Die Rache der Medica (Die Medica-Reihe) (German Edition)
den Fehdehandschuh, den Konrad von Hochstaden den Staufern hingeworfen hatte, aufzunehmen. Bei dem Gedanken daran schauderte ihn.
Doch Anna war eine geborene von Hochstaden, der Erzbischof ihr Onkel. Es war ein Spiel mit dem Teufel. Nur dass der Teufel in diesem Fall bereits alle Trümpfe auf seiner Seite hatte. Das Spiel um alles oder nichts schien den Hochstadens im Blut zu liegen.
Im Bösen wie im Guten.
Der Graf sprach aus, was er und Bruder Thomas dachten. »Der Erzbischof hat alles von langer Hand geplant. Er ist uns weit überlegen. Mit ihm können wir uns nicht anlegen.«
»Er wird es versuchen«, entgegnete Anna. »Er wird annehmen, dass wir angesichts der Kräfteverhältnisse von vornherein kapitulieren. Seine Überheblichkeit ist seine Schwäche. Er hat den Sieg schon greifbar vor Augen. Er denkt, er muss nur noch zupacken. Aber damit haben wir das Überraschungsmoment auf unserer Seite. Niemand rechnet damit. Am wenigsten der Erzbischof von Köln.«
»Aber womit willst du zurückschlagen, Anna, womit?! Die himmlischen Heerscharen werden uns nicht beistehen!« Der Ausruf des Grafen war fast schon verzweifelt.
»Ich weiß. Wir werden ihn mit seinen eigenen Waffen schlagen. Mit Arglist und Täuschung«, sagte sie und lächelte vielsagend.
TEIL IV
I
A nna trieb ihr Pferd an, sie hatte es eilig. Es war kalt, aber es schneite wenigstens nicht. Die Fähre über den Rhein hatte sie in aller Früh schon hinter sich gelassen. Am Fluss entlang war es diesig, aber die Landstraße war hart gefroren und gut begehbar. Ein ums andere Mal begegnete sie Fuhrwerken oder Händlern, die mit Kiepen zu Fuß unterwegs nach Oppenheim waren. An die Gefahren, die einer allein durch die Gegend reitenden Frau drohten, wagte sie gar nicht zu denken, ihr ging zu viel anderes durch den Kopf. Sie hoffte darauf, dass ihre schwere Kutte Schutz und Verkleidung genug war; dass ein junger Mönch überfallen wurde, war unwahrscheinlich, nicht aus Respekt vor einer Todsünde gegen einen Kleriker, sondern weil da normalerweise nichts zu holen war. Bis auf das Pferd. Der Gedanke daran ließ sie doch bei einem in ihrer Richtung fahrenden Wagenkonvoi Anschluss suchen, aber bald merkte sie, dass sie viel zu langsam vorankam, und setzte ihren Weg wieder allein fort. Sie musste so schnell wie möglich zurück nach Burg Greifenklau.
Es war ein gewagtes Spiel, auf das sich Anna einließ, ein Spiel, das auf gar keinen Fall auffliegen durfte. Sonst würde es nicht nur sie, sondern alle, die daran beteiligt waren, den Kopf kosten. Das war der Grund, warum sie vorläufig noch niemanden in ihre Pläne einweihte. Je länger kein Mensch wusste, was sie vorhatte, desto besser. Außerdem schien es Anna, seit sie erfahren musste, dass es auf Burg Landskron und auf Burg Greifenklau eingeschleuste oder gekaufte Verräter im Auftrag des Erzbischofs gab, allemal besser zu sein, ein Geheimnis für sich zu behalten. Grundsätzlich vertraute sie dem Grafen von Landskron und Bruder Thomas natürlich. Aber ein unbedachtes Wort, eine falsche Bemerkung zur falschen Zeit, und die Gegenseite würde Wind davon bekommen, dass doch nicht alles so glatt in Richtung Sturz des Herrscherhauses der Staufer ging, wie sie es vorgesehen hatte. So sehr der Graf und Bruder Thomas sie auch gedrängt hatten, ihr war keine weitere Erläuterung darüber, was sie im Schilde führte, um die Intrigen des Erzbischofs zu durchkreuzen, über die Lippen gekommen. Ihre vermeintliche Sturheit stärkte ihre Position nicht, im Gegenteil, Graf Landskron befürchtete, dass sie nur auf Zeit spielte und sie alle in falscher Sicherheit wiegte, weil sie in Wirklichkeit nichts anzubieten hatte, was aus staufischer Sicht dienlich sein konnte. Er sprach dieses Misstrauen nicht aus, aber Anna spürte, dass sie nicht allzu lange zögern durfte und so schnell wie möglich handeln musste. Sie war sich ihrer Verantwortung für die Sache und für ihre Mitstreiter bewusst, und diese Verantwortung lastete schwer auf ihren schmalen Schultern. Immer wieder hatte sie um Vertrauen geworben, aber dass dieser Vertrauensvorschuss schnell aufgebraucht war, wurde mit jedem Tag, an dem der Hoftag näher rückte, offenkundig.
So sehr sie es auch in ihrem Kopf drehte und wendete, es gab keine Alternative zu ihrem Vorhaben, sie musste das enorme Risiko eingehen. Die Zeit drängte, bis Weihnachten, dem Beginn des Hoftages, waren es nur noch knapp zwei Wochen. Bis dahin musste alles so vorbereitet sein, dass ihr Plan auch
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