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Die Rache Der Nibelungen

Titel: Die Rache Der Nibelungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Dewi , Wolfgang Hohlbein
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»Ho!«
    Und vierzigtausend Mann ritten gen Xanten ...

    Es herrschte hektische Betriebsamkeit bei Hofe. Als Xanten den Angriff auf Island geplant hatte, war alle Zeit der Welt gewesen. Doch nun stand man selber vor einer Invasion, die kaum warten würde, bis Xanten aufgerüstet hatte. Manchmal saß Xandria stundenlang an ihrem Fenster, um dem Gewimmel zuzuschauen. Generäle kamen und gingen, Handwerker empfingen den Befehl, in größter Eile Waffen zu schmieden, und Heerscharen von Boten ritten aus, um die Kunde vom bevorstehenden Angriff in die Dörfer zu tragen, auf dass jeder Mann mit der Waffe in der Hand dem König seinen Dienst erwies.
    Allein, die Gerüchte klangen böse und waren wohlweislich so geflüstert, dass Wulfgar sie nicht mit seinem Jähzorn beantworten konnte. Von fünfzig-, siebzig-, gar hunderttausend Soldaten war die Rede, tausenden von Pferden, Katapulten und fremden Bannern bis zum Horizont. Die ganze Welt schien sich für den Kampf gegen Xanten geeint zu haben.
    Das war natürlich Unsinn, und Xandria gab wenig auf das Geschnatter. Doch ihr war klar, dass Xanten einem wirklich gut ausgerüsteten Heer schwerlich standzuhalten vermochte. Man konnte die Grenzen halten und hoffen, dass sich der Gegner im Anrennen aufrieb, aber damit waren die Möglichkeiten Wulfgars schon erschöpft. Jeder Fuß über die Landesgrenze war der Schritt in ein anderes Reich, und wenn die fremde Streitmacht Allianzen geschlossen hatte, holte Xanten damit womöglich die Nachbarn gegen sich in die Schlacht. Außerdem hatten sich die Soldaten, die noch gegen Island gezogen waren, im Vertrauen auf einige ruhige Jahre im ganzen Land verteilt, und sie zusammenzuziehen mochte Wochen dauern. Wochen, die kaum blieben.
    Angst ergriff das Königreich auf allen Ebenen. So prahlerisch man gestern noch die eigene Stärke im Sieg über das kleine Island beschworen hatte, so wütend pochte man heute auf die Ungerechtigkeit des Schicksals, die einen Gegner scheinbar aus dem Boden gestampft hatte, um Xanten zu bestrafen.
    War das Reich auch überrascht – wehrlos war es nicht. Die harte Hand Wulfgars hatte Disziplin gelehrt, und rasch waren die ersten Legionen an den südlichen Grenzen postiert. Straßen wurden aufgerissen, Wälder mit gerade genug Fallen versehen, um den Feind zu verunsichern, wie viel Tod noch in den Sträuchern lauern mochte. An beiden Seiten enger Täler hoffte man, den Gegner wie Vieh in eine Sackgasse zu treiben und dort einzukesseln. Nicht wenige Speere und Schwerter, die in diesen Tagen ausgegeben wurden, waren aus isländischer Fertigung.
    Xandria scherte nicht die Frage, was Siegfried antrieb. Ob seine Sache gerecht war, vermochte sie nicht zu sagen. Es schien ihr aber glaubhaft, dass der Führer des feindlichen Heers mit Wulfgar abzurechnen hatte, und selbst als Tochter fand sie wenig Gründe, Einwände zu erheben. Hatte sie ihrem Vater den Tod denn nicht nur gewünscht, sondern selbst herbeizuführen gesucht? Dieser Siegfried mochte kommen, um das Land zu befreien und den König niederzustrecken. Um das Herz der Prinzessin brauchte er nicht kämpfen. Er hatte es in ihren vielen Träumen längst erobert.
    Aus diesem Grund war Xandria auch weder furchtsam noch nervös. Stattdessen fieberte sie der Schlacht entgegen, hoffte auf ein rasches Ende und wünschte den Tod ihres Vater schnell, auf dass der Sieger sich ihr zuwenden mochte.
    Er sollte sie zur Waise machen.
    Dann zu seiner Königin.
    Und schließlich zu seiner Hure.

    Wulfgar stieß seinen Dolch in die Karte und nagelte sie am großen Tisch fest, an dem er mit seinen Generälen die Verteidigung des Reiches plante. »Kaum tausend? Wie kann das sein? Mit zwanzigtausend kam ich aus Island zurück!«
    Nikos, einer seiner ältesten Ratgeber, nickte vorsichtig. »Zwanzigtausend, wenn nicht gar mehr. Doch viele Söldner verloren wir bereits an der Grenze, wo sie eigene Wege gingen.«
    »Dann holen wir sie zurück!«, schrie Wulfgar, der seit Tagen nur noch schlief, wenn der Wein ihn dazu zwang.
    Nikos sah vorsichtig zu Henk, dem es immer öfter zufiel, schlechte Nachrichten zu überbringen. Und der Schatzmeister ergab sich auch jetzt seinem Schicksal. »Die meisten Lohnsoldaten, die letztes Jahr an Eurer Seite ritten, sind diesmal unter feindlicher Flagge gegen Xanten.«
    Rasend vor Wut schleuderte Wulfgar seinen Kelch gegen die Wand, und der Rest des Rotweins breitete sich daran aus wie ein riesiger Blutfleck. »Schande über diese Schweine!
Schande!
Ehrloses

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