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Die Rache Der Nibelungen

Titel: Die Rache Der Nibelungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Dewi , Wolfgang Hohlbein
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entging nichts, wie eine Kriegsherrin sah sie die Welt unter sich als Karte, auf der es Spielfiguren hin- und herzuschieben galt.
    Ihr Pferd schnaubte, die acht Hufe unruhig Luft tretend. Sie zog fest an seiner Mähne. »Halt still, Hjordan. Wenn der erste Schlachtruf ertönt, werden wir an den Fronten reiten, und viele Krieger werden wir nach Walhall bringen. Odin wird zufrieden sein.«
    Sie hatte lange geplant und immer wieder sorgsam intrigiert, um zu diesem Tag zu kommen. Odin war seiner Walküre mit mächtigem Zorn begegnet, als sie erneut Siegfried unter den Lebenden ließ. Er beschuldigte sie, unwürdiges Mitleid mit dem jungen Mann zu haben, in dem sie ihren einstigen Geliebten sah. Und damit hatte Odin recht. Doch eine Seele war dem Göttervater so genehm wie jede andere, und durch den Krieg zwischen Siegfrieds Heer und Xanten würden viele tapfere Krieger die Regenbogenbrücke betreten. Das verschaffte Brunhilde Zeit, um Siegfrieds weiteren Weg zu ebnen.
    Etwas zuckte in den Wolken um sie herum. Ein Blitz? Ein Wetterleuchten? Nein, die waren in diesen Höhen ungleich wilder und schlugen um sich mit Knall und grellem Licht. Es schien mehr wie ein Funkeln im wabernden Nebel des Himmels, die Reflexion eines Gedankens.
    Seeehr guuut gedacht ... seeehr kluuug gemacht ... doch niiie-mals möglich
...
    Die Nibelungen.
    Wütend drehte Brunhilde ihr Pferd in den Wolken, suchte die Geistwesen, deren Fratzen und Gestalten sie flüchtig umtanzten. Die Walküre hatte nicht gewusst, dass die körperlosen Wesen sogar bis zu den Wolken huschen konnten.
    »Es ist nicht mehr an euch, das zu beurteilen«, rief sie. »Siegfried hat das Gold erneut verdient, wo schon sein Vater den Preis bezahlt hatte. Wenn euch das nicht reicht, dann könnt ihr gerne bei Odin vorsprechen.«
    Die Nibelungen zischten verärgert – natürlich wusste Brunhilde, dass die Nibelungen Zwergwesen waren, die vom Göttervater einst auf ewig verbannt worden waren. Niemals würde Odin ihnen sein Ohr schenken.
    Wenn Siiiegfried leeebt ... wo Toood versprochen ... da findet Leeeben kein Glück
...
    Brunhilde blieb stumm. Die Nibelungen drohten nicht – sie weissagten. Und mit einer gewissen Gabe der Vorhersehung war die Walküre ebenfalls gesegnet. Daher wusste sie, wann die Seelen der Krieger für den Weg nach Walhall zu erwarten waren. Und so sehr sie sich dagegen wehrte: Die Zukunft sah düster aus. Vage, unbestimmt, aber nicht von Glück und Frieden gekrönt. Sie versuchte seit Wochen, es zu ignorieren. Sie hatte sowohl Xandria als auch Siegfried eingeflüstert, um ein Leben in Liebe und Gerechtigkeit zu ermöglichen, aber der Horizont blieb schwarz. Brunhilde konnte nicht sagen,
was
geschehen würde – aber was geschehen würde, brachte keinen Segen.
    Duuu weißt eees ... duuu weißt eees ... duuu weißt eees
...
    Die Walküre wusste, dass die Nibelungen ihre Gedanken nicht lesen konnten, aber das war in diesem Moment auch nicht nötig.
    Es lag Krieg in der Luft. Man konnte ihn riechen. Sie hatte gehofft, mit dem Krieg nichts zu beginnen, sondern etwas zu beenden. Doch konnte sie nicht ausschließen, sich furchtbar geirrt zu haben.
    »Die Räder sind in Bewegung, das Schicksal in vollem Lauf«, murmelte sie. »Wo wir die Gedanken säten, ernten wir nun die Zeit der Taten.«

    Auf den weiten Feldern auf der anderen Rheinseite hatte Siegfried sein Heer versammelt, und wie ein wimmelndes Ameisenvolk standen die unterschiedlich gekleideten und bewaffneten Soldaten über die Hügel verteilt. Seine Stimme konnte nur die vordersten tausend erreichen, und es war die Aufgabe von Herolden, seine Worte bis in die letzten Reihen zu tragen.
    Ein Dutzend Männer stand dem Heer zu Pferde vor: Siegfried, Nazreh und zehn Generäle. Neben Siegfrieds Pferd stand Thelonius, der nicht offiziell an ihrer Seite ritt, sich den Aufbruch aber nicht entgehen lassen wollte.
    Es war ein prächtiger Anblick, so würdig wie furchteinflößend. In nur vier Monaten hatten sie mit gutem Gold eine Streitmacht aufgebaut, die es mit Xanten, Dänemark, Island und vielleicht sogar mit Sachsen aufnehmen konnte. Weder Rom noch den Franken wären die gut vierzigtausend Mann ein ebenbürtiger Gegner gewesen, aber was Söldnerheere anging, so konnte sich dieses sehr wohl sehen lassen. Es blieb jedoch abzuwarten, wie viele Männer sich vor der eigentlichen Schlacht mit dem Sold in die Büsche schlagen würden in der Hoffnung, dass nach dem Feldzug niemand mehr am Leben war, der ihren Verbleib

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