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Die Rache Der Nibelungen

Titel: Die Rache Der Nibelungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Dewi , Wolfgang Hohlbein
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traten wieder ein. Henk sah gleich den Missmut in den Augen des Königs. »Euer Majestät, ich bin sicher, die Prinzessin wird sich an den Gedanken der Vermählung ...«
    »Hat sie schon«, winkte Wulfgar unwirsch ab. »Und das ist es, was mich stört.«

    Nazreh hatte sich gesucht, was seit Wochen nur noch schwer zu finden war in Worms – einen ruhigen Ort. Er fand ihn in einem verlassenen Schweinestall, auf dessen hartem Boden er einige Kerzen verteilt hatte. Der Araber schlief nicht viel, und die Nächte gaben ihm Gelegenheit, seine Erlebnisse und Eindrücke aufzuschreiben, wie er es schon seit Jahr und Tag tat.
    Er hatte nie gedacht, nie gehofft, vielleicht aber gefürchtet, eines Tages wieder in die Welt zu ziehen, an der Seite einen jungen Krieger, vor Augen die große Schlacht. An der prächtigen Universität von Bagdad hatte er die Schriften alter Denker studiert, und ihre Botschaft war über die Generationen und Kontinente dieselbe gewesen: Friede erwuchs nicht aus dem Krieg, er war nur das Produkt seiner Erschöpfung. Vergessen und Machttrunkenheit reichten aus, von heute auf morgen wieder Blut zu fordern. Es war fast lächerlich, aus welch banalen Gründen Länder und Reiche gegeneinander ins Feld zogen, und er hatte sich geschworen, niemals dem Krieg das Wort zu reden.
    Und doch – war Siegfrieds Sache nicht gerecht? War weniger als Wulfgars Tod angemessen? Gehörte Island nicht die Freiheit und Siegfried nicht der Thron Xantens?
    Das alles mochte sein, aber Nazreh fürchtete nicht um Xanten oder Island, nicht um die Römer in Burgund noch die Söldner im Felde.
    Ihm ging es um Siegfried. Er war ein stolzer Mann und rein vom Herzen. Zu viele seiner Art hatte Nazreh in den Jahren gesehen, und keiner von ihnen war unbe-schmutzt aus der Schlacht heimgekehrt. Ob siegreich oder in schmachvoller Niederlage, war dabei völlig gleich. In seiner Heimat gab es ein Sprichwort: »Im Krieg flieht dem Mann die Seele, denn sie ist klüger als sein Verstand und schneller als sein Körper.«
    Wie konnte man auch unbeschadet bleiben, wenn tausende Männer unter dem eigenen Befehl in den Tod marschierten, wenn Freiheit mit Bergen von Leichen bezahlt wurde? Nazreh kannte die Freiheit – und sie hatte sich noch nie für ihre Toten bedankt.
    Es war das verdammte Schicksal, an das die Menschen auf diesem Kontinent festhielten wie am Treibholz, wenn sie ertranken. Manche nannten es fromm »den Willen der Götter«, andere ergaben sich ihm als »Bestimmung«. Wieder andere bekämpften es. Doch niemand stellte es infrage. Es erschreckte Nazreh, wie wenig man hierzulande der eigenen Verantwortung traute, der Freiheit der eigenen Entscheidung.
    Siegfried war nicht Herr seiner Entscheidungen, das war offensichtlich. Die Frau, von der er erzählt hatte, mochte ein bösartig gesinnter Dämon sein, ein Waldgeist, vielleicht die Walküre, an die man im Norden glaubte. Und die Nibelungen? Nazreh hatte gelernt, nicht erklären zu wollen, was er nicht erklären konnte. Aber sie alle flüsterten Siegfried ein, versprachen, prophezeiten, lockten. Sie malten ihm ein Bild des Kriegerkönigs, auf dass er sich danach richte und keinen Augenblick zweifelte.
    Sie hätten in Britannien bleiben können. Ein einfaches Leben unter einfachen Menschen. Siegfried hätte sich eine Frau aus dem Dorf genommen, einen neuen Namen, und kaum zwei Generationen später wäre die Blutlinie Islands vergessen gewesen. In Frieden. Ohne Rache. Keine Gerechtigkeit, sicher – aber auch kein Blutvergießen.
    Vielleicht war gerade der Wahnsinn des Krieges der Grund, warum Nazreh mit Siegfried gezogen war. Es gab nichts zu verstehen an der Schlacht, kein Ideal, das sich eröffnete, wenn man nur lange genug darauf starrte. Und trotzdem gaben sich die Menschen hin, marschierten freudig in den Tod, der sich über einfache Lieferung freute.
    Nazreh wollte es verstehen. Sein Kopf versicherte ihm immer wieder, dass es nichts zu verstehen gab, aber sein Herz konnte es nicht glauben.
    Wenn die Zeit kam, musste er tun, was möglich war, um diesen Irrsinn zu verhindern. Nazreh dachte daran, Siegfried zu ermorden. Sicher, Siegfried war sein Freund, aber das Leben tausender war auch der beste Freund nicht wert.
    Oder war ein simpler Verrat vernünftiger? Wenn Wulfgar rechtzeitig wusste, dass das neue Heer seinen Grenzen galt, konnte er sich so abschotten, dass jeder Angriff unsinnig würde.
    Er schrieb noch lange in sein Buch, geschwungene Zeichen einer Schrift, die hier von Grenze

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