Severin wäre beinahe gestolpert, konnte sich aber gerade noch am Altar festhalten. Der Erzbischof war mit seiner Tirade noch nicht fertig, jetzt achtete er auch nicht mehr darauf, dass mehrere Zeugen anwesend waren. Alle konnten sie hören, was er zu sagen hatte. Er rief so laut, dass es durch die ganze Burgkapelle schallte. »Ich will keine Erklärungen und Ausflüchte mehr hören! Ihr habt auf der ganzen Linie versagt. Über die Konsequenzen sprechen wir in Kloster Heisterbach. Ich habe einen Auftrag für Euch. Ich kann nur hoffen, dass Ihr diesen wenigstens zustande bringt, es dürfte nicht allzu schwer sein.«
»Was soll ich tun, Euer Eminenz?«, katzbuckelte Pater Severin mit hündischer Unterwürfigkeit, um den Zorn seines Dienstherrn nicht noch mehr anzufachen.
»Ihr sorgt dafür, dass ich die Gelegenheit bekomme, mit meiner ketzerischen Nichte unter vier Augen zu sprechen.«
»Die Medica? Ihr wollt mit der Medica sprechen?«, rutschte es Pater Severin heraus.
»Ja habe ich etwa noch eine Nichte mit Hexenkräften?«, polterte der Erzbischof. »Natürlich Anna von Hochstaden, wen denn sonst?«
»Gewiss, Euer Eminenz, gewiss. Wann wollt Ihr sie sprechen?«
»Heute Abend oder heute Nacht, das ist mir egal. Aber ich muss allein mit ihr sein. Glaubt Ihr, Ihr bringt das zuwege?«, fragte er mit Sarkasmus in der Stimme.
»Ich werde mein Möglichstes tun«, liebedienerte Pater Severin.
»Ich hege so meine Zweifel, ob das in Zukunft noch ausreichend ist«, ätzte der Erzbischof, bevor er sich von ihm abwandte. Dann marschierte er zum Ausgang, blieb aber noch kurz bei seinen Anhängern stehen und fuhr sie verächtlich an. »Ihr wollt Manns genug sein, um die Hohenstaufen vom Thron zu stoßen? Der Herzog von Schwaben ist noch ein Kind, und ihr bepisst euch vor Angst!«
Mit diesen Worten verließ er die Burgkapelle, nicht ohne mit voller Absicht die schwere Eingangstür krachend ins Schloss fallen zu lassen, so dass all die hohen Herrschaften, die verlegen herumstanden wie gemaßregelte Klosterschüler, noch einmal zusammenzuckten.
VII
K onrad IV ., der Echte, war selbstverständlich über alle Vorgänge genauestens unterrichtet worden und konnte immer noch kaum glauben, was sich da während seiner erzwungenen Bettruhe auf Burg Landskron und in der Katharinenkirche abgespielt hatte. Da ging es der Medica, Bruder Thomas, Chassim und dem Grafen nicht viel anders, obwohl sie selbst Augen- und Ohrenzeugen aller Veranstaltungen gewesen waren.
Nur Ambros war immer noch wie aufgedreht. Nach seinem schnellen Abgang aus der Halle hatte er sich nicht ausgeruht, wie es allgemein erwartet worden wäre, sondern er war rastlos in des Königs Gemach umhergegangen, nachdem er Konrad von seiner Rede berichtet hatte und der darauf erfolgten Reaktion. Konrad selbst lobte den Hütejungen über den grünen Klee, immer wieder beglückwünschte er ihn, und dann geschah etwas, mit dem keiner gerechnet hatte – er stand auf und ging auf wackeligen Beinen auf Ambros zu, um ihn zu umarmen. »Ambros«, sagte er feierlich, »fortan nenne ich dich meinen Bruder. Und ich bin stolz auf dich! Und mein Vater wäre auch stolz auf dich! Ich bin gerade dabei, ihm einen Brief zu schreiben und ihm über alle Vorgänge zu berichten. Wenn du einen Wunsch hast, dann sag ihn mir. Falls es in meiner Macht steht, werde ich ihn dir gewähren.«
»Majestät, ich danke Euch«, sagte Ambros. »Aber ich habe meinen Wunsch schon der Medica
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